Mithgar 10 - Die schwarze Flut
Reihen anzugreifen und so viele von ihnen zu töten wie möglich. Wenn wir schon sterben müssen, dann wenigstens nicht eingeschlossen wie in die Enge getriebene Ratten!«
Die Augen des jungen Brill funkelten leidenschaftlich, ebenso wie die von Hagan und Vidron. Diese Krieger schienen Danners Ansicht zu teilen, denn seine Strategie entsprach ihrer kühnen Natur.
Gann von Riamon jedoch hielt ruhig dagegen: »Und was, Herr Danner, wird uns ein solcher Zug einbringen?«
»Nun... wir...«, stotterte Danner, »wir werden viele von diesem Gezücht mit uns nehmen. Zwar werden wir sterben, aber wir werden eine gewaltige Spur in ihren Reihen hinterlassen.« Bum! »Und was dann?« Ganns Tonfall war kühl.
»Was dann, fragt Ihr? Was dann?« Danner knirschte wütend mit den Zähnen. »Nichts! Nichts weiter! Wir werden tot sein, aber mit uns viele Feinde. Und wir werden den Tod von Kriegern gestorben sein.«
»So ist es«, sagte Gann und erhob sich. »Und genau darin liegt der Fehler Eures Plans. Ihr sprecht Euch für einen Ausfall und eine ruhmreiche Schlacht gegen die Horde aus. Doch Ihr erkennt selbst, dass ein solcher Kurs nur ins Reich des Todes führt. Vielleicht werden wir stark sein, und auf jeden, der auf unserer Seite fällt, kommen zwei oder gar drei getötete Feinde. Bedenkt jedoch: Wenn wir alle Euren >Kriegertod< gestorben sind - und jeder von uns seinen Teil an Feinden mit hinab in die Dunkelheit genommen hat -, dann steht da draußen immer noch eine riesige Horde, eine Horde, die dann ungehindert plündernd nach Süden ziehen«, Ganns Faust landete krachend auf dem Tisch, »und alles zermalmen kann, was sich ihr in den Weg stellt.« Bum!
Gann ließ den Blick um den Tisch schweifen, und Tuck wurde klar, dass der Mann ebenso zu Vidron, Hagan und dem jungen Brill sprach wie zu Danner. »Angriff? Nein, sage ich, denn dieser Weg führt dazu, dass die Horde frei umherschweifen und das Land verwüsten kann. Die Feste Challerain verteidigen? Ja, sage ich, denn damit binden wir den Feind hier. Und wenn das Heer kommt, wird es die Horde sein, die in der Falle sitzt, nicht wir.« Gann nahm wieder Platz, und Danners sprühende Bernsteinaugen wichen den kalten grauen des Mannes aus, denn der Wurrling erkannte sehr wohl die klare Logik in Ganns Argumentation. Dennoch schien Danner nicht bereit zu sein, die vorgeschlagene Taktik gutzuheißen, denn sie ging ihm gegen den Strich.
»Ach, Winzling«, knurrte Hagan mit tiefer Stimme, »wir im Kriegsrat dachten zwar, dass die Horde groß sein könnte, doch wir haben nicht mit der gewaltigen Masse gerechnet, die dann kam. Wir haben über diese und andere Pläne viele Male debattiert. Ich weiß, wie Ihr fühlt, denn ich spüre, wir beide sind uns in diesen Dingen ähnlich. Es wurmt einen, immer in der Defensive, auf dem Rückzug zu sein. Angriff! Das ist unsere Antwort auf die Misslichkeiten des Lebens. Angriff!« Tuck war überrascht von Hagans scharfer Einsicht in Danners Wesen, denn Tuck wusste, der Mann hatte recht. Danner griff in der Tat an, wenn er sich den Misslichkeiten des Lebens gegenübersah, sei es Angst, Ärger, eine abweichende Ansicht oder irgendeine andere Widrigkeit. Kam Danner etwas in die Quere, griff er an. Er tat es sogar dann noch, wenn es zu unerwünschten Resultaten führte. Warum Tuck das bisher nie aufgefallen war, wusste er selbst nicht, denn es schien ihm nun so offensichtlich. Es hatte zweier absolut Fremder bedurft - zuvor schon Gildor und nun Hagan -, um Tuck diese Wahrheit über Danners Natur zu offenbaren, und er glaubte nicht, dass einer der beiden je erfahren würde, wie klar ihre Sicht gewesen war.
Tucks Gedanken wurden gewaltsam zu ihrem eigentlichen Problem zurückgelenkt, da sich Vidron nun zu Wort meldete: »Ja, Ganns Worte klingen wahr, und seine Taktik wirkt vernünftig, denn wir halten diese Horde, ohne uns zu bewegen, hier an einem stark befestigten Ort auf. Wir besetzen das höher gelegene Gelände, und unsere Verteidigungsanlagen sind gewaltig. Es gibt jedoch folgende Probleme bei diesem Plan: Erstens könnte es uns möglicherweise misslingen, die Mauern gegen diese Übermacht zu halten. Zweites, selbst wenn wir sie halten, kommt womöglich unsere Legion nicht früh genug oder nicht in ausreichender Stärke, um die Horde zu besiegen. Und drittens und letztens lässt Modru vielleicht noch weitere Scharen über das Land schwärmen, die ebenso groß oder noch größer sind als diese hier - eine kleinere ist bereits in Richtung Osten
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