Mithgar 14 - Zwergenmacht
Sterne auf, und die Arbeit nahm immer noch kein Ende. Zeit verstrich, und Rand gesellte sich zu dem Wurrling. »In nur drei Stunden wird die Nacht am tiefsten sein«, bemerkte der Mensch mit einem Blick auf die Sterne.
Sie schauten weiterhin schweigend der Arbeit zu, da jeder in seine eigenen Gedanken und Überlegungen vertieft war. Farlon kam und setzte sich zu ihnen, sagte aber nichts, da er ebenfalls den Himmel betrachtete und die Zeit schätzte. Kurz darauf ertönte jedoch Jubel an der Großen Wand, und Zwirn sprang auf. »Sie sind fertig!«, rief er. »Sie müssen fertig sein! Seht, das Licht zeigt, dass nur noch ein paar Brocken übrig sind, und die werden gerade in den schwarzen Krater gerollt.«
Die drei Gefährten sahen weiter zu, und bald wanderten die Laternen nach Norden, als Arbeiter und Pferde ins Lager zurückkehrten. Schließlich erreichte sie die Nachricht: die Arbeit war tatsächlich abgeschlossen – das gewaltige Werk getan. Durek kam lächelnd mit einer Laterne in der Hand auf den geborstenen Damm. »Nun, Freund Zwirn«, brummte er, »wir hatten Erfolg, und es bleiben immer noch zwei Stunden.«
Durek rief einen Herold zu sich und sprach mit ihm. Der Herold trat an den Rand des Abgrunds, hob ein goldenes Horn an die Lippen und blies ein Signal, das durch das gesamte Tal hallte. Jeder, der es hörte, sprang auf und griff nach seiner Waffe. Obwohl Zwirn neben König Durek stand, stellte der Wurrling fest, dass er selbst das Heft seiner Atalar-Klinge berührte, so zwingend war der Ruf des Kriegshorns zu den Waffen.
Farlon hob sein eigenes schwarzes Ochsenhorn an die Lippen, und ein gebieterischer Ruf erklang. Wieder spürte Zwirn sein Herz klopfen und sein Blut wallen, und sein Blick huschte verwundert von Dureks goldenem Kriegshorn zu Farlons schwarzem Ochsenhorn. Er schaute auf das silberne Horn des Reichs, das an dem grünen und weißen Gehenk über seiner Schulter hing, und erinnerte sich an seinen herzerfrischenden Klang. Der Ruf dieser drei Hörner schien unwiderstehlich zu sein, obwohl ihr Klang ganz verschieden war.
Auch Zwirn verspürte den Drang, sein Horn – das silberne Horn des Reichs – erschallen zu lassen, und seine Hand schloss sich darum. Doch er beherrschte sich und ließ es, wo es war, denn er wusste, welches Entsetzen dieser Gegenstand bei den Zwergen hervorrief.
Doch andere Klänge ertönten, da Dureks und Farlons Rufe vom Jubel der Zwerge und dem Klirren von Äxten auf Schilden beantwortet wurden, das rasch zu einem lärmenden, rhythmischen Hämmern von Stahl auf Bronze anschwoll.
Zwirns Mut wuchs, während das Ragad-Tal unter dem Gehämmer und den grimmigen Kriegsrufen der Châkka erbebte, und all das wurde von dem goldenen Klang von Dureks mächtigem Kriegshorn übertönt.
Die Zwerge der Armee folgten dem goldenen Ruf, denn es war der Sammelruf ihres Königs. Ihre Herzen schlugen wild, und sie brüllten und reckten ihre Waffen in den Himmel. Als das lärmende Heer sich auf den Seiten des Tals in der Nähe der Wächterfälle versammelt hatte, brach ein lauter, stolzer Aufschrei aus den Reihen der Legion hervor, als über ihnen Durek an den Rand des Abgrunds trat.
Das Licht der Laternen erfüllte das Tal vor dem Zwergenkönig, und er war in ihren blaugrünen Schein gehüllt. Der Mond war voll und der Sternring auf seinem schwarzen Kettenhemd funkelte silbrig. Neben ihm schimmerte hell das über den Rand stürzende Wasser. Seine schwarzen und silbernen Locken quollen unter seinem Helm hervor, und sein gegabelter Bart glänzte. Er hielt seine Axt mit der Silberon-Schneide in der rechten Hand, und die Klinge funkelte. Durek sah plötzlich größer aus, als er eigentlich war, denn er wirkte wahrhaft königlich.
Er hob die Arme und als Ruhe eintrat, redete er. Und obwohl er seine raue Stimme nicht zu heben schien, hörte ihn doch das ganze Heer: »Wir stehen bereit, in unsere rechtmäßige Heimat einzudringen und die Eroberer daraus zu vertreiben. Diesem uralten Feind haben wir schon viele Male im Kampf gegenübergestanden, und noch nie haben wir eine Niederlage hinnehmen müssen. Doch hört gut zu: Ich will damit nicht sagen, dass die Grg ein leichter Gegner sind. Ganz im Gegenteil, sie sind böse und verschlagen, und jede Schlacht war bisher ein gewaltiges Ringen mit ungewissem Ausgang. Aber wir haben sie in den Vergeltungskriegen besiegt. Wir haben die Grg erneut in der Schlacht am Vorvor geschlagen. Und wir haben sie auch im Großen Krieg und im Winterkrieg besiegt.
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