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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Aber die Mischung aus Dummheit und Selbstsucht, die es dem Herzog von Cromarty so schwer machte, die Verabschiedung der Kriegserklärung durchzusetzen – und die es Young so leicht machte, sich als Staatsmann aufzuspielen –, widerte den Colonel an.
    »… und die Regierung konnte Burgundy gar nicht unterstützen«, erklärte Tankersley gerade Tremaine. »Ich bin mir ganz sicher, die Regierungsfraktion hätte nichts lieber als das getan. Wenigstens, bis North Hollow plötzlich die Deklaration unterstützte. Aber weil die Opposition schon in den Startlöchern stand, auf Voreingenommenheit zu plädieren, hätten Burgundy und die anderen blockfreien Peers …«
    Ramirez hörte nicht mehr zu und sah zur Bar hinüber. Er konnte Tankersley nur zustimmen, aber das hieß noch lange nicht, daß ihm das Ganze auch gefallen mußte. Und zuhören zu müssen, wie der Mann, der den Captain liebte, sich gezwungen sah zu erklären, warum die Regierung keine andere Wahl hatte, als die Zulassung des haßerfüllten Mistkerls zum höchsten gesetzgebenden Körper des Königreichs zu unterstützen, bekam seiner Verdauung überhaupt nicht gut.
    Ramirez ließ den Blick über die Gäste wandern, und ein kleiner Makel in der Umgebung erregte seine Aufmerksamkeit. Er konnte nicht den Finger darauf legen und sagen, was genau es nun war, doch irgend etwas lenkte seinen Blick zurück auf einen Zivilisten mit hellem Haar, der an der Bar stand, einen Ellbogen auf die Theke gelehnt hatte und ein mattiertes Glas in der Hand hielt. Der Colonel verengte die Augen; etwas wie der Schatten einer schwachen Erinnerung geisterte am Rande seines Bewußtseins umher, aber er konnte sie einfach nicht fassen und festnageln. Vielleicht irrte er sich auch. Vielleicht lag es auch nur an der Haltung, in der der Mann an der Theke stand. Etwas wie theatralisch betonte Eleganz war daran, und er blickte zu Ramirez’ Tisch hinüber, als er ebenfalls die Menge musterte. Ihre Blicke trafen sich für einen kurzen Moment, der des Fremden uninteressiert und leer; dann drehte er sich zum Barkeeper um und bestellte einen neuen Drink. Ramirez zuckte mit den Schultern und wandte seine Aufmerksamkeit wieder seinen Tischgenossen zu.
    »… und deshalb besaß Burgundy nie auch nur eine Chance«, kam Tankersley gerade zum Fazit. »Das ist schlimm genug. Man nennt ihn nicht umsonst das ›Gewissen des Oberhauses‹, aber da North Hollow sich der Regierung angedient hat, sprachen zu viele Faktoren gegen Burgundy.«
    »Ja, ich verstehe.« Tremaine nippte an seinem Bier; er streckte es, weil er wußte, daß er kein weiteres bekommen würde, dann zuckte auch er die Schultern. »Ich verstehe schon, Sir, aber es gefällt mir trotzdem nicht im geringsten. Und ich stimme dem Skipper zu – Young hat irgendeine Schweinerei vor. Glauben Sie, seine Rede für die Kriegserklärung diente nur dazu, die Regierung zu zwingen, ihm den Sitz zu geben?«
    »Das ist mit Sicherheit eine sinnvolle Erklärung, aber …«
    Tankersley verstummte und sah auf. Ramirez drehte den Kopf, um zu sehen, wohin er schaute, und als der Colonel die stämmig gebaute Frau erblickte, die sich dem Tisch näherte, entstanden plötzlich rings um seine Augen Fältchen: Ramirez lächelte. Die Frau trug die Uniform eines Sergeant-Majors der Marines, und die grauen Strähnen in ihrem Haar verrieten, daß sie alt genug war, um eine der frühen Versionen der Prolong-Behandlung erhalten zu haben.
    »So, so! Wenn das nicht Gunny Babcock ist«, rief Ramirez, und die Frau lächelte ihn an. Bei den Königlich-Manticoranischen Marines gab es den Rang des Gunnery Sergeants nicht mehr. Er war verlorengegangen, als sich das Marinecorps vor dreihundert T-Jahren mit der Royal Army vereinigte, und nicht wieder ins Leben gerufen worden, als es sich vor einem T-Jahrhundert wieder abspaltete. Aber der ranghöchste Unteroffizier des Marinecorps an Bord eines manticoranischen Schiffes hieß weiterhin ›Gunny‹, und Iris Babcock war unter Ramirez und Hibson Bataillonsfeldwebel von HMS Fearless gewesen.
    »Guten Abend, Colonel. Captain. Major.« Babcock nickte den höheren Offizieren am Tisch respektvoll zu, aber als Scotty Tremaine übertrieben vor ihr salutierte, verwandelte sich ihr schmales Lächeln in ein Grinsen. In puncto militärischen Protokolls außer Dienst war die Navy nicht so korrekt wie das Marinecorps, und die Marines hatten gelernt, damit zurechtzukommen. Davon abgesehen hätte nur ein erklärter Menschenfeind Tremaine eine

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