Mithgar 16 - Drachenmacht
Feuerberg einschüchtern lassen. Zufrieden damit, wie er seinen Mut demonstriert hatte, ließ er, sich wieder auf die Vorderläufe fallen und schwang seinen Kopf zu dem kleinen Zweibeiner zurück, der mit dem Gesicht im Schnee lag. Whuff. Sein Schnaufen sollte bedeuten, dass er jetzt bereit war, den Weg fortzusetzen. Gwylly rappelte sich hoch und kletterte wieder auf sein höchst unberechenbares Reittier. Aravan lachte leise und amüsierte sich noch über das Verhalten des Bären, während die fünf ihren Weg fortsetzten.
In dieser Nacht lagerten sie in Sichtweite des Trümmerfeldes. Der Wind wehte den Gestank von Schwefel zu ihnen herüber. Ab und zu flammte, in der Dunkelheit gut sichtbar, blaues Feuer aus dem Krater hoch. »Das ist Kalgalaths Geistfeuer«, erklärte Riatha. »Man sagt, dass sich an jedem Frühlingstag Kalgalaths Geist aus dem Feuer erhebt und zum Himmel hinauffliegt, bis er nicht mehr zu sehen ist, nur um sich anschließend in den Rachen des Feuerbergs zu stürzen. Damit rammt er den Kammerling in die Welt hinein und vernichtet den Drachenschlund bis auf diesen Hang im Osten.«
Wie eine zermalmte Hand erhob sich der Osthang in die Höhe, eine Felswand, die den Tod von Kalgalath irgendwie überstanden hatte. Denn hier hatte diesen gewaltigen Drachen sein Schicksal ereilt, durch die Hände von Elyn und Thork war der gewaltige Feuerdrache hinabgestürzt und hatte den Berg zerstört, in dem er hauste.
Immer noch bebte das Land, schüttelte sich hier am Grimmwall, und dies, obwohl der Feuerberg vor dreitausendvierhundert Jahren explodiert war. Hier war das Epizentrum des Bebens, der Drachenschlund, wie Riatha sagte: »Bis zu diesem Tage erinnert sich die Erde an diese verheerende Katastrophe, das gewaltige Malmen, wie sich eine Glocke an ihren Schlag erinnert.«
Dass dieses Gebiet so lange von Erdstößen heimgesucht wurde, war an sich bereits ein Mysterium, wie Riatha erneut anmerkte: »Die Geschichtenweber meinen, die Utruni, die Steingiganten, waren bei Kalgalaths Tod hier und sind bis zum heutigen Tag hiergeblieben. Und doch ist seit diesem Augenblick das Land unsicher geworden und hat immer wieder gebebt. Das ist ein Rätsel: Denn die Utruni gestalten das Land, erheben die Berge und schneiden die Täler. Und mit ihrer Arbeit versuchen sie, die Erde zu besänftigen, das Beben der Welt zu lindern, es gar zu ersticken. Dennoch, hier lassen die Utruni das Land beben, obwohl mittlerweile beinahe dreitausendvierhundert Jahre verstrichen sind.
Es scheint fast, als warteten sie darauf, dass etwas geschehe …«
Die fünf marschierten über dieses bebende Land, an dem Feuer, dem Schwefel und der geschmolzenen Lava vorbei, sowie an den Felsen, die aufgeworfen worden waren, dem kochenden Gestank, vorbei auch an der zerstörten Ruine des Drachenschlundes, an jenem Ort, der in so vielen Liedern von Barden besungen wird. Etwa eine Woche lang beherrschte der zerstörte Feuerberg die Landschaft, zuerst vor ihnen, dann rechts von ihnen, bis er allmählich zwischen den Bergen hinter ihnen verschwand. Langsam nahmen sie Kurs nach Südwesten, zur Ortschaft Inge, die am Südhang des Grimmwall lag, wo sie einige Tage verschnaufen wollten und hofften, Pferde für ihre Reise nach Süden zu finden.
Als sie das Gebirge verließen, hielt der Frühling Einzug, Schmelzwasser floss zu Tal, Wasserfälle rieselten, Pflanzen grünten. Hier und da zeigten sich bereits die ersten Blumen, deren Blüten der Kälte trotzten. Und wo der Schnee ganz geschmolzen war, wuchs bereits Getreide.
Gwyllys Genesung machte ebenfalls Fortschritte, und mittlerweile konnte er weite Strecken allein gehen. Der Bär lief an seiner einen Seite, Faeril an der anderen.
Sie kamen durch einen Wald. Der Bär witterte und stieß dann die Luft aus. Gwylly hatte gelernt, was das bedeutete: Er sollte ihm folgen. Der Bär führte die beiden Kleinen zu einem großen Baumstamm und rollte ihn mit einer lässigen Bewegung seiner Pranke zur Seite. Darunter wimmelte es in der fruchtbaren Erde, die plötzlich der Sonne ausgesetzt war, von Leben. Überall krabbelten Käfer herum, wanden sich weiße Maden. Der Bär labte sich an diesem köstlichen Mahl, hielt nur einmal kurz inne und sah die beiden Kleinen an: ohne Zweifel eine Einladung zum Essen. Die Wurrlinge lehnten höflich, aber bestimmt ab.
Im Lager hörten Gwylly und Faeril zu, als Riatha und Aravan Urus weiter vom Lauf der Geschichte berichteten. Sie erzählten von der Zerstörung Rwns; vom Großen
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