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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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vernichtet, aber im Staatlichen Zentrum für Internationale Beziehungen befanden sich noch die Unterlagen, denen man entnehmen konnte, mit welchen ausländischen Firmen und Banken die Verstorbene zusammengearbeitet hat. Nach der tränenreichen Beerdigung trafen sich die Trauergäste einhellig in einem anderen gastfreundlichen Haus, aber im Staatlichen Zentrum für Internationale Beziehungen war die Leiche immer noch lebendig. Jurij Jefimowitsch Tarassow begann also auf meine Bitte hin, in der Protokollabteilung zu arbeiten. Das Arbeitsverhältnis dauerte genau vier Tage.«
    Dmitrij verstummte.
    »Vier Tage?« erkundigte sich Kira. »Und dann?«
    »Dann hat man ihn ermordet«, sagte Platonow leise, »am letzten Montag.«
    »Was, erst am letzten Montag?« rief Kira entsetzt aus und schlug dabei aus irgendeinem Grund mit dem Finger gegen die Tischkante. »Also gerade jetzt erst, in dieser Woche?«
    »Ja, gerade jetzt erst, in dieser Woche. Aber selbst in vier Tagen ist es ihm gelungen, unseren Phönix aus der Asche zu holen. Er hat herausgefunden, welche Firma die Nachfolge von Artex angetreten hat. Diese Firma nennt sich jetzt Variant. Nicht schlecht, was? An Dreistigkeit fehlt es denen jedenfalls nicht. Aber dann kam es noch schlimmer, Kira.«
    »Noch schlimmer? Man hat einen Menschen ermordet, was könnte noch schlimmer sein?«
    »Hör zu, dann wirst du es erfahren. Vorige Woche habe ich ein Fernschreiben von Slawa Agajew erhalten, in dem er mir mitteilte, daß außer der Geschichte mit den edelmetallhaltigen Geräten noch ein paar andere krumme Dinger in dem Uralsker Betrieb laufen. Ich habe es zur Kenntnis genommen, aber die Pferde erst mal nicht scheu gemacht, ich sagte dir schon, daß ich sehr langsam und vorsichtig vorgehen muß. Aber als ich von Tarassows Ermordung erfuhr, schickte ich Slawa sofort ein Fernschreiben nach Uralsk; pack die ganzen Unterlagen ein, schrieb ich ihm, und komm nach Moskau. Slawa setzte sich sofort ins Flugzeug. Am Mittwoch abend haben wir uns getroffen, er ist zu mir ins Ministerium gekommen, hat von unten angerufen, ich bin hinuntergegangen und mit ihm im Auto zur Taganka gefahren. Dort wohnt ein Verwandter von ihm, er hatte irgendein seltenes Medikament für seine Tochter aufgetrieben, und Agajew mußte es abholen. Ausgerechnet am Abend dieses Tages flog der Verwandte in die Staaten, deshalb hatte Slawa es sehr eilig, um ihn noch zu Hause anzutreffen. Unterwegs erfuhr ich von ihm, daß der Betrieb in Uralsk den Arbeitern die Löhne nicht auszahlen kann, weil dem Staat das Geld fehlt. Uralsk ist ein kleines Städtchen, alle Arbeitsstellen hängen mit dem Rüstungsbetrieb zusammen, mit irgendwelchen Nebenjobs läßt sich dort nichts hinzuverdienen, deshalb spitzte sich die Lage zu, man mußte einen Aufstand befürchten. Gleichzeitig aber verfügt der Betrieb über große Mengen an goldhaltigem Metallverschnitt, der seit jeher zur Weiterverarbeitung an andere Betriebe geht. Nun, in Anbetracht der kritischen Situation, wandte sich der Betrieb ans Ministerium und bat um Erlaubnis, sich nach einem Kunden umzusehen, der den Metallverschnitt gegen Bargeld abnimmt. Die Beamten im Ministerium kratzten sich eine Weile die Köpfe und stimmten schließlich zu. Und wer erscheint in diesem Moment prompt auf der Bildfläche? Richtig geraten, die Firma Variant, die den goldhaltigen Metallverschnitt schließlich zu einem sehr niedrigen Preis aufkauft, aber eben gegen Bares, so daß man den Arbeitern endlich ihr ehrlich verdientes Geld auszahlen kann. Jetzt bitte ich dich zum dritten Mal, mir aufmerksam zuzuhören. Sag mir, bist du persönlich an goldhaltigem Metallverschnitt interessiert?«
    »Was sollte ich damit?« fragte Kira mit ehrlichem Erstaunen.
    »Immerhin ist Gold drin.«
    »Na und? Was nützt mir in diesem Fall das Gold? Ich müßte es aus dem Metall herausholen, und das kann ich nicht.«
    »Du bist ein kluges Mädchen. Der Metallverschnitt ist nur für den von Wert, der in der Lage ist, das Gold aus ihm herauszuschmelzen. Jetzt die zweite Frage. Du bist im Besitz einer Technologie, die es erlaubt, etwa die Hälfte des im Metallverschnitt enthaltenen Goldes wiederzugewinnen. Ich hingegen verfüge über eine modernere Technologie, ich kann praktisch das gesamte Gold wiedergewinnen, das in dem Verschnitt steckt. Wenn ich nun in der Lage bin, aus ein und demselben Verschnitt zweimal mehr Gold herauszuholen als du, dann ist es doch logisch und nur gerecht, wenn ich für diesen Verschnitt auch

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