Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
Vom Netzwerk:
Adresse ermittelt ist. Deshalb wirst die Telefonate alle du führen, und zwar aus Telefonzellen an verschiedenen Orten der Stadt. Du wirst das sagen, worum ich dich bitte, und mir berichten, was man dir geantwortet hat. Du wirst an verschiedene Orte fahren und mir erzählen, was du dort gesehen hast. Deshalb wirst du Urlaub nehmen müssen.«
    »Gut.« Kira nickte. »Und was machst du in dieser Zeit? Ich werde herumfahren, telefonieren, mich umsehen, und was wirst du machen?«
    »Ich . . .« Platonow zuckte mit den Schultern. Dann sah er sich in der Küche um und lächelte. »Ich werde deine Wohnung renovieren. Ich kann alles. Decken streichen, tapezieren, Kacheln verlegen, Böden abschleifen, Wände verputzen. Wenn du mir das nötige Material besorgst, renoviere ich deine Wohnung. Willst du?«
    Dmitrij log nicht. Er war wirklich ein guter Handwerker. Er hatte bereits viele Wohnungen renoviert, die Frauen um die vierzig gehörten. Platonow zeigte sich gern erkenntlich, er wollte die Dienste der Frauen nicht umsonst.
    2
    Dmitrij drehte sich auf die andere Seite, und die Liege stöhnte qualvoll auf unter dem Gewicht seines massiven Körpers. Kira hatte ihm ein Lager in der Küche bereitet.
    »Du hast mir zwar ganz schön den Kopf verdreht«, hatte er ihr gesagt, »aber das heißt nicht, daß ich mich benehmen werde wie ein wildes Tier. Ich möchte sehr gern zu dir ins Bett, aber ich werde das erst tun, wenn du es wirklich willst, und keine Minute früher. Ich möchte dich nicht in Schwierigkeiten bringen, deshalb werde ich von mir aus nicht mehr auf das Thema zurückkommen. Wenn du irgendwann den Wunsch verspüren solltest, mit mir zu schlafen, dann sagst du es mir. Abgemacht?«
    Kira blieb nichts anderes übrig als zuzustimmen. Platonow hatte ähnliches schon zu vielen Frauen gesagt, und gewöhnlich führte es zu dem von ihm erwünschten Resultat. Er gab einer Frau das Gefühl, anziehend und begehrenswert zu sein, was nicht ganz unwichtig war, damit sie ihm gewogen blieb, gleichzeitig mußte sie den ersten Schritt tun, und das war nicht einfach für sie. Die Einladung ins Bett ließ in der Regel auf sich warten, und das kam Platonow entgegen. Am wichtigsten war es, die richtige Atmosphäre zu schaffen, seine vorübergehende Helferin in der Not davon zu überzeugen, daß er sie wollte, aber geduldig wartete, während er ganz unmerklich unüberwindliche Hindernisse auftürmte, die es ihr unmöglich machten, ihren Wunsch zum Ausdruck zu bringen. Zu diesem Zweck mußte er den keuschen Romantiker spielen, für den die Seele wichtiger war als körperliche Lust, und Platonow war immer sehr gut in dieser Rolle. Natürlich kam er früher oder später nicht darum herum, seine männlichen Pflichten gegenüber der liebenswürdigen Gastgeberin zu erfüllen, er machte das sehr gut und nicht ohne Vergnügen, aber die ganze Kunst bestand darin, diesen Moment so lange wie möglich hinauszuzögern, ihn erst gegen Ende der Bekanntschaft zuzulassen.
    Heute allerdings hatte Dmitrij das Gefühl, daß der erprobte Mechanismus irgendwie versagt hatte. Zwar brannte in Kiras Augen ein heißes Feuer, wenn sie ihn ansah, wenn sie seinen muskulösen Körper mit ihren Blicken abtastete, aber in diesem Feuer erkannte er keinen einzigen vertrauten Funken. Zweifellos war sie aufgewühlt von dem ungewöhnlichen Ereignis in ihrem eintönigen Bibliothekarinnenalltag, aber den Ruf ihres Körpers hatte Dmitrij nicht spüren können, so tief er auch in sich hineinhorchte. Er hatte sogar den Eindruck gehabt, daß Kira erleichtert aufgeatmet hatte, als er sich bereit erklärte, auf der Liege in der Küche zu schlafen.
    Er drehte sich in eine bequemere Lage und begann gewohnheitsmäßig, den Geräuschen aus dem Nebenzimmer zu lauschen, um zu erraten, was Kira gerade machte. Er hörte das Knarren eines Klappsofas, das Klappen einer Schranktür. Kira holte Bettzeug aus dem Schrank und machte sich das Bett auf dem Sofa zurecht. Dann leichte Schritte auf dem Flur, die Badezimmertür öffnete und schloß sich, schließlich das Rauschen der Dusche. Platonow versuchte, sich die nackte Frau im Bad vorzustellen, das Bild erschien vor seinen Augen, aber es weckte kein Interesse in ihm. Das Wasser wurde abgestellt, ein kaum hörbares Klirren besagte, daß Kira das Badetuch vom ringförmigen Handtuchhalter an der gekachelten Wand genommen hatte. Eine Cremedose stieß gegen die gläserne Ablage unter dem Spiegel. Dmitrij war, als könne er jede Bewegung der Frau sehen,

Weitere Kostenlose Bücher