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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Wie er bereits betont hatte, war sie eine Gutsherrin – und nicht nur das, sondern auch die erste und einzige Frau, die in Graysons jahrtausendlanger Geschichte dieses hohe Amt innehatte. Darüber hinaus war sie einziger lebender Träger des Sterns von Grayson und im übrigen die Retterin seines Heimatplaneten. Und wie er vor sich zugeben mußte, kam dazu noch ihre scharfkantige, faszinierende Schönheit.
    Nicht ein bißchen sah sie aus wie eine graysonitische Frau, und sie war zehn T-Jahre älter als er. Nur hatte sein Körper bereits die volle Reife erreicht und das Höchstalter überschritten, um die Prolong-Therapie noch anwenden zu können, wenn Manticore sie seinem Volk zugänglich machte. Und deswegen sah Harrington zehn T-Jahre jünger aus als er … und seine Hormone waren sich ihrer scheinbaren Jugend durchaus und in respektloser Weise bewußt.
    Ihr markantes, dreieckiges Gesicht mit seinen exotisch leicht schrägen Augen schuldete dem klassischen Schönheitsideal überhaupt nichts, doch das spielte keine Rolle. Ebensowenig wie die Tatsache, daß sie fünfzehn Zentimeter höher aufragte als die meisten graysonitischen Männer. Weitere, tiefergehende Veränderungen ließen ihre Attraktivität noch stärker ins Auge fallen. Sie wirkte nun – glücklicher, entspannter als Brentworth es jemals für möglich gehalten hätte, und offenbar war sie sich ihrer Weiblichkeit viel deutlicher bewußt. Damals im Jelzin-System hatte sie niemals auch nur eine Spur von Make-up getragen, auch nicht, bevor sie verwundet wurde; nun betonten sparsam und geschickt angewandte Kosmetika die graziöse Kraft ihres Gesichts, und das Haar, das zuvor nicht mehr als kurzgeschnittener Flaum gewesen war, fiel ihr nun fast bis auf die Schultern.
    Brentworth wurde bewußt, daß er, während er über ihre Bitte nachdachte, wie angewurzelt im Gang gestanden hatte, und hob den Blick zu ihren Augen. Sie wartete ruhig. Das linke, kybernetische Auge sieht genauso aus wie das echte , dachte er unzusammenhängend. Dann blickte er tiefer und erkannte die Einsamkeit in beiden. Eine Einsamkeit, an die sie gewöhnt war und die zu ertragen er selbst noch lernte. Jeder Sternenschiffkommandant kannte diese Einsamkeit, doch das zu wissen half nur wenig und minderte sie nicht im geringsten. Als Brentworth all das begriff, konnte er plötzlich die Entscheidung fällen.
    »Also gut … Honor.« Er streckte die Hand vor und berührte sie am Arm, noch etwas, was kein wohlerzogener männlicher Grayson jemals getan hätte, und lächelte. »Aber nur unter uns. Hochadmiral Matthews reißt mir den Kopf ab, wenn er spitzkriegt, daß ich mir Ihnen gegenüber Majestätsbeleidigungen herausnehme.«
     
    GNS Jason Alvarez tauchte in die Umlaufbahn von Grayson ein, und Honor lehnte sich in den Kommandosessel des Admirals auf der Flaggbrücke des Schweren Kreuzers zurück. Ihr erschien es ein wenig anmaßend, ihr Hinterteil auf solch erlesenem Ruhepolster niederzulassen, aber Mark hatte darauf bestanden, und sie mußte immerhin zugeben, daß sie sich nicht allzu vehement dagegen gewehrt hatte.
    Auf der Flaggbrücke tat nur die Stammbesatzung Dienst, während Mark die abschließenden Manöver von seinem eigenen Kommandodeck leitete, aber die Displays waren eingeschaltet, und Honor staunte mit Anerkennung und einem Gefühl der Ehrfurcht über den Fortschritt, den Grayson seit ihrem letzten Besuch erreicht hatte.
    Der Planet war so wunderschön wie zuvor – und ebenso tödlich. Die Kirche der Entketteten Menschheit war hierher gekommen, indem sie vor dem floh, was sie als die seelenkorrumpierende Technologie von Alterde ansah, nur um auf einem Planeten zu stranden, der höhere Konzentrationen an Schwermetallen aufwies als die meisten Giftmülldeponien. Hätte Honor damals die Entscheidung zu fällen gehabt, so hätte sie die Planetenoberfläche zugunsten von Habitaten in der Umlaufbahn völlig aufgegeben, aber die starrsinnigen Vorfahren der heutigen Graysons hatten diese Möglichkeit von sich gewiesen. Kaum besaßen sie wieder den Raumflug, hatten sie von ihrer Nahrungsmittelproduktion so viel wie möglich in den Orbit verschoben, aber sie selbst hängten sich an die Scholle der Welt, um sie mit titanischer Kraftanstrengung zu ihrer eigenen zu machen. Die gewaltigen Konstruktionen, die mit der Alvarez in der Umlaufbahn hingen, waren noch zahlreicher als vor Graysons Eintritt in die Allianz und holten langsam zu modernen Industriestandards auf, aber noch immer waren es

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