Mithgar 17 - Drachenbund
bringen, der wie ein Bär in einem Gehege vor der Kammer herumlief. Als sie ihm seinen Sohn reichte, nahm der Hüne das winzige Kind in seine gewaltigen Arme, so sanft wie ein Lufthauch. Urus hob die weiche Decke, die das Kind umhüllte, und betrachtete lange Zeit seinen Sohn. Das kleine Gesicht war zu einer brüllenden Grimasse verzerrt. Da drehte sich der Baeron zu Inarion herum und erklärte: »Sieht ein wenig elfisch aus und auch ein wenig menschlich, aber er brüllt wie ein neugeborener Bär.«
Sie traten gemeinsam auf die Veranda der Großen Halle, vor der sich alle versammelt hatten, und Urus hob das Kind empor, zu dem Neuen Mond, der in den Armen des alten lag. »Am heutigen Tag hat sich ein Wunder ereignet!«, rief er den Versammelten zu, »denn heute hat Riatha ein Kind zur Welt gebracht. Unser Sohn ist geboren!«
Ein Schrei aus zahllosen Kehlen erhob sich wie ein Donnerhall in den Himmel hinauf.
Die Feierlichkeiten dauerten bis spät in die Nacht. Wein floss in Strömen, Freudenschreie und Gelächter erfüllten die Nacht, es wurde getanzt, gegessen und getrunken, Barden sangen und erzählten Geschichten…
In eben dieser Nacht legte jemand einen wundervoll gemeißelten Steinring neben das Kind, in den ein schwarzer Edelstein eingelassen war. Er war groß genug, um auf den Finger eines Mannes zu passen. Wer auch immer ihn dorthin gelegt hatte, er war unbemerkt herein- und herausgekommen. Wer es war? Das wusste niemand. Aber in dieser Nacht hörten die Feiernden auch Füchse, die im Wald bellten und kläfften.
Aravan traf am nächsten Tag ein. Der große, schlanke, schwarzhaarige Elf kam aus dem Süden und brachte ein wahrlich angemessenes Geschenk mit. Einen goldverzierten, aber winzigen Pfeil unter Glas, der stets nach Norden zeigte.
Am selben Tag wurde auf der Lichtung der Feierlichkeiten die elfische Zeremonie der Namensgebung abgehalten, die Inarion leitete. Der ElfenLord sprach in Sylva. Und zu diesem Sakrament waren alle Bewohner des Tales eingeladen, denn keiner hatte seit mehr als fünftausend Jahren die Worte des Ritus vernommen.
Inarion sprenkelte kristallklares Wasser auf die Stirn des Neugeborenen und intonierte: »Wasser!« Dann tupfte er die winzigen Füße und Hände des Kindes in saubere Erde, die in einer irdenen Schale dort stand. »Erde!« Und er fächerte mit einem Lorbeerzweig den duftenden Rauch von brennendem Greisenholz über das Kind: »Lufl!« Anschließend beleuchtete er das Gesicht des schlafenden Kleinen mit dem Licht eines brennenden Eibenzweiges: »Feuer!« Und er legte einen Magneteisenstein auf die kleinen Hände und Füße, die Schläfen und das Herz. »Äther!«
Zuletzt drehte sich Inarion zu Riatha herum. »Und wie soll sein Name lauten?«
Riatha blickte erst zu Urus hinauf und dann auf das Kind. »Er soll lauten Bair.«
»Bair«, flüsterte Inarion erst in das rechte Ohr des Kindes, dann in sein linkes und wandte sich an die Versammelten. »Darai und Alors!«, verkündete Inarion. »Vom heutigen Tag an soll er Bair gerufen werden!«
»Alor Bair!«, dröhnte die Antwort über die Lichtung und durch das Tal, drei Mal.
Das Kind gähnte und wäre fast aufgewacht, schlief jedoch weiter. Und an dem Tag, seinem Namenstag, war Bair einen Tag alt. Doch sein Alter spielte keine Rolle, denn sein Leben hatte gerade erst begonnen.
3. Kapitel
WEISSAGUNGEN
Herbst, 5E993 (Sechzehn Jahre zuvor)
Eine Woche nach der Geburt von Blair suchte Aravan Faeril auf. Er fand sie auf einem Flecken mit den letzten Wildblumen des Sommers, hoch oben an den Ufern des Virfla, des Tumbel, dessen Wasser rauschten und Strudel bildeten, während der lebhafte Fluss einem fernen Meer zustrebte. Aravan setzte sich auf die Wiese und legte seinen Speer mit der Kristallspitze beiseite. »Ihr habt mich gerufen?«
Faeril hob ihren Blick von dem rauschenden Strom, richtete ihn auf den Elf und strich sich ihre einzelne, silberne Strähne aus der Stirn. Sie nickte nachdenklich, sagte jedoch nichts und starrte wieder ins Wasser.
Aravan blickte über den Fluss hinaus in den Himmel, an dem ein Falke hoch über dem hohen Gras kreiste. »Der Emir von Nizari ist tot«, sagte er schließlich.
Faerils Augen weiteten sich kurz, sie sagte jedoch immer noch nichts, sodass nur das Rauschen des Flusses und die fernen Schreie des Falken die Stille zwischen ihnen störte, während das allmählich verfliegende Aroma der verwelkenden Sommerblumen von einer nach Kiefern duftenden Brise vertrieben
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