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Mit Pflanzen verbunden

Mit Pflanzen verbunden

Titel: Mit Pflanzen verbunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf-Dieter Storl
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Ablehnung einer pflanzlichen Therapie, denn die Indianer der Karibik behandelten die Syphilis mit einer Kombination aus heißen Schwitzbädern, besonderer Diät und Abkochungen aus dem Harz des Pockenholz- oder Guajak-Baumes (Guajacum officinale) . Der kaiserliche Leibarzt Nicolas Poll berichtet (1517), dass auf diese Weise 3000 Seeleute und spanische Jünglinge kuriert wurden. Inzwischen haben Studien gezeigt, dass Schwitzbäder, die die Körpertemperatur bis auf nahezu 42 °C steigern, und das Trinken großer Mengen der Guajacum-Abkochung durchaus imstande sind, die Syphilis-Spirochäten im Körper abzutöten (Griggs 1997: 37). Dem damals vom Handelshaus Fugger eingeführten und zur Behandlung der Syphilis verwendeten Guajak-Holz fehlte jedoch das wirkstoffhaltige, braun-grüne, zähflüssige und herbbittere Harz des Baumes. Zudem verzichtete man auf die anstrengende Überhitzungstherapie und auch diätetische Maßnahmen wurden nicht zur Unterstützung eingesetzt. Es ist also rückblickend nicht verwunderlich, dass die naturheilkundlichen Maßnahmen nicht anschlugen und man sich endgültig von phythotherapeutischen Heilmitteln verabschiedete.
    Theoretisch könnte man diese Syphilistherapie (Guajak-Harz, Schwitzbad, Diät) auch bei der Borreliose einsetzen, da es sich um eine ähnliche, ebenfalls durch Spirochäten verursachte und remittierende Erkrankung handelt. Die Amerikaner bezeichnen diese Krankheit nicht ohne Grund als „Reh-Syphilis“ (deer syphilis) . In der heutigen Phytotherapie wird das Pockenholz gelegentlich noch bei Gelenkrheuma, Arthritis und Hautkrankheiten eingesetzt (Dosierung: 1 g Harz auf 250 ml Wasser, schluckweise trinken oder von einer Tinktur 20–30 Tropfen täglich einnehmen). Leider ist Guajak-Harz von guter Qualität immer noch schwer zu bekommen.
    Vielleicht, so überlegte ich, gibt es ein anderes Kraut, das der Krankheit gewachsen ist, ein Kraut, das bei uns wächst und leichter zu handhaben ist.
Die Reh-Syphilis
    In dem sachkundigen Buch des amerikanischen Phytotherapeuten Matthew Wood, „The Book of Herbal Wisdom“ , wurde ich fündig. Wood, ein Experte der überlieferten alten chinesischen Pflanzenmedizin, erkannte, dass die Chinesen die Karde ( Dipsacus asper, D. japonica ) bei einem Symptomkreis anwenden, der ganz ähnlich ist demjenigen der Borreliose (Wood 1997: 233). Sie nennen das Skabiosengewächs Xu Duan („Wiederherstellung dessen, was zerbrochen ist“) und benutzen es bei traumatisierten Gelenken und Muskeln. Es gilt als eines der besten Mittel für die Stärkung der „Nierenessenz“ ( Jing ) und des „Leberbluts“. Wenn das Jing , dessen Sitz die Niere ist, schwach wird, dann werden unterer Rücken und Kniegelenke schwach, steif und beginnen zu schmerzen. Bei mangelhaftem Leberblut werden Muskeln und Sehnen geschwächt, sie verspannen sich und werden anfällig für Entzündungen. Nach Ansicht der chinesischen Medizin zerstört die Syphilis die Nierenessenz. Das wiederum führt zur Zerstörung der Knochen, Gelenke und des Knorpels. Psychisch hat das zur Folge, dass der Mensch seinen Halt verliert: „Er bricht auch seelisch zusammen.“
    Nach Matthew Wood ist die Lyme-Borreliose, die deer syphilis, eine moderne Form des „syphilitischen Miasmas“ (nach Hahnemanns homöopathischer Miasmalehre) 5 . Nach Wood regen die von den Zecken übertragenen Spirochäten bei den Rehböcken das Wachstum des Geweihs an, beim Menschen jedoch wirken sie wie eine syphilitische Infektion; sie produzieren eine chronische Entzündung der Muskeln und Gelenke.
    Diesem Hinweis aus der chinesischen Medizin folgend, entwickelte Wood eine alkoholische Tinktur aus der Wurzel der einheimischen Karde (Dipsacus sativa, D.fullonum, D.sylvester). Damit behandelte er die Borreliose-Patienten in seiner Praxis.
    Der erste mit dieser Wurzeltinktur der Karde behandelte Fall verlief dramatisch. Eine Frau mittleren Alters, die fünf Jahre nach ihrer Ansteckung arbeitsunfähig und Invalide war, reagierte nach zweiwöchiger Einnahme der Tinktur zuerst mit einem genitalen Ausschlag. Schon nach dreieinhalb Wochen der Behandlung fühlte sie sich bedeutend wohler. Alle vier darauf folgenden Blutuntersuchungen erwiesen sich als negativ, mit anderen Worten: Es waren keine Spirochäten mehr nachweisbar. Die Patientin sprach die Vermutung aus, dass die Wirkung der Karde auch ihr Immunsystem aktiviert habe.
    Beim zweiten Fall handelte es sich ebenfalls um eine bereits arbeitsunfähige Frau mit diversen

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