Mithgar 10 - Die schwarze Flut
Rukhs und stoben in Richtung Süden davon. Geschwind liefen sie, als folgten sie der Welle des Dusterschlunds, der das ferne Land verschlang. Zuletzt entschwanden ihre schwarzen Gestalten dem Blick der Wurrlinge, und die Untiere ließen Horde und Festung weit hinter sich. Und noch immer umrundete die Schar den Berg, um an der anderen Seite der Wälle wieder zusammenzuströmen.
Dann hämmerte die große Trommel noch einmal laut: BUM! BUM! BUM!, und verstummte.
Die Horde kam stockend zum Stehen, der Feste Challerain zugewandt, und als einziges Geräusch war der Wind zu hören, der durch die Zinnen der belagerten Bergstadt pfiff. Eine Stunde verging, dann noch eine, und noch immer stand die Horde unbeweglich mit den Gesichtern zur Feste. Auf den Wällen lief der König auf und ab wie ein Löwe im Käfig, immer wieder hielt er an, um lange auf den schweigenden Feind hinabzublicken, bevor er weiterlief. Schließlich rief er Vidron und Gildor zu sich, und sie unterhielten sich leise. Nach einer Weile bat er Patrel hinzu. Tuck, der in der Nähe stand, hörte die Worte des Königs. »Hauptmann Patrel, wir müssen das scharfe Sehvermögen der Waerlinga gleichmäßig auf meine Truppen verteilen, denn nur die merkwürdigen Edelsteinaugen Eures Volkes vermögen über einige Entfernung durch diese Düsternis zu sehen. Und auch wenn es bedeutet, dass Verwandte, Freunde, Stammesgenossen voneinander getrennt werden, muss ich dennoch verlangen, dass sich sämtliche Waerlinga an die Seite meiner Hauptleute stellen, mit einer Ausnahme: Ich wünsche, dass Ihr und Eure beiden Leutnants bei mir bleibt und an meinem Kriegsrat teilnehmt, denn wir werden Euch drei brauchen, damit Ihr uns als weitblickende Augen während der langen Tage dient, die vor uns liegen.«
Und so kam es, dass die Wurrlingskompanie des Königs auf die Armeen der Feste Challerain verteilt wurde und Tuck, Danner und Patrel sich dem Kriegsrat des Hochkönigs anschlossen. Doch wie es der König schon vorausgesehen hatte, fühlte sich das Kleine Volk zwar geehrt durch die besondere Rolle, die ihnen Aurion Rotaug zuwies, litt aber dennoch unter der Auflösung der Kompanie. Und Tuck war von dem Gefühl beherrscht, dass er die Jungbokker seiner Gruppe irgendwie im Stich ließ oder von ihnen verlassen wurde. Er empfand außerdem Schuldgefühle, weil er, Danner und Patrel möglicherweise beisammenblieben, während alle anderen allein unter Fremden sein würden, mit dem einzigen Trost, dass sich alle noch in der Feste Challerain befanden und sich von Zeit zu Zeit sehen konnten.
Fürst Gildor wandte sich an Patrel. »Hauptmann, wenn Ihr mein scharfsichtiger Kamerad sein wollt, dann werde ich Euch das Harfenspiel beibringen, während Ihr mir zeigt, wie man mit einer Laute umgeht.« Patreis Züge dehnten sich zu einem breiten Lächeln, und er nahm das Angebot des Elfen an, indem er den Kopf senkte. König Aurion sah Marschall Vidron eindringlich an, als dieser bat: »Majestät, ich würde mich freuen, wenn Leutnant Danner an meiner Seite durch die Schwärze spähen würde.« Auf ein Nicken des Königs hin marschierte Vidron in Richtung Südwall, um sich auf die Suche nach Danner zu machen.
Und so geschah es, dass Tuck die Ehre zuteil wurde, seine weitsichtigen Augen in den Dienst des Hochkönigs zu stellen. »Kommt, kleiner Freund, begleitet mich, während ich Sturmwind in den Stall zurückbringe; Ihr könnt Fürst Gildors Leichtfuß führen«, sagte Aurion, worauf er und Tuck zu den Pferden hinabgingen, während Patrel und Gildor auf den Wällen zurückblieben.
»Majestät«, rief ein atemloser Herold, »Fürst Gildor sendet Nachricht: An der östlichen Flanke ist etwas im Gange.«
»Herr Tuck!«, rief der König, und der Jungbokker huschte aus der Box, in der sein graues Pony untergebracht war, eine Striegelbürste in der Hand. »Sputet Euch, wir gehen zum Ostwall«, bellte Aurion, und Tuck fuhr herum, legte die Bürste weg und griff nach seinem Mantel. Der Wurrling musste rennen, um den König einzuholen, der mit raschen Schritten den Hof überquerte. Dann ging es eine Rampe hinauf, zum mittleren Bereich des östlichen Bollwerks. Dort standen bereits Gildor und Patrel, während sich Danner und Vidron von Süden näherten. »Da«, sagte Gildor.
Tuck sah einen großen Trupp Ghule, Hlöks und Rukhs im Osten, die nach Süden marschierten. Weit entfernt waren sie, gerade noch innerhalb der Sichtweite Gildors, und von ihrer fernen Wanderung drang kein Geräusch bis zu den
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