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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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zweimal mehr bezahlen muß als du. Richtig?«
    »Vermutlich. Zumindest rein rechnerisch hört es sich richtig an.«
    »Jetzt hör, was in Wirklichkeit passiert ist. Die Firma Variant gibt an, daß sie über eine Technologie verfügt, mit deren Hilfe man aus dem Metallverschnitt nicht mehr als siebenundvierzig Prozent des enthaltenen Goldes wiedergewinnen kann. Im Prinzip ist das ein bei uns üblicher Durchschnittswert, es hört sich also alles ganz normal an. Davon ausgehend wird der Verkaufspreis des Verschnitts errechnet, dann wird dieser Preis stark reduziert, da Barzahlung vorgesehen ist. Im bargeldlosen Verkehr sind die Preise immer höher als bei Barzahlung, ist dir das bekannt?«
    »Ich habe davon gehört, aber ich habe mich nie näher damit beschäftigt.«
    »Damit brauchst du dich auch jetzt nicht zu beschäftigen, laß dir weiter erzählen. Variant erklärt sich also bereit, den Metallverschnitt gegen Bargeld zu kaufen, eine Expertenkommission stellt den realen Goldgehalt fest, und ausgehend von den technischen Möglichkeiten des Käufers zur Wiedergewinnung des Goldes wird schließlich der Verkaufspreis festgesetzt. Und in jedem dieser Vorgänge steckt natürlich die Möglichkeit für irgendeinen Schwindel. Ich werde es dir anhand relativer Zahlen erklären, damit du besser mitrechnen kannst. Angenommen, der Verschnitt enthält pro Kilo ein Gramm Gold, aber die Kommission gibt in ihrem Gutachten an, daß es nur 0,4 Gramm sind. Des weiteren behauptet Variant, daß nur siebenundvierzig Prozent des Goldes wiedergewonnen werden können, das heißt siebenundvierzig Gramm pro hundert Gramm Gold. In Wirklichkeit hat Variant aber gar nicht vor, irgend etwas wiederzugewinnen, sondern wird den Metallverschnitt prompt ans Ausland verhökern, wo man längst über Techniken verfügt, mit deren Hilfe eine Wiedergewinnung des Goldes bis zu sechsundachtzig Prozent möglich ist. Wir, ehrlich und naiv wie wir sind, gehen davon aus, daß der Wert des Metallverschnitts für die Firma Variant dem Preis des Goldes entspricht, das sie aus dem Verschnitt herausholen kann, also dem Preis von siebenundvierzig Prozent auf je 0,4 Gramm Gold pro Kilo Metallverschnitt. Und jetzt kannst du dir ausrechnen, wieviel das ergibt, wenn ein Gramm Gold, sagen wir, zehn Dollar kostet.«
    »Gleich.« Kira runzelte die Stirn. »Siebenundvierzig Prozent, das ist ungefähr die Hälfte, und die Hälfte von 0,4 ist 0,2. Wenn die Firma Variant also aus einem Kilo Verschnitt 0,2 Gramm Gold gewinnt, dann braucht sie fünf Kilo Verschnitt, um ein Gramm Gold zu bekommen. Das heißt also, daß man aus fünf Kilo Verschnitt Gold im Wert von etwa zehn Dollar herausholen kann, deshalb dürfen fünf Kilo wahrscheinlich nicht mehr kosten als zwei Dollar, weil sich das Geschäft sonst nicht lohnt. Da der Verschnitt in Wirklichkeit aber ein ganzes Gramm Gold pro Kilo enthält und davon nicht siebenundvierzig, sondern sechsundachtzig Prozent wiedergewonnen werden, müßte der Preis für ein Kilo Verschnitt 8 Dollar und sechzig Cents betragen. Habe ich richtig gerechnet?«
    »Kira, du bist nicht nur schön, du bist auch sehr gescheit. Und jetzt erinnere dich daran, daß die Firma Variant bar bezahlt und deshalb einen beachtlichen Preisnachlaß erhält. Sie bezahlt pro Kilo Verschnitt nicht zwei, sondern nur einen Dollar. Der Preis, für den die Firma den Verschnitt gekauft hat, ist also um das Achtfache niedriger als der, zu dem sie ihn sofort ans Ausland weiterverkauft. Um das Achtfache! Von eben diesen fröhlichen Urständen, die da mit dem Dollar gefeiert werden, erzählte mir Slawa Agajew, während wir letzten Mittwoch zur Taganka fuhren, zu seinem Onkel. Ich ließ mir von ihm die Unterlagen über die Geschäfte mit dem Metallverschnitt geben, die Unterlagen über die ausgemusterten Geräte blieben bei ihm. Ich setzte ihn vor dem Haus seines Onkels ab, gab ihm die Hand . . . Und das war’s.«
    »Was heißt, das war’s?«
    »Man hat ihn umgebracht. Offenbar direkt im Hauseingang seines Onkels. Und jetzt, Kira, kommt das Wichtigste. Bis jetzt habe ich dir nur die Vorgeschichte erzählt. Gestern läßt mich mein neuer Chef zu sich kommen und teilt mir mit, daß Genosse Sypko, unser unbezähmbarer ›Rächer des Volkes‹, eine Beschwerde über mich verfaßt hat, in der er mich einen Nichtstuer und Betrüger nennt, er, Sypko, sei seiner Bürgerpflicht nachgekommen und habe die zuständigen Organe in Kenntnis gesetzt, aber die Organe würden schlafen und hätten

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