Miteinander reden von A bis Z
soll das Gespräch stattfinden? Wie viel Zeit steht zur Verfügung? Welche Störquellen könnte es geben (z.B. ständiges Telefonklingeln)? Worum soll es gehen (Thema), wer soll demzufolge am Gespräch teilnehmen, wer nicht ( → Situationsmodell )?
Verabredung zum Gespräch: Je heikler das Gespräch, desto wichtiger ist die Verabredung! Also nicht: Überfallstrategie «zwischen Tür und Angel», wodurch der andere sich überrumpelt fühlt. Nur ein vorbereiteter Gesprächspartner kann ein wirkliches Gegenüber sein. Deshalb: Um einen Gesprächstermin bitten und das Thema ankündigen, um das es gehen soll, ohne gleich inhaltlich einzusteigen: «Frau Liedlich, ich würde gerne mit Ihnen über die Entwicklung im Projekt Neuschanz sprechen; ich habe den Eindruck, dass wir da unterschiedliche Einschätzungen haben und mir ist es ein Anliegen, dass wir uns da einmal abgleichen. Damit wir Zeit und Ruhe haben, sollten wir uns dafür eine Stunde Zeit nehmen. Würde es Ihnen am Montag um 11 Uhr passen?»
Im Gespräch
Gesprächseinstieg: Je heikler das Thema, desto markanter sollte der Gesprächseinstieg sein: «Frau Liedlich, ich möchte heute mit Ihnen über die Entwicklung des Projektes Neuschanz sprechen. Sie haben ja gegenüber dem Kunden bereits einen Liefertermin zugesagt, und mir scheint die Einhaltung dieses Termins aufgrund der personalen Engpässe zunehmend schwierig. Mir liegt sehr daran, dass wir heute gemeinsam zu einer verbindlichen Einschätzung kommen, die wir dem Kunden gegenüber vertreten können …»
Um den heißen Brei herumzureden («Frau Liedlich, wie schön, dass Sie da sind. Wie geht’s Ihnen denn so? Wie war der Urlaub?») trägt nicht zur Entspannung bei. Gleichzeitig sollte der Gesprächsinitiator nicht gleich zu zielstrebig mit der Tür ins Haus fallen, dies kann ebenso hinderlich für den Kontakt sein (s. Abb. 26 ).
Abb. 26 :
Gesprächseinstieg im Spannungsfeld von thematischer Transparenz und menschlicher Kontaktfindung
Klärung der Standpunkte: Beide Beteiligten schildern ihre Sicht der Dinge. Idealerweise versuchen sie dabei, die gegenseitigen und manchmal gegenteiligen Sichtweisen zu verstehen. Es kann hilfreich sein, die unterschiedlichen Standpunkte zu → visualisieren . In dieser Phase geht es ausdrücklich noch nicht um Einigungen und Lösungen!
Klärung der Hinter- und Untergründe ( → Eisberg-Modell ): Nun gehen die Gesprächspartner einen Schritt tiefer und tauschen sich darüber aus, was dem Thema möglicherweise zugrunde liegt: «Meiner Einschätzung nach haben Sie sich mit dem Liefertermin zu weit aus dem Fenster gelehnt. Und das betrifft nicht nur die Verbindlichkeit gegenüber dem Kunden, sondern stört mich auch persönlich. Denn Sie hätten diese Terminzusage zunächst mit mir besprechen müssen und nicht eigenmächtig entscheiden dürfen. So haben Sie mich vor vollendete Tatsachen gestellt, die nun sowohl mich persönlich als auch uns beide dem Kunden gegenüber in eine unangenehme Lage bringen.»
Bleiben die Hinter- und Untergründe für den Konflikt im Dunkeln (hier die persönliche Verärgerung), ist die Gefahr groß, dass man sich auf oberflächliche Lösungen einigt, welche die eigentliche Problematik aus der Welt schaffen. Der nächste Konflikt ist dann bereits vorprogrammiert.
Lösungssuche: Auf der Basis der deutlich gewordenen Unterschiede und subjektiven Wahrheiten gehen die Beteiligten nun auf Lösungssuche und machen Vorschläge. Dabei gilt: so konkret wie möglich. Also nicht: «Wir sind uns also einig, dass das nicht mehr vorkommt?!» Sondern stattdessen: «Ich möchte, dass Sie bei den Projekten der A-Priorität künftig Termine mit mir absprechen, bevor Sie sie an den Kunden geben. Sollte dies nicht möglich sein, weil ich außer Haus bin, wäre mein Vorschlag, dass Sie sich an meinen Stellvertreter Herrn Kleer wenden …»
Bilanz: Diese Phase ist in der Praxis eher selten. Dennoch kann es gerade bei Gesprächen, in denen es «hoch her» ging oder die für die Beteiligten in ungewohnter Weise verliefen, sehr sinnvoll sein, die innere Bilanz zu veröffentlichen: «Ich bin froh, dass wir das geklärt haben. Zwischenzeitlich hatte ich den Eindruck, Sie verstehen meinen Ärger gar nicht …» Auf diese Weise kann sich zwischen den Beteiligten stückweise eine Gesprächskultur für künftige Gespräche entwickeln.
Literatur
Schulz von Thun, F./Ruppel, J./Stratmann, R.: Miteinander reden. Kommunikationspsychologie für
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