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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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netter Junge, aber noch so jung, daß er kaum aus dem Stimmbruch war. Nur stellte sich heraus, daß seine Familie Feinde hatte, und Captain Summervale stachelte ihn zu einem Duell an. Eine Farce, ein abgekartetes Spiel, nicht mehr. Und ich konnte Mr. Thurston nicht dazu bringen, es zu begreifen.«
    Das reglose Gesicht Babcocks verriet beinahe ebenso viel Selbsthaß wie Abscheu vor Summervale – das Gesicht einer Frau, die nicht geschafft hatte, den Subalternoffizier zu schützen, um den sie sich kümmern sollte.
    »Das war nicht Ihre Schuld, Gunny«, sagte Ramirez. »Ich hatte die Geschichten gehört, jeder hatte sie gehört, und jeder kannte Summervales Ruf. Lieutenant Thurston hätte begreifen müssen, was vor sich ging.«
    »Er begriff es aber nicht, Sir. Er glaubte wirklich, er hätte unabsichtlich Summervales Ehre gekränkt, und das ließ ihn zögern. Deshalb schoß der Hundesohn eine gute Sekunde vor ihm, und er setzte die Kugel genau dahin, wohin zu setzen man ihn bezahlt hatte.«
    »Was niemals bewiesen wurde«, sagte Ramirez ruhig, und Babcock antwortete mit einem Schnauben dicht an der Grenze zur Insubordination. Der Colonel beachtete es nicht. »Es wurde niemals bewiesen«, wiederholte er, »aber ich glaube, Sie haben recht. Genau wie das Corps, als es ihn mit Schimpf und Schande entließ.«
    »Nur leider zu spät für Mr. Thurston«, erwiderte Babcock halb flüsternd. Dann riß sie sich wieder zusammen. »Ich bitte um Verzeihung, Sir. Ich hätte nicht so sprechen sollen. Nach all den Jahren … es kam für mich ein wenig unerwartet.«
    »Wie Major Hibson schon sagte, entschuldigen Sie sich nicht, Gunny. Ich wußte über Summervale Bescheid, aber ich wußte nicht, daß Sie damals in Thurstons Zug waren.« Ramirez sah sich erneut über die Schulter. Summervale bezahlte gerade und ging. Nachdenklich verengte der Colonel die Augen zu Schlitzen.
    »Ich hab’ nicht mehr sehr viel über ihn gehört, oder was er in den vergangenen Jahren getrieben hat«, überlegte er laut. »Sie, Susan? Gunny?«
    »Nein, Sir«, antwortete Babcock, und Hibson schüttelte schweigend den Kopf.
    »Merkwürdig.« Ramirez fuhr sich mit der Hand über die Stirn und starrte finster auf sein Glas. Er machte sich eine geistige Notiz, Summervales Anwesenheit dem Nachrichtendienst des Marinecorps zu melden. Man behielt dort gern die schlechten Apfel im Auge, auch wenn sie offiziell längst nicht mehr ›dazugehörten‹. »Wahrscheinlich ist es nur ein Zufall«, fuhr er gedankenverloren fort, »ich wundere mich nur: Was führt einen käuflichen Duellanten, der genau weiß, daß jeder Marine, der ihn erkennt, Meldung erstatten wird, an Bord von Hephaistos ?«
     

16
    Honor Harrington straffte die Schultern und redete sich ein, es bestehe wirklich kein Anlaß, sich lächerlich zu fühlen. Raschelnd schritt sie den gewölbten, uralten Korridor entlang.
    In den drei Jahrzehnten, die sie als Offizier der Königin diente, hatte Honor niemals einen Rock getragen. Um genau zu sein, auch vorher nicht, und wenn sie überhaupt einen Gedanken darauf verschwendete, war sie zufrieden, daß Röcke vor etwa fünfzig manticoranischen Jahren – wieder einmal – aus der Mode gekommen waren. Röcke waren unter Null-Ge mehr als nur nutzlos und zu den anderen Aktivitäten, mit denen sie ihre Freizeit verbrachte, fast genauso unpraktisch. Dennoch bewiesen sie einen penetranten Starrsinn, indem sie sich weigerten, endgültig auszusterben. Im Moment erlebten sie innerhalb des Sternenkönigreichs sogar ein bescheidenes Comeback – bei Idiotinnen, die genug Geld besaßen, um ihre komplette Garderobe auszuwechseln und ohnehin den Drang verspürten, bei jedem Modetrend auf dem neuesten Stand zu sein.
    Unglücklicherweise trugen auf Grayson Frauen keine Hosen. Punktum! Daß Honor ohne ein einziges Kleid im Gepäck im Jelzin-System eingetroffen war, hatte unter den Zeremonienmeistern gelinde Panik ausgelöst.
    Anfänglich hatte sie den Standpunkt vertreten, sie werde unter keinen Umständen je ein Kleid tragen, aber für die Hälfte aller Graysons, die sie kannte, war es schon schwierig genug, sich mit einem weiblichen Gutsherrn abzufinden. Die Vorstellung, daß nicht nur eine Frau, sondern eine Frau in Hosen in die geheiligten Bereiche des Saals der Gutsherren vordrang, hatte die eher konservativen Denker an den Rand des Herzinfarkts gebracht. Selbst die ›Modernisten‹ hatten die Idee mit dermaßen gemischten Gefühlen empfangen, daß Protector Benjamin sie

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