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Mithgar 15 - Drachenbann

Mithgar 15 - Drachenbann

Titel: Mithgar 15 - Drachenbann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis L. McKiernan
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der Entfernung, die sie bis zum Horizont ausmachten, etwa fünfzig Meilen pro Tag zurücklegen konnten, und das über einen längeren Zeitraum. Dann lachte sie. »Ich bin froh, dass Ihr die Horizonte von Menschen meint, und nicht die von Wurrlingen, sonst würden wir doppelt so lange brauchen.« Also beschlossen sie, die Reise im letzten Wintermonat anzutreten, drei Wochen vor dem Frühlingstag. Damit gewährten sie sich sieben Tage Zeit für Verzögerungen durch Stürme oder andere unvorhergesehene Zwischenfälle. Sollte die Reise jedoch rasch vonstatten gehen, mussten sie nur eine Woche in dem Kloster warten, bis der Frühling kam. Natürlich wusste niemand, wann genau sich die Prophezeiung erfüllen würde. Aravan meinte jedoch: »Das Auge des Jägers wird nicht vor dem Frühling über den Himmel ziehen. Es erscheint zwanzig Nächte vor dem Frühlingstag und wird in jeder Nacht größer und heller. Dann kommt die Sonnenwende, und der Bote zieht noch zwanzig Nächte seine Bahn. Er steht auch tagsüber am Himmel, ist vor der Sonne jedoch nicht zu sehen; wohin er anschließend geht, weiß niemand, weil man es nicht sehen kann, aber er wird gewiss wieder dorthin zurückwandern, woher er gekommen ist, und während der Jahrtausende da bleiben, bis es erneut Zeit für ihn wird, sein Verderben zu bringen. Falls die Weissagung also stimmt, sollten wir zwanzig bis höchstens dreißig Tage auf dem Gletscher verbringen, mehr nicht. Wenn das Auge des Jägers nicht mehr sichtbar ist, können die Schlittenführer aus ihrem sicheren Versteck zurückkehren und uns abholen.«
    So schmiedeten sie in diesen langen, eisigen Nächten ihre Pläne, in denen der Schnee über das Land fegte und der Nordwind seine Wut herausheulte.
    Doch es gab auch andere Nächte, in denen der Wind nicht wütete und der Himmel klar war, und Spektrallichter das Firmament in Farben tauchten. In diesen Nächten, wenn das geisterhafte Licht über ihnen leuchtete, glitten Faerils Gedanken immer wieder zu dem rätselhaften Kristall in seinem Seidentuch in der Eisenschatulle. Sie gab der Versuchung jedoch nicht nach, sondern ließ den Stein sicher verwahrt.
    In einer dieser Nächte am Nordmeer, als die vier draußen standen und den roten Himmel bewunderten, sang Aravan ein uraltes Lied der Fjordlander, eines, das sie schon so lange sangen, seit ihre Drachenschiffe die Meere berühren.
     
    »In den langen und eisigen Nächten des Winters,
    Wenn sich die Himmel rot färben,
    Menschen ihre Träume träumen
    Und ihre Ränke schmieden
    Von Vergeltung für die Toten,
    Von großen, wagemutigen Taten,
    Von Waffengängen und großem Geschick,
    Von Gold und Silber, das sie gewinnen
    Mit jedem einzelnen Mord …
    Ja, das sind die Nächte, welche die Frauen fürchten,
    In denen ihre Herzen kalt vor Angst werden -
    Um ihre Männer, die ihre Träume träumen
    Und ihre Ränke schmieden …
    Wenn sich die Himmel über ihnen rot färben.«
     
    Der bittere Winter neigte sich langsam zum Frühling, die Lange Nacht ging schließlich zu Ende, die Sonne kehrte zurück, und die langen, langen Nächte danach wurden allmählich kürzer. Mit der Rückkehr der Sonne hob sich auch die Stimmung, und jeder Tag wurde ein wenig länger, wenn die Sonne Stück für Stück in den südlichen Himmel klomm. Faeril, Gwylly, Riatha und Aravan lernten weiter von ihren Gastgebern, den Aleutani, sie entdeckten, dass dieses Volk allein für Schnee hundert Namen hatte, wenngleich auch keiner der vier versuchte, sich diese lange Liste einzuprägen.
    Der Frühling kam jetzt rascher, und schließlich brach auch ihr letzter Tag in dem Dorf an; am nächsten Morgen würden sie abreisen. Doch eine ältere Seherin machte eine Voraussage, indem sie geschnitzte, elfenbeinerne Stücke in eine Schale warf; sie schüttelte den Kopf und meinte, die Knochen sagten einen Sturm voraus und niemand könnte in den nächsten Tagen fortgehen.
    In der finsteren Nacht fegte tatsächlich ein wütender Sturm vom Nordmeer heran und verwüstete das Land. Der Schneesturm war so ungeheuer wild, dass es Selbstmord gewesen wäre, jetzt aufzubrechen. Also warteten sie ungeduldig, während der Schneesturm tobte. Wind und Schnee und Eis tosten sieben Tage und sieben Nächte lang durch die Täler und über die jenseitige Einöde. Sieben Tage und Nächte lang marschierten Riatha, Aravan, Faeril und Gwylly ungeduldig über den Lehmboden ihrer Hütte, sprachen davon, dass ihre Pläne gescheitert waren, überprüften immer wieder ihre Vorräte,

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