Mit sich selbst befreundet sein
Strebens nach dem Nützlichen ( utilitaristische Zusammenhänge). Aus der heteronomen Teleologie, die lange Zeit in der Geschichte vorherrschte, wird nach der modernen Befreiung von ihr eine autonome: Ziel und Zweck sich selbst zu geben, sich etwas vorzunehmen und es selbst zu verwirklichen. Nicht nur die Zweckgebundenheit, sondern auch die Zweckfreiheit kann jedoch als sinnvoll erfahren werden: Sinnvoll kann das Leben sein, das seinen Zweck darin findet, frei zu sein von einer allzu engen Zwecksetzung. Als sinnvoll für dieLebenskunst erscheint, über beide Optionen zu verfügen und eine Zweckwelt , die sich in Zwecksetzungen verstrickt, durch die Etablierung einer zweckfreien Welt ausbalancieren zu können, etwa durch die zweckfreie Arbeit an Dingen, die faszinierend erscheinen; auch durch den Verzicht auf die ständige Frage, wozu etwas gut sein soll: An die Stelle des »um zu« (»Ich mache das, um Geld zu verdienen«) tritt ein »weil« (»Ich mache das, weil es mir gefällt«).
Es scheint so, als könnte das Selbst auf ein Mindestmaß an Zweckfreiheit nicht verzichten, will es die Selbstachtung nicht verlieren. Aus demselben Grund ist die ideelle Zielsetzung einer Realisierung von Ideen, Träumen, Werten nicht zu ersetzen durch eine materielle Zielsetzung , die notwendig, nicht jedoch erfüllend sein kann. Wie sonst wäre zu erklären, dass materieller Wohlstand eine Erfahrung von Sinnlosigkeit produziert? Dass mit dem Überfluss an Gütern ein Mangel an Sinn einhergeht, hat Gründe: Mit der Verfügung über aktuelle materielle Ressourcen entfällt die Orientierung auf künftige bessere Verhältnisse; die Arbeit über sich hinaus für andere wie auch für kommende Generationen wird fragwürdig; soziale Zusammenhänge zerbrechen im wechselseitigen Vergleich der Verhältnisse; die existenzielle Spannung schwindet, denn die Existenz steht nicht auf dem Spiel und nichts scheint ihr mehr entgegenzustehen; im Exzess der »Sensationen« guten Essens, teurer Reisen schwindet der Sinn der Sinnlichkeit. Jede Tätigkeit aber, und sei sie noch so unscheinbar, kann Sinn begründen, wenn das Selbst sich ihr aus ideellen und nicht nur materiellen Gründen widmet, und sie vermittelt eine starke Erfahrung von Sinn, wenn sie ideelle Zusammenhänge herstellt. Als wichtigstes ideelles Ziel des Lebens wiederum, im Alltag wie auf dem gesamten Lebensweg, erscheint »das Schöne«, diese nie versiegende Quelle von Sinn ( ästhetische Zusammenhänge). Sich um ein schönes, bejahenswertes Leben zu bemühen begründet zudem eine Orientierung an Werten und erweitert den Sinn auch hierauf ( ethische Zusammenhänge).Schön ist das, was voll und ganz, mit all den zugehörigen Aspekten und »Begleiterscheinungen« bejaht werden kann. Aber ist das wahre Lebensziel nicht »Glück«, liegt nicht in eudämonistischen Zusammenhängen der eigentliche Sinn des Lebens? Was ist Glück?
Glück ist erfülltes Leben
Der kleine Weg führt, bevor er in den Wald eintaucht, an einem Friedhof vorbei. Ein wundervoll stiller Ort, erträglich erscheint hier der Gedanke an den Tod. Aber Fragen drängen sich auf: Wie viele Hoffnungen auf Glück liegen hier begraben? Wie viel Glück selbst? Wie viele dieser Menschen haben in ihrem Leben nach Glück gesucht und darüber das Leben vergessen? Wäre es nicht besser, den Begriff des Glücks selbst zu begraben? Zumindest eine Zeit des Schweigens darüber könnte dem Glück förderlich sein. Aber alle Menschen streben nach einem höchsten Gut, hieß es schon zu Beginn der Nikomachischen Ethik von Aristoteles, und als dieses höchste Gut erscheint nun mal das Glück. So ist die Frage nach dem Glück ein zentrales Anliegen der philosophischen Lebenskunst seit jeher; unmöglich, darauf nicht zu antworten. Dabei ist »Glück« zunächst nichts als ein Begriff, und gerade mit diesem Begriff kann ganz Verschiedenes gemeint sein. Was darunter zu verstehen sein soll, legt letztlich das jeweilige Individuum für sich selbst fest; eine verbindliche, einheitliche Definition gibt es nicht. Dass das Glück individuell bestimmt ist, heißt nicht zwangsläufig, dass es ein einsames sein muss, vielmehr kann, wie schon bei Aristoteles, ein »Leben in der Verflochtenheit« dazu gehören. Eine Auseinanderlegung des Begriffs kann aber zur je eigenen Klärung beitragen, um die Frage zu beantworten: Was bedeutet Glück für mich? Beim genaueren Hinsehen zeigt sich, dass drei Ebenen im Spiel sind, die auseinander zu halten sinnvoll sein
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