Mittagessen Nebensache
wissen, daß sich hinter ihren bissigen Worten wirkliche Anteilnahme verbarg. »Das sieht Tantchen wieder einmal ähnlich«, murmelte sie auf der Heimfahrt. »Da halst sie sich auch noch diesen Haufen Kinder auf, obwohl sie zusammen mit Ruth schon alle Hände voll zu tun hat. Ich habe ein ganz schlechtes Gewissen.«
»Ich ebenfalls. Schließlich könnte ich mich um die Kleinen kümmern.«
»Oder ich. Aber ich stehe einer solchen Unmenge Kinder wirklich hilflos gegenüber, und außerdem war ich auch erst ein einziges Mal bei den Hills im Haus.«
»Für mich ist es einfacher als für dich. Schließlich ist Dawn auch noch da. Es wird Zeit, daß sie einmal ernsthaft mit zupackt. Dann kann sie wenigstens nicht auf dumme Gedanken kommen.«
»Und vor allem wird sie unsere Hinterwäldleridylle restlos satt kriegen — Nein, Susan, ich werde mit Sam darüber sprechen. Ich sehe nicht ein, warum du immer die Leidtragende sein sollst.«
Diese Idee redete ich ihr aus. Meine häusliche Situation war im Augenblick tatsächlich einfacher als die ihre. Paul gab mir recht, und obwohl Dawn uns fassungslos anstarrte, gab er ihr nicht die geringste Chance, sich zu drücken.
»Nichts einfacher als das«, sagte Paul bedächtig. Er redete, wie alle Ehemänner unter gewissen Umständen zu reden pflegen. »Erfahrung...? Dazu braucht man keine Erfahrung, um einen Haushalt zu führen und ein Kind zu beaufsichtigen. Das bringt jeder fertig.«
Eine Feststellung also, die jede normale Ehefrau in die Luft gehen läßt. Aber ich biß die Zähne zusammen. »Wenn du gerade einmal weniger zu tun hast, kannst du ja Dawn etwas Arbeit abnehmen und dich um Christopher kümmern«, murmelte ich anzüglich.
Dawn stieß einen dramatischen Seufzer aus und warf Paul einen verführerischen Blick zu. »Meine Lieben, das ist ja eine verheerende Situation! Na ja, bei euch auf dem Lande muß wohl jeder von Zeit zu Zeit einmal eine Heldenrolle übernehmen, und jetzt ist die Reihe an mir... « Und mit einem unschuldsvollen Augenaufschlag fügte sie an mich gewendet hinzu: »Kannst du es denn überhaupt verantworten, mich mit deinem Mann allein zu lassen? Felicity würde ein solches Risiko niemals eingehen.«
Als wir später allein waren, blickte sie mich verdrießlich an. »Wirklich abscheulich hier auf dem Lande! Ich wußte von Anfang an, daß so was nicht mein Fall ist.«
»Tut mir leid, aber ich kann nichts daran ändern. Jedenfalls werden die nächsten Tage etwas anstrengender sein als ein Picknick.«
»Aber für dich erst...!« sagte sie plötzlich mit überraschender Anteilnahme. »Stell dir vor — eine ganze Stube voller ungezogener Kinder! Ich will jedenfalls mein Bestes tun, aber bleib um Himmels willen nicht zu lange weg.«
Miss Adams zeigte sich mit dieser Regelung einverstanden, obwohl sie anfänglich zu protestieren versuchte. »Ich hätte Ruth hinschicken sollen, aber da ich nun einmal damit angefangen habe, frei Haus zu liefern... Natürlich wird Mr. Hill sehr erleichtert sein, wenn Sie zu ihm kommen.«
»Würden Sie es ihm sagen? Bitte, ich kenne ihn ja kaum, und ich möchte nicht aufdringlich wirken. Sagen Sie ihm, daß ich morgen in aller Frühe unten bin.«
Der Abschied von Paul und Christopher fiel mir ziemlich schwer, aber in dem Augenblick, in dem ich das Haus der Hills betreten hatte, fand ich keine Zeit mehr, an die beiden zu denken. Der älteste Junge war sieben und ging bereits in die Schule, die fünfjährige Miriam war ein auffallend zartes Kind, dann gab es noch eine dreijährige Betty und einen achtzehn Monate alten Henry. Die beiden Jüngsten vermißten ihre Mutter sehr. Die Tatsache, daß Henry noch nicht stubenrein war, komplizierte meine Arbeit erheblich, aber im großen und ganzen machten mir die Kinder keine besonderen Schwierigkeiten.
Mr. Hill zeigte sich von einer rührenden Dankbarkeit. Ich gewann bald den Eindruck, daß er auch im Haushalt mit zuzupacken verstand. Als Milchfarmer mußte er allerdings den größten Teil des Tages draußen verbringen. Wenn er dann abends müde hereinkam, brachte ich es nicht übers Herz, ihn noch das Geschirr spülen oder die Kinder baden zu lassen.
Gleich am ersten Abend gestand er mir, die Krankheit seiner Frau habe eine bestimmte Ursache — sie erwarte wieder ein Baby. Ich hoffte, daß er mir mein Entsetzen nicht anmerkte.
»Es war ein Schlag für mich«, gab er offen zu. »Ich mache mir schon die heftigsten Vorwürfe. Doris liebt Kinder und hat nie gemurrt, aber Sie sehen ja,
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