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Mit offenen Karten

Mit offenen Karten

Titel: Mit offenen Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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aufführte, Craddock hieß er – komischer alter Kauz.»
    «Craddock?», sagte Elsie. «Ich war einmal bei irgendwelchen Craddocks.»
    «Das wäre aber komisch, wenn es dieselben wären?»
    «Sie haben in der North Audley Street gewohnt», sagte Elsie.
    «Die Meinigen sind nach London übergesiedelt, als ich von ihnen weggegangen bin», sagte Sergeant O’Connor prompt.
    «Ja, ich glaube, es war in die North Audley Street. Mrs Craddock hatte es auf die Männer abgesehen.»
    Elsie warf den Kopf zurück.
    «Ich hatte keine Geduld mit ihr. Sie hat immer gebrummt und genörgelt. Man konnte ihr nichts recht machen.»
    «Ihr Mann hat auch sein Teil davon abbekommen, nicht wahr?»
    «Die hat sich immer beklagt, dass er sie vernachlässigt – dass er sie nicht versteht. Und sie hat immer geächzt und gestöhnt und geklagt, wie krank sie sei. Wenn Sie mich fragen, so war sie überhaupt nicht krank.»
    O’Connor schlug sich aufs Knie.
    «Ich hab’s! War nicht etwas mit ihr und irgendeinem Doktor? Hat sie es da nicht ein bisschen zu toll getrieben?»
    «Sie meinen Dr. Roberts? Das war ein sehr netter, feiner Herr, das muss man sagen.»
    «Ihr Frauenzimmer seid alle gleich. Kaum ist einer ein schlechter Kerl, so nehmt ihr ihn alle in Schutz. Ich kenne diese Sorte Männer.»
    «Nein, da sind Sie auf dem Holzweg. Er war ganz und gar nicht so. Es war doch nicht seine Schuld, wenn Mrs Craddock ihn fortwährend kommen ließ? Was kann ein Doktor da tun? Wenn Sie mich fragen, so hat er sich überhaupt nichts aus ihr gemacht, außer als Patientin. Es war alles ihre Schuld. Sie wollte und wollte ihn nicht in Ruhe lassen.»
    «Das ist ja alles gut und schön, Elsie. Ich darf Sie doch Elsie nennen, nicht wahr? Ich habe das Gefühl, als hätte ich Sie mein Leben lang gekannt.»
    «Das stimmt aber nicht! Elsie! Was denn noch alles?»
    Sie warf den Kopf zurück.
    «Also gut, Miss Batt.» Er warf ihr einen Blick zu. «Also, wie gesagt, das ist alles schön und gut, aber der Herr Gemahl ist doch wild geworden, oder nicht?»
    «Einmal war er schon etwas gereizt», gab Elsie zu. «Aber wenn Sie mich fragen, so war er damals schon krank. Er ist bald danach gestorben, wissen Sie.»
    «Ich erinnere mich – ist er nicht an irgendetwas Ausgefallenem gestorben?»
    «Es war etwas Japanisches – alles von einem neuen Rasierpinsel, den er sich gekauft hatte. Schrecklich, nicht, dass man solches Zeug verkauft! Ich kann seitdem nichts Japanisches mehr leiden.»
    «Kauft britische Waren! ist mein Motto», dozierte Sergeant O’Connor. «Und Sie sagten, dass er und der Doktor einen Auftritt hatten?»
    Elsie nickte, als sie wieder an diesen Skandal dachte.
    «Sie gingen wie wild aufeinander los. Wenigstens mein Herr. Dr. Roberts war die Ruhe selbst. Er sagte nur ‹Unsinn› und ‹Was fällt Ihnen ein?›.»
    «Das war vermutlich zuhause?»
    «Ja, sie hatte um ihn geschickt. Und dann hatten sie und der Herr einen Streit, und mittendrin erschien Dr. Roberts, und der Herr ging auf ihn los.»
    «Was hat er denn gesagt?»
    «Also, natürlich sollte ich ja nicht zuhören. Es spielte sich alles im Schlafzimmer ab. Ich dachte, dass etwas los sei, nahm meinen Besen und machte mir auf der Treppe zu schaffen. Ich wollte doch nichts versäumen.»
    Sergeant O’Connor stimmte diesem Gefühl von Herzen bei und dachte, wie gut es war, dass man inoffiziell an Elsie herangetreten sei. Bei einem Verhör durch Sergeant O’Connor von der Polizei hätte sie entrüstet behauptet, überhaupt nichts gehört zu haben.
    «Wie gesagt», fuhr Elsie fort, «war Dr. Roberts sehr ruhig – mein Herr hat das ganze Geschrei gemacht.»
    «Was sagte er denn?», wiederholte O’Connor und näherte sich so zum zweiten Mal dem springenden Punkt.
    «Er hat ihn gründlich beschimpft», meinte Elsie mit sichtlichem Behagen.
    «Wie meinen Sie das?»
    Waren aus dem Mädchen denn nie konkrete Worte und Sätze herauszukriegen?
    «Ich habe vieles nicht verstanden», gab Elsie zu. «Sie gebrauchten eine Menge komplizierter Worte, ‹unstandesgemäßes Verhalten, und unlauteren Vorteil ziehen› und derlei – und ich hörte ihn sagen, er würde Dr. Roberts aus der Ärztekammer – heißt das so? – ausschließen lassen, oder so etwas.»
    «Stimmt. Er wollte sich bei der Ärztekammer beschweren.»
    «Ja, so etwas hat er gesagt. Und meine Dame war ganz hysterisch und hat geschluchzt und immer gejammert: ‹Du hast mich nie geliebt, du hast mich vernachlässigt. Ich war immer allein.› Und ich

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