Mithgar 10 - Die schwarze Flut
vorbeigezogen, wie Ihr wohl wisst. Drei Dinge also habe ich genannt, und wenn eines oder mehrere davon zutreffen, dann ist diese Strategie nicht die beste, auch wenn es zu spät sein mag, etwas zu ändern.«
»Pfui!«, schnaubte Medwyn und machte Anstalten, aufzustehen, doch Aurion Rotaug hob die Hand, und der Mann aus Pellar blieb widerstrebend sitzen. »Lasst uns nicht von Neuem in dieses Hornissennest aus Plänen und Gegenplänen stoßen«, sagte der König, »denn zu viele Male wurden wir von den Stacheln des Streits gestochen. Der Balsam der Logik vermag hier kaum die Leidenschaft zu zügeln, denn es gibt zu viele Unbekannte, und der beste Weg ist nicht klar erkennbar. Stattdessen frage ich dieses, denn Ihr alle habt die Zahl unsrer Feinde gesehen, und sie ist gewaltig: Gibt es noch etwas, das wir tun können, nun, da wir wissen, was uns bevorsteht? Fällt jemandem ein Plan ein, den wir nicht bereits verworfen haben?« Der König schaute langsam in die Runde und ließ den Blick auf jedem Einzelnen ruhen: Gildor, Vidron, Gann, Overn, Medwyn, der junge Brill, Hagan, Patrel, Danner und zuletzt Tuck. Alle schüttelten den Kopf, und Tuck fühlte sich irgendwie als Versager, als er an der Reihe war. Bum!
»Dann ist dieser Kriegsrat beendet.« Aurion stand auf, doch bevor er hinausging, wandte er sich an die Wurrlinge: »Herr Tuck, bringt Eure Habseligkeiten in meine Gemächer, denn ich möchte Euch an meiner Seite haben, falls ich Augen brauche, die durch den Dusterschlund sehen. Hauptmann Patrel, Ihr bleibt in Fürst Gildors Quartier, und Ihr, Herr Danner, bei Marschall Vidron. Ich gehe wieder hinaus zu den Wällen.«
Als die drei Jungbokker die Kaserne betraten, stellten sie fest, dass sie als Letzte ihre Habseligkeiten in andere Quartiere verlegten. Der Saal lag leer und still da, verlassen, beinahe verloren. Tuck raffte Bettzeug und Gepäck zusammen und sah sich noch einmal ausgiebig um. Kein fröhliches Wurrlingsgeschnatter drang an seine Ohren, und kein lächelnder Jungbokkerblick begegnete seinem. Ein großes Gefühl der Einsamkeit stieg in ihm auf, und in seinen saphirblauen Augen standen Tränen. Wortlos drehte er sich um und ging schweren Schritts zur Eingangstür, an seiner Seite Danner und Patrel. Und als das Trio den Hof überquerte, schaute keiner von ihnen zurück.
Tuck ging allein zu den Gemächern des Königs, eine mitgeführte Laterne leuchtete ihm den Weg. Er stellte seine Sachen neben einem Sofa im Vorzimmer ab, das er als sein Feldbett auserkor. Als er auf die Mauern zurückkehrte, traf er den König am westlichen Ende des Nordwalls an. Vidron und Danner waren ebenfalls dort, dazu Argo, der inzwischen der jeweils diensthabenden Kompanie der Burgwache zugeteilt war. Als Tuck die Rampe hinaufkam, sah er, dass alle Augen angestrengt nach Norden blickten, und es herrschte große Aufregung.
»Was gibt es?«, fragte Tuck, als er die anderen erreicht hatte.
»Da draußen, Tuck, sieh nur«, sagte Argo und deutete weit nach Nordwesten. »Gerade noch sichtbar. Ich kann es nicht genau erkennen. Was ist das?« Bum!
Tuck schaute und erkannte zunächst nichts. Er forschte angestrengt, sah aber noch immer nichts als das ferne Dunkel. Als er gerade sagen wollte, dass er nichts bemerkte, fiel ihm ein Flackern ins Auge, und genau am Rande seines Gesichtsfeldes sah er...
Bewegung, aber was sich da bewegte, vermochte er nicht zu sagen.
»Versuch es aus den Augenwinkeln«, schlug Danner einen alten Trick für nächtliches Sehen vor.
»Ich weiß nicht«, sagte Tuck nach einiger Zeit. »Es könnten... Pferde sein. Ein Trupp Berittener, die sich schnell bewegen.«
»Siehst du!«, krähte Argo. »Ich hab's dir gesagt! Das glaube ich nämlich auch, aber Danner meint nein.«
»Ich sagte nur, dass man es auf diese Entfernung nicht feststellen kann«, brummte Danner. »Abgesehen davon könnten es genauso gut Helrösser sein.«
»Was immer es ist, es ist weg, verschwunden im Dusterschlund«, rief König Aurion in neuerlicher hilfloser Enttäuschung, weil er die Düsternis nicht durchdringen konnte. »Ach!« Er schlug mit der Faust auf den Stein. Dann beherrschte er seinen Zorn, drehte sich zu Argo um und befahl: »Gebt die Nachricht an Euer Volk weiter. Sie sollen den Rand der Dunkelheit nach diesem und anderen Zeichen absuchen. Vielleicht sieht irgendein Waerling, was wir nicht sehen konnten, und dann werden wir wissen, ob es gut oder schlecht für uns ist.« Bum!
Als Tuck müde in sein Bett im Vorzimmer des
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