Mittagessen Nebensache
Hund würde nachts immer aus dem Halsband schlüpfen, er sei ein Nachtwanderer...
»Dann wäre es eigentlich eine ausgezeichnete Idee, ein anderes Halsband anzuschaffen«, erwiderte Ruth. »Wenn ich Sie recht verstanden habe, stellt Quicky zweifellos eine Gefahr für das Vieh anderer Leute dar, wenn sie nachts herumstrolcht.«
Paul berichtete hinterher, daß Sam sich vergeblich bemüht habe, sein Gelächter als Hustenanfall zu tarnen. Richards fühlte sich natürlich der Lächerlichkeit preisgegeben. Er warf Ruth einen haßerfüllten Blick zu, nahm seine Pakete und stampfte hinaus. Ruth aber blieb völlig unbeeindruckt. »Schade, daß er so schnell verschwunden ist. Ich wollte mich nämlich noch nach seiner Schlaflosigkeit erkundigen.«
»Sie leisten wirklich gute Arbeit«, sagte Paul anerkennend. »Ich habe gestern die Muttertiere in den Randpferchen gezählt, es hat alles gestimmt. Machen Sie nur so weiter.«
Mir gegenüber meinte er allerdings nachdenklich: »Ruth ist ein guter Streiter, ganz auf ihre ruhige Art. Und sie hat Schneid. Aber trotzdem, sie hat sich einen Feind gemacht, den sie nicht unterschätzen darf.«
14
Annes Erkältung erwies sich als äußerst hartnäckig und lieferte dem Colonel eine gute Ausrede, seine Tochter noch länger in seinem Hause zu behalten. Dr. North unterstützte ihn in diesem Bestreben. Ein- oder zweimal, an den Tagen, an denen er in Tiri seine Sprechstunde abhielt, trank er mit dem Panjandrum ein Glas Sherry. Er begegnete dem Feudalherrn unseres Bezirkes mit Ehrfurcht und Respekt, bezeichnete Annes Schwangerschaft als völlig normal, fügte aber, durch den strengen Blick seines Gastgebers eingeschüchtert, sofort hinzu, daß es besser für die Patientin sei, auch weiterhin im Hause ihres Vaters zu bleiben.
Das führte zwangsläufig eines Tages zur offenen Revolte. Als der Colonel einmal auswärts zu tun hatte, läutete Anne bei Larry Sturm und bat sie, sie möge umgehend kommen und sie nach Hause fahren.
»Natürlich sagte ich sofort zu«, erzählte Larry, »erkundigte mich aber zunächst einmal, was Tim von diesem plötzlichen Entschluß halte. Sie erwiderte, Tim würde sich vermutlich erst äußern, wenn ihr Vater wieder zurück sei, und das war für mich ein SOS-Ruf. Die arme Mrs. Evans hat wild protestiert, sowohl aus Sympathie für Anne als auch aus Furcht vor dem Colonel.«
»Nun, das war gewiß eine Überraschung für Tim, als er nach Hause kam und seine Anne vorfand?«
»Du weißt ja, Susan, daß ich mich wie eine vollendete Dame benehmen kann. Als er in der Tür erschien, verdutzt stehenblieb und >Anne< rief, bin ich natürlich sofort verschwunden. Ich hörte gerade noch: >Aber du warst doch so gut aufgehoben, und Mrs. Evans konnte sich besser um dich kümmern, als ich es kann. Bist du auch ganz sicher?<«
»Ich hoffe, du bis dann endgültig verschwunden?«
»Erst, nachdem ich hörte, wie Anne mit ihrer süßen Zwitscherstimme erwiderte: >Ich bin mir völlig sicher. Noch viel sicherer als vor drei Jahren.< Da wurde ich ganz sentimental. Mir sind fast die Tränen gekommen.«
»Verstehe ich vollkommen. Wäre mir genauso gegangen. Das liegt wohl daran, daß Anne noch so schrecklich jung ist und so sehr an Tim hängt. Und der arme alte Colonel...«
»Zum Teufel mit dem armen alten Colonel. Um den würde ich keine Träne weinen. Schließlich braucht er ja nicht wie eine Klette an ihr zu hängen.«
»Du bist ungerecht. Schließlich hat er niemanden mehr, nur Anne.«
»Warum hältst du eigentlich immer so zu ihm? Wahrscheinlich, weil er so gut mit eurem Klo umzugehen versteht. Jedenfalls muß er mächtig wütend gewesen sein, als er zurückkam und sein Vögelchen nicht mehr vorfand. Er rief mich an und bedankte sich sehr steif. >Natürlich, wenn ich das gewußt hätte, würde ich meine Tochter selbst nach Hause gefahren haben<, fügte er zum Schluß noch hinzu. Mit anderen Worten: >Scher dich zum Teufel und kümmere dich nicht um anderer Leute Angelegenheiten!< Er ist nur viel zu sehr Gentleman, um mir das ins Gesicht zu sagen.«
»Er wird sich jetzt furchtbar einsam fühlen. Anne ist so ein lieber Kerl, er wird sie sehr vermissen.«
»Na und? Das ist eben der Lauf der Welt. Einmal sind wir alle an der Reihe. Ich bereite mich schon heute darauf vor, daß Christina mich einmal allein lassen wird. Ich werde mich nie so aufdrängen. Sie soll stets das tun dürfen, was ihr Spaß macht.«
Zehn Minuten später bereute sie die letzten Worte bitter.
Weitere Kostenlose Bücher