Mitch
darüber zu sein, dass sie einen Vorwand hatte, ihn nicht mehr so oft zu sich einzuladen. Andererseits hatte er wegen der Feiertage auch viel zu tun gehabt.
Es gab jedoch verschiedene andere Anzeichen, die ihn verwirrten. Seitdem er das erste Mal die Nacht mit Sally verbracht hatte, verhielt sie sich ihm gegenüber anders. Nicht, dass er es geplant hatte, mit ihr zu schlafen. Es war einfach passiert.
Seitdem hatte John es unzählige Male bereut, damit nicht bis zur Hochzeitsnacht gewartet zu haben. Er wusste schon seit langem, was er für sie empfand, und hatte gleich am nächsten Tag den Verlobungsring gekauft. Dann hatte Duke ihn aber überredet, mit dem Antrag zu warten, bis er ihre Familie kennen gelernt hatte.
Vielleicht war es keine so gute Idee, sie ausgerechnet am ersten Weihnachtstag unangemeldet zu besuchen, doch John hatte sonst kaum Zeit, weil seine Arbeitgeber im Winter zu wenig Personal hatten. Da während der Feiertage nicht so viel los war, hatte er beschlossen, nach British Columbia zu fliegen, wo Sallys Familie lebte. Es war eine Kleinstadt mit einem indianischen Namen, den er nicht aussprechen konnte.
Er straffte sich und warf noch einmal einen Blick auf die Adresse, die auf dem Umschlag der Weihnachtskarte stand. Einen Rosenstrauß in der Hand, ging er auf das weiße Haus mit den dunkelgrünen Fensterläden zu, über dessen Tür ein Tannenzweig hing.
John war erleichtert, als Sally öffnete. Aus großen Augen schaute sie ihn an, überrascht und – wie er hoffte – glücklich.
„John! Was tust du denn hier?“
Er drückte ihr den Strauß in die Hand, als könnte er es nicht erwarten, ihn loszuwerden. „Ich bin gekommen, um mit deinem Vater zu reden“, erklärte er.
„Mit meinem Vater?“ wiederholte sie sichtlich verblüfft. „Warum?“
„Das ist etwas, das nur ihn und mich etwas angeht.“ John fiel es schwer, sie nicht anzustarren. Sie war so schön, und er freute sich schon darauf, wieder mit ihr zu schlafen. Beim nächsten Mal würde sie jedoch seinen Ring tragen und mit ihm verheiratet sein.
Sally machte die Tür hinter sich zu und trat auf die Veranda, um ihn zu umarmen. „Was soll das alles?“
„Ich muss mit deinem Vater sprechen.“
„Warum? Weil ich beschlossen habe, nicht nach Hard Luck zurückzukehren? Wer hat es dir gesagt? Doch nicht Mariah. Das würde sie bestimmt nicht tun.“
John hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt. „Du hattest also nicht vor, nach Weihnachten wiederzukommen?“
„Nein.“ Verlegen senkte sie den Blick.
„Aber ich dachte … Ich habe gehofft …“ John verstummte, weil er sich nicht noch mehr zum Narren machen wollte. Er war bereit, sich zu demütigen, indem er ihren Vater um ihre Hand bat, und sie war einfach aus seinem Leben verschwunden, ohne ihm Lebewohl zu sagen.
„Heißt das, du hast es nicht gewusst?“
John schüttelte den Kopf. „Und du wolltest es mir nicht sagen?“
„Nein. Ich … ich habe keinen Sinn darin gesehen. Du hast schließlich bekommen, was du wolltest, oder nicht?“
„Was soll das heißen?“ fuhr er sie an. Ihr Vater bekam vermutlich keinen guten Eindruck von ihm, wenn er vor der Tür stand und schrie, aber John konnte nicht anders. Er war wütend, und das mit Recht!
„Du weißt genau, was ich meine“, flüsterte Sally aufgebracht.
„Sprichst du von der Nacht, in der wir miteinander geschlafen haben?“
Beschämt schloss sie einen Moment die Augen. „Musst du so schreien, dass unsere Nachbarn es mitbekommen?“
„Ja.“
Wütend funkelte sie ihn an. „Mehr gibt es wohl nicht zu sagen.“
„O doch“, konterte er. „Na gut, wir haben miteinander geschlafen. Was bedeutet das schon? Schließlich sind wir beide nicht perfekt. Es ist einfach passiert, aber wir haben es nicht wieder getan, stimmt’s?“
„Bitte schrei nicht so, John.“ Unsicher schaute Sally sich um.
„Ich verstehe nicht, warum du so einen Aufstand deswegen machst“, platzte er heraus. „Schließlich war ich nicht der Erste, mit dem du geschlafen hast.“ Das hätte er nie gesagt, wenn er nicht so verletzt gewesen wäre.
Sofort traten ihr die Tränen in die Augen, und John hätte alles dafür gegeben, um seine Worte zurückzunehmen.
Im nächsten Moment wurde die Haustür geöffnet, und ein kräftiger Mann, der wie ein Holzfäller aussah, trat auf die Veranda. „Was ist hier los?“
Sally deutete auf John. „Daddy, das ist John Henderson. Er … er ist ein Freund von mir
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