Mittagessen Nebensache
haben sollte. Es handelt sich gar
nicht um Paul. Nur um mich.«
»Um dich?« stieß ich überrascht
und erleichtert aus. »Ja, was ist denn passiert?«
Aus den Augenwinkeln gewahrte
ich, daß Davids Schäkerei mit Dawn ein augenblickliches Ende fand. Er richtete
sich steil auf, dann trat er dicht neben mich und lauschte angespannt.
»Oh, eigentlich ist nichts besonderes passiert«, sagte Ruth zögernd. »Es ist mir
schrecklich peinlich, dich darum zu bitten — aber könntest du wohl zu mir
kommen? Ach, nicht jetzt, nicht mitten in der Nacht. Aber sobald es hell wird,
ja? Nein, mir geht es gut. Das heißt, ich bin weder verletzt, noch werde ich
belästigt... Aber ich brauche jemanden... Natürlich erst, wenn es hell wird.«
In diesem Augenblick wand David
mir den Hörer aus der Hand. »Ruth...? Hier David. Ich komme sofort. Hab keine
Angst, ich komme auf dem schnellsten Wege... «
Sie lachte nervös auf. »Ich
habe keine Angst, aber natürlich wäre ich froh, David, wenn du... Ich möchte
nur nicht, daß Susan in der Dunkelheit heruntergefahren kommt.«
Damit legte sie auf.
Einen Augenblick lang sahen wir
uns fragend an, dann sagte
David mit rauher Stimme: »Wir haben jetzt keine Zeit, hier herumzustehen. Ich fahre los. Mit
euch beiden ist doch alles in Ordnung?«
»Darling, welch eine Chance für
dich«, spöttelte Dawn. »Der Ritter eilt von hinnen, um seine Dame zu
beschützen. Natürlich ist mit Susan und mir alles in Ordnung. Und wenn nicht,
spielt das wirklich eine Rolle?«
David gab keine Antwort,
sondern machte auf dem Absatz kehrt. Aber ehe er noch an der Tür war, stand ich
neben ihm. »Ich komme mit. Dawn macht es sicher nichts aus, allein zu bleiben.
Ich weiß nicht, was los ist, aber vielleicht braucht Ruth mich. Ich könnte
jetzt nicht ruhig zu Hause bleiben. Einverstanden, Dawn?«
Ihr Lachen klang etwas spröde.
»Aber, liebste Susan, schließlich kann Ruth nicht allein die Heroine spielen.
Fahrt nur zu! Ich gehe getrost zu Bett. Ich kann mir nämlich beim besten Willen
nicht vorstellen, daß Ruth von einem zudringlichen Kerl belästigt wird.
Wahrscheinlich stimmt die Ladenkasse nicht.«
David stieß ein unwilliges
Knurren aus, und ich nahm schnell meinen Mantel und folgte ihm. Es war eine
klare Nacht, mit einem sternenübersäten Himmel. Während der Fahrt sprachen wir
kein Wort. David saß mit verbissenem Gesicht hinter dem Steuer und ging trotz
der gefährlichen Haarnadelkurven kaum einmal unter sechzig herunter. In
Rekordzeit hatten wir Tiri erreicht.
Zu unserer Überraschung lag
Ruths Zimmer im Dunkeln, obwohl von dort seltsame Geräusche herüberdrangen.
Versuchte da jemand, die Eisenstangen vor dem Fenster herauszubrechen? In Tantchens Zimmer brannte Licht. David riß die Tür auf und
stürmte hinein.
Ruth saß da, anscheinend gesund
und unversehrt, aber in einer etwas seltsamen Aufmachung: Über dem Schlafanzug
trug sie einen alten Mantel von Tantchen . David
packte sie an den Schultern. »Ist wirklich alles in Ordnung?«
»Völlig«, antwortete sie, aber
ich hörte sie zum erstenmal hysterisch auflachen.
»Nur — ich möchte zu gern ins Bett, kann aber nicht, weil ein Mann in meinem
Zimmer ist.«
David und ich starrten uns
wortlos an. »Ein Mann...?« wiederholte er leise. »Was für ein Mann?«
Ruth lachte erneut, worauf
David sie wild an den Schultern rüttelte.
»Ihr werdet sterben vor
Lachen«, brachte sie endlich heraus. »Es ist Jock Richards.«
Das verschlug uns die Sprache.
Selbst David vermochte sich Jock Richards beim besten
Willen nicht als stürmischen Liebhaber vorzustellen. Es war allgemein bekannt,
daß unser unsympathischer Nachbar sehr an seiner Frau hing. Ein völlig
ungefährlicher Mann, wenn man von seine Diebereien absah.
Ruth riß sich endlich zusammen.
»Ihr müßt wissen, daß er Quicky bei mir suchte.«
»Seinen Hund? Hör mal, weißt du
eigentlich, was du da redest?« David schien wirklich restlos um seine Fassung
gebracht. »Was soll denn dieser Krach in deinem Zimmer? Will er vielleicht die
Möbel kurz und klein schlagen?«
»Schon möglich. Zumindest wird
er versuchen, die Eisenstäbe vor dem Fenster herauszubrechen. Wir sollten also
lieber schnell machen. Heute nacht kratzte Quicky wieder an meine Tür. Ich stand auf, um sie
einzulassen, und in diesem Moment bildete ich mir ein, das Telefon habe
geklingelt. Ich ging also ins Büro und ließ meine Tür offen. Quicky folgte mir... «
»Wo ist der Hund jetzt?« warf
ich idiotischerweise
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