Mittagessen Nebensache
Wetter mußte man ihnen natürlich Unterkünfte einrichten, und dort schlief unser Bounce gemütlich, während in seiner unmittelbaren Nähe drei Muttertiere aus dem Pferch verschwanden. Sams Dan nahm seine Aufgabe noch weniger ernst. Als Sam am Morgen erschien, um ihn von seinem Wachdienst abzulösen, fand er ihn fröhlich mit dem Feind fraternisieren. Richards Quicky hatte sich offensichtlich vom Halsband befreit und ließ sich nun von Dan den Hof machen. Sam meinte verständnisvoll, dieses Vergnügen habe sich die wackere Hündin nach ihrer harten Nachtarbeit gewiß redlich verdient. Sie hatte es nämlich ihrem Herrn ermöglicht, zwei zweijährige Schafe an eine weitentfernte Stelle seines Besitzes zu entführen, wo wir sie ohne polizeiliche Hilfe niemals hätten herausholen können.
Die Hunde waren also fraglos als Wächter ungeeignet. Richards legte eine auffallend selbstzufriedene Miene an den Tag, während alle anderen immer deprimierter wurden.
Nachdem Anne das morgendliche Übelsein überwunden hatte, machte ihr die Schwangerschaft nicht mehr zu schaffen, aber eine von Tim aufgeschnappte Erklärung legte sich ihr auf die Brust und ließ sie ernstlich erkranken. Larry und ich boten an, abwechselnd nach ihr zu sehen.
»Ich entwickle mich zu einer regelrechten Florence Nightingale«, erklärte Larry am Telefon. »Aber das ist auch nötig, da Mrs. Hill von Tag zu Tag zwar draller, aber dafür auch immer schwächlicher wird. Der Colonel möchte Anne übrigens mit nach Hause nehmen, damit Mrs. Evans sich um sie kümmern kann. Wenn es ihr schlechter gehen sollte, will er eine Krankenschwester kommen lassen. Ich weiß, daß Anne von diesem Vorschlag absolut nicht begeistert ist.«
»Verstehe ich vollkommen. Und Tim? Er wird doch genauso denken?«
»Nun ja, du kennst ja die Männer. Er läuft mit zusammengepreßten Lippen und einem heroischen Gesichtsausdruck umher und beteuert, sie solle ja nur keine Rücksicht auf ihn nehmen. Ich denke, es ist für alle Teile vorteilhafter, wenn wir uns um sie kümmern, auch wenn das Haus nur klein ist und alles andere als ein Luxushotel.«
Aber der Colonel siegte schließlich doch. Er fuhr mit seinem großen Wagen vor und verstaute sein Töchterchen liebevoll auf dem Rücksitz. Anne vergoß ein paar Tränen, weil Tim unter keinen Umständen mitkommen wollte, da er die Farm nicht allein lassen könne, wie er behauptete. Immerhin versprach er, so oft wie möglich nach ihr zu sehen.
Als ich sie besuchte, fand ich sie in ihrem alten Zimmer untergebracht, umgeben von all dem Luxus, den sie frohen Herzens gegen Tims kleines Haus auf dem Hügel eingetauscht hatte. Der Colonel strahlte vor Triumph, den er nicht verbergen konnte. Anne lag unter der großen Daunendecke, nur der Kopf schaute hervor. Sie sah wieder genauso aus wie das junge, pausbäckige Mädchen, das wir vor vier Jahren kennengelernt hatten — nur wirkte sie nicht mehr so fröhlich.
»Ich hätte Tim nicht verlassen dürfen«, flüsterte sie heiser. »Du oder Larry — ihr bleibt doch auch zu Hause, wenn ihr euch einmal nicht wohl fühlt. Ihr lauft nicht davon. Wenn man krank ist, braucht man schließlich den Mann am allermeisten.«
»Mach dir keine Sorgen, Anne. Du wirst bald wieder gesund sein, und eine Woche verwöhnt werden schadet dir bestimmt nicht. Du mußt bedenken, daß es für einen Mann gar nicht so einfach ist, sich um eine kranke Frau zu kümmern, selbst wenn er sich die größte Mühe gibt.«
»Aber bei uns klappte es doch großartig. Ich wollte nichts anderes, als ruhig im Bett liegen. Die Schwierigkeiten begannen erst, als Papa einmal hinzukam, wie Tim mir das Mittagessen brachte. Zwei riesige Hammelkoteletts — du weißt doch, daß ich gebratenes Fleisch nicht besonders mag. Tim versteht es aber nicht anders zuzubereiten. Papa verlangte sofort, ich solle meine Temperatur messen, und zufällig hatte ich 38,9. Natürlich regte er sich furchtbar über die Koteletts auf.«
»Nun ja, sie waren ja auch nicht die richtige Diät im Augenblick.«
»Ach, das wußte ich doch selbst. Ich hätte sie gar nicht gegessen. Ich wartete immer, bis Tim aus dem Zimmer war, dann schnitt ich das Fleisch herunter und warf es zum Fenster hinaus für die Hunde. Ich durfte ihn doch nicht kränken, wo er immer so besorgt um mich war und mir immer wieder klarzumachen versuchte, ich müsse auch für das Baby mitessen. Kleine Mädchen seien viel netter, wenn sie etwas rundlich seien.« Über ihr Gesicht stahl sich plötzlich
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