Mithgar 17 - Drachenbund
Wüste Karoo enthielt der Kristall diesen Falken. Wie er jedoch so tief in den klaren Edelstein hatte eingraviert werden können, vermochte niemand zu sagen. Faeril schätzte den Stein sehr, doch da er ihr von den Elfen vom Ardental geschenkt worden war, hielt sie es nur für angemessen, ihn an Riathas Kind weiterzugeben.
Warum sich die Damman bei der Kette für Platin entschied, nicht für Gold, Silber oder Sternensilber, konnte sie selbst nicht sagen. Doch als sie das Material berührte, wusste sie, dass es dieses Edelmetall sein musste. Während sie das Schmuckstück anfertigte, ging ihr immer wieder etwas im Kopf herum, ein Gedanke, den sie nicht fassen konnte, der sich ihr immer wieder entzog. Sie erhaschte von fern einen Blick auf ihn, konnte ihn jedoch nie erkennen. Doch an dem Tag, da sie ihr Kunstwerk vollendete - Kette und Kristall, mit dem zum Flug ansetzenden Falken darin, in der Sonne funkelnd, hallte plötzlich etwas in ihrem Bewusstsein wider, Worte, die Dodona im Ring des Kandra- Holzes zu ihr gesagt hatte. Du reist mit einer, welche die Hoffnung der Welt in sich tragen wird, und sie ist dessen würdig.
Überwältigt von diesem Gedanken ließ sich Faeril auf einen Schemel sinken und starrte den Kristall in ihrer Hand an. Konnte Dodona das gemeint haben? Dass Riatha ein Kind gebären wird, welches die Hoffnung der Welt ist?
Aber sie erinnerte sich auch noch sehr gut an etwas, das Aravan gesagt hatte: »Weissagungen sind häufig subtil … und auch tückisch. So mögt Ihr wähnen, dass sie das eine meinen, obwohl sie etwas vollkommen anderes bedeuten.«
Faeril behielt ihre Überlegungen jedoch für sich, weil sie länger über Dodonas Worte nachdenken wollte, bevor sie ihre Einsicht mit jemandem teilte. Häufig jedoch blickte sie in den klaren Kristall und betrachtete den Vogel darin.
Und als wäre ein Damm gebrochen, so strömten jetzt Visionen und Sätze auf ihren Geist ein, da sie sich an ihre erste, gefährliche Reise in die Tiefen dieses durchsichtigen Steins erinnerte. Das war eine Reise, die sie an einem warmen Frühlingsabend vor mehr als sieben Jahren unternommen hatte, als sie im Licht des Mondes im Ardental gesessen und in den Kristall in ihrer Hand gestarrt hatte; sie war ohne Warnung in die glitzernde Sphäre gestürzt.
Plötzlich sah sie eine Elfe, Riatha? Das wusste sie nicht. Hinter ihr stand ein großer Mensch, ein Mann. Ihnen folgte ein Reiter - Mann oder Elf? -, dem ein Falke auf der Schulter saß, und in dessen Händen etwas funkelte.
Sie schrie Worte auf Twyll, der uralten Sprache der Wurrlinge, Worte, die bedeuteten:
»Reiter der Unmöglichkeit,
Ein Kind desselben,
Sucher, Forscher, wird er sein
Ein Reisenderzwischen den Ebenen.«
Noch nachdem die Kette fertig geschmiedet und der Kristallanhänger daran befestigt war, kehrten Faerils Gedanken immer wieder zu diesen Bildern zurück, zu diesen Worten, zu dieser Weissagung:
Reiter der Unmöglichkeit, ein Kind desselben.
Kind desselben… Desselben…
Reiter der Unmöglichkeit…
Kind der Unmöglichkeit?
Riathas Kind: das unmögliche Kind?
Faerils Herz hämmerte fast schmerzhaft in ihrer Brust. Ist es das? Riathas Kind wäre das unmögliche Kind? Ein Suchender, Forschender, wird er der Reisende zwischen den Ebenen sein!
Wenn das so ist, ja dann, meiner Treu …
Faeril schwindelte, während sie eine Kanne Tee zubereitete. Und dann saß sie da, ohne davon zu trinken, sie ließ ihn kalt werden, in ihre Gedanken versunken, verloren in all den Möglichkeiten.
Ein Falke, der auf seiner Schulter saß, und etwas Funkelndes in seinen Händen …? Faeril hob die Kette mit dem Anhänger hoch, dem Kristall, der sie auf vielen ihrer Reisen durch Mithgar begleitet hatte, und betrachtete das Bildnis des Falken darin. Hat dieser Falke etwas mit dem Falken auf seiner Schulter zu tun?
Wieder klangen ihr Aravans Worte in den Ohren: »Weissagungen sind häufig subtil … und auch tückisch. So mögt Ihr wähnen, dass sie das eine meinen, obwohl sie etwas vollkommen anderes bedeuten.«
Am neunten Tag des Monats Oktober im Jahre 5E993 wurde Riatha, in einer Kammer, in der sich neugierige Darai drängten, nach scheinbar mühelosen Wehen von einem Knaben entbunden. Faeril blieb während der Geburt an ihrer Seite. Die Hebamme Yselle und zwei ausgesuchte Elfen halfen.
Nachdem sie die Nabelschnur durchtrennt und das Kind gewaschen hatten, übertrugen sie Faeril die Ehre, den krähenden Neugeborenen zu Urus zu
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