Mit Zähnen und Klauen: Horror-Thriller von Bestseller-Autor Craig DiLouie (German Edition)
bevor sie sich verwandelte und eine von denen wurde. Eine wichtige Filmproduzentin? Redakteurin einer Zeitschrift? Politesse? Lehrerin? Verheiratet oder Single? Hatte sie Kinder? Wollte sie über den Winter nach Mexiko verreisen? War sie Wissenschaftlerin und stand kurz vor der Entdeckung eines Mittels gegen Krebs? Man wird es niemals erfahren.
Viele Infizierte laufen barfuß und hinterlassen blutige Spuren. Einige haben klaffende Fleischwunden, die aufgrund zahlloser Infektionsherde eitern, nicht nur wegen der Krankheitserreger, die durch Bisse übertragen werden, sondern weil die Stadt im Laufe der letzten Tage zu einem offenen Jauchebecken geworden ist. Sie stinken widerlich und ihr Geruch setzt sich zusehends gegen die Erkältungssalbe durch, die sich die Soldaten unter die Nasen gerieben haben. Diese Gestalten haben kaum mehr etwas mit Menschen gemein.
Dennoch verachtet Mooney sie nicht. Er kann sie einfach nicht als Monster ansehen. Vor ein paar Tagen waren sie noch einfache Menschen wie er.
Voraus stehen weitere Infizierte. Sie bilden teilnahmslose Trauben im Dunkeln, scheinen im Stehen zu schlafen, denn ihre Schultern heben und senken sich, während sie in schnellen, flachen Zügen atmen.
Der Geruch wird intensiver. Mooneys Magen droht sich umzudrehen. Er zwingt sich, nicht zu husten, keinen Laut von sich zu geben.
Ein Tollwütiger, den er passiert, bemerkt ihre Anwesenheit und versucht, sie blind zu finden. Mooney könnte das Blinzeln des Mannes im Dunkeln erkennen, würde dieser nicht plötzlich in den toten Winkel des Nachtsichtgeräts treten.
Mooney hört den Tollwütigen links schnüffeln und knurren. Er fährt früh genug mit dem Kopf herum, um noch mitzubekommen, wie sein Gruppenführer dem Mann den Schädel mit seiner Schaufel zertrümmert.
Diesmal entschuldigt sich McGraw nicht.
Mooneys Gedanken überschlagen sich wieder: Investmentbanker? Berühmter Schauspieler? Vater dreier Kinder?
Er will sich nicht ausmalen, wie es ist, wenn er dazu gezwungen ist, diese Leute im Dunkeln zu erstechen und niederzustoßen. Auf jemanden zu feuern ist eine Sache, ihm bewusst eine Klinge in den Leib zu treiben hingegen etwas ganz anderes. Die meisten Soldaten hassen diese Waffe.
Gruppe 2 verlässt die Formation und geht gemeinsam in die Hocke, um sich auszuruhen, bis der Rest der Kolonne vorbeigezogen ist, sodass sie sich als Nachhut neu anschließen kann. Vorneweg ist nun Gruppe 1.
Mooney atmet durch, bleibt in Bewegung und prüft dabei die Objekte, welche sich in unterschiedlichen Grüntönen in seinem beschränkten Gesichtskreis zeigen.
Vor ihnen im Dunkel schlummern weitere Tollwütige – fahle Leiber in eigenartig gebeugter Haltung. Einige irren zwischen den verlassenen Fahrzeugen eines Verkehrsstaus herum, stolpern über zerschlissene Gepäckstücke und Leichen.
Schlagartig erhebt sich durchdringendes Geheul, als einer der Infizierten wie vor Schmerz aufschreit.
Vier Blocks weiter biegt die Kolonne zum ersten Mal ab. Falls Tollwütige die Formation behindern: Aufspießen, zur Seite drücken und weitergehen. So lautet der Befehl, und wer dem nicht nachkommt, droht alle in den Tod zu reißen.
Ein Tollwütiger unmittelbar vor Mooney scheint auf dem grünen Phosphorschirm zu vibrieren. Der breite Körper wirkt unbestimmt und verschwommen, sein verfilzter Bart kräuselt sich wie ein Haufen emsiger Würmer. Sein linkes Auge ist dick angeschwollen und sondert ein Sekret ab. Der Mund steht weit offen, was aussieht, als grinse er.
Mooney geht in Stellung: Ausfallschritt links, Oberkörper gerade und die Knie leicht angewinkelt, das Gewicht auf die Fußballen verlagert. Er wurde zum Kampf mit dem Bajonett trainiert. In der Grundausbildung lernte er vier Angriffsbewegungen: Stich, Schlag mit dem Kolben, Streich und Stoß. Da zu beiden Seiten Verbündete laufen, kann er nur geradeaus attackieren. In erster Linie geht es darum, die Klinge in jeglichen verwundbaren Teil des Feindkörpers zu stechen.
Die größte Schwierigkeit besteht in der Wahl dieser Stelle, denn in dem Augenblick, da man überlegt, stellt sich der Ekel davor ein. Viele Soldaten zielen einfach mittig auf den Rumpf des Gegners, entweder weil sie keine Zeit zum Nachdenken haben oder es nicht wollen.
Mooney drückt sich den Schaft seines M4 fest an die rechte Hüfte, streckt den linken Arm aus und stürzt mit voller Wucht auf dem linken Fuß vorwärts. Er trifft den Tollwütigen mit dem Bajonett zwischen den Rippen und setzt nach. Der Mann
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