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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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angemessen finstere Miene zuwerfen können.
    »Was verschafft uns die Ehre, Gunny?« fragte Ramirez, und sie nickte McKeon erneut zu.
    »Ich bin jetzt Major Yestachenkos Sergeant-Major bei Captain McKeons Marines, Colonel. Ich wollte gerade wieder an Bord gehen, als ich Sie hier sitzen sah. Ich habe weder Sie noch Major Hibson gesehen, seit Sie befördert wurden, und dachte, ich wünsche Ihnen im Vorübergehen alles Gute.«
    Ramirez nickte. Dempsey’s war ein ziviles Lokal. Es war nicht gerade ungewöhnlich, daß sich Offiziere und Unteroffiziere oder sogar Mannschaften vom gleichen Schiff hier über den Weg liefen, und für diesen Fall gab es eine Art inoffizielles Protokoll. Er wollte gerade antworten, als Tankersleys Uhr ein Zwitschern ausstieß, und der Navyoffizier sah darauf und zog eine Grimasse.
    »Verflixt«, sagte er milde. »Sieht so aus, als müßte ich mich verabschieden. Andere Menschen, andere Orte rufen, fürchte ich.« Er trank aus, stand auf und verabschiedete sich lächelnd. »War nett, bis bald.«
    Er nickte Babcock zu, die eine Art Paradehaltung annahm, dann ging er zum Ausgang. Die anderen sahen ihm nach, und Ramirez bemerkte, daß Babcock ihm nachlächelte. Aha , dachte er. Sergeant-Major Babcock gehört also auch zu denen, die dem Captain nur das Beste gönnen.
    Dann verschwand Babcocks Lächeln ohne Übergang. Es verebbte nicht, es war wie weggeblasen und wich einem leeren Ausdruck, den Ramirez bisher nur ein einziges Mal auf ihrem Gesicht gesehen hatte – damals, als sie in die Zellenblocks der Blackbird-Basis vordrangen und entdeckten, was die Masadaner den gefangenen Manticoranern angetan hatten. Wie dahingezaubert, binnen eines Herzschlags war der Ausdruck dort, und der dumpfe Haß in Babcocks Augen traf den Colonel mit brutaler Abruptheit.
    »Gunny?« Er sprach das Wort leise, fragend, aus, bevor er sich eines Besseren besonnen hatte, und Babcock riß sich zusammen. Sie senkte den Blick, sah ihn an, dann schaute sie wieder über ihn hinweg, und er drehte sich auf dem Stuhl um, damit er sehen konnte, was ihre Reaktion hervorgerufen hatte. Sie starrte auf den Mann an der Bar, auf den, der so schwer definierbar vertraut gewirkt hatte, und Ramirez zog die Brauen zusammen.
    »Was ist los, Gunny?« Seine Stimme klang nun fester und besaß mehr Autorität. »Kennen Sie den Mann?«
    »Jawohl, Sir, ich kenne ihn.« Babcocks Antwort kam grimmig und spröde.
    »Nun, und wer ist das?« Ramirez spürte, daß die anderen am Tisch sie beide erstaunt beobachteten – erstaunt über Babcocks Reaktion und über seine Stimme, die davon gefärbt war, daß dieses bohrende Beinahe-Wiedererkennen wieder an ihm nagte.
    »Denver Summervale, Sir«, antwortete Babcock tonlos. Ramirez sog zischend Luft zwischen den Zähnen ein, als die Puzzlestücke sich plötzlich zu einem Ganzen zusammenfügten. Er spürte neben sich Hibsons plötzliche Anspannung, McKeon hingegen sah ihn stirnrunzelnd über den Tisch hinweg an.
    »Was geht denn hier vor, Tomas?« fragte der Captain. »Wer ist der Kerl denn?«
    »Sie können ihn nicht kennen, Sir«, antwortete Ramirez. Er öffnete die Fäuste, die er unwillkürlich geballt hatte, und wandte Summervale mit Bedacht den Rücken zu. »Er gehörte nicht zu Ihnen; er gehörte zu uns.«
    »Schon lange nicht mehr, Sir«, warf Hibson ruhig ein.
    »Er gehörte verdammt noch mal zu lange zu uns, Ma’am«, knirschte Babcock und zuckte zusammen. »Verzeihung, Ma’am.«
    »Entschuldigen Sie sich nicht, Gunny. Dafür brauchen Sie sich wirklich nicht zu entschuldigen.«
    »Würde jemand von Ihnen bitte erklären, was hier vorgeht?« bat McKeon, und Ramirez gab ein humorloses Lächeln zur Antwort.
    »Der Ehrenwerte Captain Denver Summervale war einst Marinecorpsoffizier, Sir«, sagte er. »Er ist außerdem so eine Art Vetter des Herzogs von Cromarty. Vor über dreißig Jahren wurde er vor ein Kriegsgericht gestellt und aus dem Dienst der Königin entlassen, weil er einen Offizierskameraden bei einem Duell getötet hatte.«
    »Bei einem Duell?« McKeon schaute zur Bar hinüber. Babcock gab ein Geräusch der Verachtung von sich.
    »Wenn man das so nennen kann, Captain«, sagte sie bemüht ohne Betonung. »Der getötete Offizier war ein Lieutenant – mein Lieutenant. Ich war sein Zugfeldwebel. Mr. Tremaine hier erinnert mich sehr an ihn, nur war der Lieutenant noch jünger.« McKeons Blick fuhr wieder zu dem Sergeant-Major zurück, die ihn ungerührt erwiderte. »Er war noch ein Junge. Ein

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