Mithgar 13 - Zwergenzorn
Zwerge nicht auf Pferden reiten. Sicher wisst Ihr auch noch, wie Anval in der Wurzel zu mir gesagt hat, dass sein Volk mehr Verstand hätte, als aufrichtige Pferde zu klettern – aber sie benutzen die großen Pferde durchaus, was zeigt, dass sie sich nicht vor ihnen fürchten, aber sie reiten eben nicht auf ihnen. Je nun, ich frage Euch, wenn sie das nicht tun, warum wimmelt es dann auf dem silbernen Horn von Zwergen, die auf galoppierenden Pferden reiten?«
Natürlich wusste Perry keine Antwort auf Zwirns Frage. Er wusste, dass die Tiere auf dem Horn Pferde und keine Ponys waren, aber er hatte auch immer geglaubt, die Reiter seien, obschon klein in Relation zu den Pferden, eben doch Menschen. Perry war erpicht darauf, bei der nächsten Gelegenheit das Horn selbst eingehend in Augenschein zu nehmen.
Sie sammelten den Rest des Feuerholzes schweigend und hatten bald beide eine ausreichende Ladung beisammen. Auf dem Rückweg trat Zwirn, der ein gewaltiges Reisigbündel zusammengetragen hatte, in ein Erdloch und fiel der Länge nach auf den Boden, wobei sein Reisig in alle Richtungen flog. »Uff!«, grunzte er, als er auf den Boden fiel und im tiefen Gras zu verschwinden schien.
»Zwirn!«, rief Perry. »Wo bist du?«
»Ich bin hier unten, Herr Perry«, antwortete Zwirn. »Ich bin in ein Loch getreten. Das war so, wie wenn man noch einen Schritt auf der Treppe macht, obwohl sie längst zu Ende ist… oder vielmehr war es so, wie wenn man keinen Schritt mehr auf der Treppe macht, obwohl sie noch nicht zu Ende ist. Donnerwetter! Ich habe mein Holz wieder im ganzen Wald verstreut.«
Als Perry sah, dass Zwirn unverletzt war, fing er an zu lachen und beschrieb Zwirn seinen Anblick. Zwirn stimmte in das Gelächter ein, und ihre ernste Stimmung wegen des Horns von Valon war wie weggeblasen. Fröhlich sammelten sie das verlorene Holz wieder ein, wobei sie die Last diesmal gleichmäßig verteilten, und kehrten gerade rechtzeitig zum Tee ins Lager zurück.
Es war ein langer Tag gewesen, und die beiden Wurrlinge wurden rasch schläfrig. Sie rollten ihre Schlafsäcke aus und waren kurze Zeit später an der frischen Luft eingeschlafen. Anval und Borin legten sich ebenfalls hin, sodass nur noch Fürst Kian auf einem Holzklotz am Rande des Feuerscheins saß und mit seinem scharfen Messer an einem Stück Holz herumschnitzte, denn die Reisenden hatten beschlossen, eine Wache aufzustellen, obwohl sie Hunderte von Meilen und viele Tage von der Gefahr entfernt waren.
Perry war spät in der Nacht an der Reihe. Er war Wachdienst nicht gewöhnt und stellte bald fest, dass ihm immer wieder die Lider zufielen. Um sich wach zu halten, schlenderte er um das Lager herum und hielt ab und zu inne, um Holz ins Feuer zulegen. Dabei summte er leise das Lied der Nachtwache vor sich hin, denn jetzt verstand er es wahrhaftig.
Die Flammen, sie flackern, die Schatten, sie tanzen.
Am Himmel stehen die Sterne so hell
Für jene, die gemütlich im Bett liegen und schlafen
Rückt der Morgen näher und vergeht die Nacht schnell
Für jemand auf Wache auf seiner Runde,
Der aufmerksam bleiben muss und wach,
Vergeht die Nacht langsam, folgt doch
Für ihn immer noch eine Runde hernach.
Auf diese Weise vertrieb er sich die Zeit, während die Sterne über das Himmelszelt wanderten. Schließlich weckte er Anval, der nach ihm an der Reihe war.
Perry legte seinen Elfenumhang ab, faltete ihn zu einem Kopfkissen zusammen und kroch schläfrig ins Bett zurück, wo er langsam eindöste, als seine Gedanken zu Zwirns Enthüllungen in Bezug auf das Reichshorn zurückkehrten. Den Rest der Nacht waren Perrys Träume von Tausenden von Pferden ausgefüllt, die endlos über offenes Land donnerten und deren stampfende Hufe die Erde erzittern ließen. Und auf dem Rücken jedes Pferds ritt ein Zwerg.
7
Schwerter aus Hickoryholz
Kurz vor Morgengrauen entfachte Zwirn, der die letzte Wache hatte, die erlöschende Glut des Feuers neu und legte mehr Holz nach. Er futterte die Pferde und setzte eine Kanne Tee auf. Als das Gebräu fertig war, weckte er die anderen. Während das Land langsam in Tageslicht getaucht wurde, stolperte Perry zu dem kristallklaren Bach und spritzte sich Wasser über Gesicht, Hände und Nacken, wobei er laut schnaufte, als das eisige Nass ihn endgültig aufweckte. »Herrje, ist das kalt!«, rief er. Dann ging er ins Lager zurück und wärmte sich an einer heißen Tasse Tee.
Obwohl es noch keinen Herbstfrost gab, war der Morgen
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