Mit Pflanzen verbunden
die nach den heilkundigen Kentauren – den Pferdemenschen der Sage – benannt sind, waren ebenfalls vorhanden. Zum einen die blau blühende Kornblume (Centaurea cyanus) , die einst unsere Getreidefelder zierte, deren Inhaltsstoffe der Benediktendistel ähneln und die eine harntreibende, entzündungshemmende, emmenagoge (die Monatsblutung erleichternde) und magenberuhigende Wirkung hat. Hierzulande machten die Bauern aus den Blüten ein Augenwasser. Auch fand man die stachelige hellblättrige, gelb blühende Sonnenwend-Flockenblume (Centaurea solstitalis) , welche die Christen dem heiligen Barnabas weihten.
Weiterhin waren vier verschiedene Arten der Greiskräuter (Jakobskräuter, Kreuzkräuter, Senecio ) vertreten. Der englische Name der Greiskräuter ist Groundsel, was ursprünglich „Eiterschlucker“ oder „Grindvertilger“ bedeutete (angelsächsisch gund = Eiter, grund = Grind, swelge = schlucken). Vielleicht sah man in den gelben Blüten die Signatur des Eiters. Römische Ärzte, wie Dioskorides und Galen , benutzten die blühenden Greiskräuter als Abkochung bei Wunden, Entzündungen und Geschwüren und – wahrscheinlich wiederum wegen der gelben Signatur – bei Lebererkrankungen (Gelbsucht!), was aber recht gefährlich ist, denn das in ihnen enthaltene Alkaloid Senecionin ist ein Lebergift und führt zur Leberzirrhose (Schauenberg/Paris 1970: 36). Auch weitere Pyrrolizidinalkaloide sind enthalten, die eine innere Anwendung problematisch machen. In der Volksmedizin des Irak und Kurdistans wird das Gewöhnliche Greiskraut (S. vulgaris) , das ebenfalls im Neandertalergrab gefunden wurde, als Brech- und Abführmittel sowie als Frauenkraut, insbesondere zur Stillung vaginaler Blutungen, verwendet. Das Fuchs’ Geiskraut (S. fuchsii) , das ganz ähnliche Wirkstoffe enthält, wurde in den Alpenregionen zum selben Zweck, also bei lebensgefährlichen Gebärmutterblutungen, mit großem Erfolg zur Blutstillung verwendet und hat mancher Frau das Leben gerettet.
Die Pollen der blau blühenden Traubenhyazinthe (Muscari) , ein Liliengewächs, wurden ebenfalls nachgewiesen. In Kurdistan, wo vier verschiedene Hyazinthenarten wachsen, dient die Pflanze als stimulierendes und harntreibendes Mittel. Die frische Knolle ist jedoch giftig. Die hübsche Blu-me war einst dem Jüngling Hyakinthos geweiht, einem vorgriechischen Vegetationsgott, der das Sterben und Wiederaufleben der Vegetation symbolisiert.
Auch der Pollen der Ephedra oder des Meerträubels (Ephedra) wurde von der Botanikerin Leroi-Gourhan entdeckt. Die Meerträubelarten sind sehr ursprünglich in ihrer Entwicklung; sie sind Mantelsamer (Chlamydospermae) , also eine Pflanzengruppe, die zwischen den Nacktsamern und den Bedecktsamern rangiert. In Mitteleuropa wächst lediglich eine Art, das Walliser Meerträubchen (E. helvetica) , während es im Nordirak sechs Arten gibt. Ephedra ist weltweit eine bekannte und begehrte Heilpflanze. Sie enthält das Alkaloid Ephedrin, das wie die Droge „Speed“ (Amphetamin) das sympathische Nervensystem stimuliert, aber den Blutdruck steigen lässt. 2 Der Tee oder der Extrakt wird bei Asthma (löst Bronchialkrämpfe), Emphysem, Heuschnupfen (lässt Schleimhäute abschwellen), Nesselsucht und Wasseransammlungen in den Geweben getrunken. Er soll als Aphrodisiakum bei Frauen wirken. Die Chinesen kennen Ephedra (Ma Huang, E. sinica ) nachweislich schon seit über 5000 Jahren und verwenden sie in den ersten Stadien einer Erkältung – die ätherischen Öle hemmen den Grippevirus – sowie bei Arthritis und Ödemen. Im alten Persien war die Pflanze Teil des Zaubertranks Haoma (Soma) der Zarathustrianer. Die Mormonen, denen ihr Prophet Joseph Smith sämtliche Drogen (Schwarztee, Kaffee, Tabak usw.) verboten hatte, begeisterten sich für diesen „natürlichen“ Kräutertee, der den Geist anregt und hellwach macht. Sie trinken den Tee so gern, dass der amerikanische Name für Ephedra „Mormonentee“ ist. 3 Vermutlich schätzten schon die Neandertaler den wach machenden, atmungserleichternden Effekt der Pflanze. Auch die heutigen indigenen Jäger nehmen gern pflanzliche Stimulantien zu sich, die sie wach halten und die Sinne schärfen.
Zwei verschiedene Malvengewächse aus der Gattung Althaea (griechisch althos = „Heilmittel“) – die Stockrose (Althea rosea) und der Eibisch (A. officinalis) – wurden ebenfalls gefunden. Beide Arten sind noch heute wertvolle Heilpflanzen. Sie enthalten Schleim und Pektine und wirken deswegen
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