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Mittagessen Nebensache

Mittagessen Nebensache

Titel: Mittagessen Nebensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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würde sich bestimmt niemand einfallen lassen, in Tantchens Laden oder im Zimmer ihrer Gehilfin einzubrechen.
    Am Abend erzählte ich die Neuigkeit den anderen. David, der sich wie üblich an unserem Kamin herumlümmelte, schnaubte böse. »Aber das ist doch Wahnsinn, ein Mädchen in Ruths Alter in so einer Gegend allein zu lassen. Wahrhaftig, ich muß mich über Miss Adams wundern.«
    »Der liebe David! Immer ganz Kavalier!« spöttelte Dawn, aber zum ersten Mal klang ihr Lachen etwas gereizt.
    »Mick wohnt doch gleich über der Straße«, sagte ich beschwichtigend. »Er hat Miss Adams versprochen, ein Auge auf Ruth zu halten.«
    »Wenn das Auge dieses alten Trunkenboldes nur nicht durch den Suff schon trübe geworden ist«, brummte David. Dawn meinte daraufhin pikiert, es stünde ihm ja frei, sich als Wachhund vor Ruths Zimmertür zu legen.
    David knurrte etwas Unverständliches, und der Blick, mit dem er Dawn bedachte, drückte alles andere als Bewunderung aus. Zum hundertsten Male fragte ich mich, wie die beiden wohl zueinander stehen mochten. David hielt sich bei diesem ekelhaften Wetter fast ständig in unserem Haus auf. Es gab ja auch jetzt nichts für ihn zu tun. Die Arbeit mit dem Vieh schaffte sein Schäfer allein. Er schien Dawn restlos verfallen zu sein, immer bereit, auf jede ihrer Launen einzugehen. Ohne ihn wäre sie längst verzweifelt, denn ihre beiden anderen Anbeter — Norman und Jim — hatten die witterungsbedingte Gelegenheit beim Schopfe gepackt, ihre Höfe für vierzehn Tage der Obhut eines Nachbarn anvertraut und das Weite gesucht. Ich wünschte oft, David wäre ihrem Beispiel gefolgt.
    Paul fiel die ehrenvolle Aufgabe zu, Tantchen zur Bahn zu bringen. Niemandem wäre es wohl im Traum eingefallen, sie jetzt mitten im Winter mit dem Omnibus fahren zu lassen, und Ruth konnte unmöglich das Geschäft allein lassen. Aber da Paul ohnehin nach Te Rimu mußte, um den Wagen überholen zu lassen, konnte er Tantchen gleich mitnehmen.
    »Wie wär’s altes Mädchen, kommst du mit?« schlug er vor. »Sam wird die Kühe melken, und Larry will sich um Dawn kümmern. Du brauchst endlich mal etwas Abwechslung, und wenn es nur für einen Abend ist.«
    Die Versuchung war rießengroß, denn selbst der fanatischste Einsiedler wird es einmal satt bekommen, nur den grauen Himmel, kahle Bäume, durchweichtes Gras und triefende Schafe zu sehen. Aber ich brachte es doch nicht übers Herz, mich in der Stadt zu vergnügen, während Dawn allein zu Hause saß.
    Als ich Paul eine Fahrt zu dritt vorschlug, weigerte er sich energisch. »Dawn hat genug Abwechslung. David kutschiert sie ja fortwährend in der Gegend umher. Sag mal — was hat dieser Bursche eigentlich vor?«
    »Ich weiß nicht«, beteuerte ich wahrheitsgemäß. »Ich tappe genau so im Dunkeln wie du.«
    »Er treibt sich zwar ziemlich häufig in Tantchens Laden herum«, sinnierte Paul, »aber ich nehme an, daß Ruth doch nicht ganz sein Typ ist.«
    »Ich denke, daß er mit Dawn nur die Langeweile totschlägt.«
    Paul runzelte mißbilligend die Stirn. Ich merkte, daß jetzt die übliche Bemerkung folgen sollte — >Diese Jugend von heute!< —, aber ich blickte ihn nur scharf an, und daraufhin schwieg er.
    David entschied resolut, Dawn und ich könnten unmöglich einen ganzen Abend allein sein. Er erschien also noch früher als sonst. Ich begrüßte ihn überaus herzlich, denn das Klo hatte wieder einmal seine Mucken, und ich wußte genau, daß er sich verpflichtet fühlen würde, uns seine Hilfe anzubieten. Er machte sich auch sofort ans Werk, assistiert von Dawn, die ihm gehorsam mit der Taschenlampe leuchtete. Nach langem Bemühen gelang es ihm endlich, die leidige Angelegenheit wieder in Ordnung zu bringen. Die beiden hockten sich anschließend bibbernd vor Kälte an den Kamin. David richtete sich häuslich ein, er schien kaum die Absicht zu haben, uns vor Mitternacht zu verlassen. Ich machte es mir also im Sessel bequem und döste friedlich vor mich hin, als das Telefon klingelte. Es schrillte so aufreizend laut, daß ich sofort das Gefühl hatte, es müsse etwas passiert sein.
    »Das ist Ruth«, rief ich und stürzte zum Apparat. »Paul hat bestimmt einen Unfall gehabt.«
    Hierin irrte ich mich. Als ich mit zitternder Stimme fragte, ob Paul und Tantchen noch am Leben seien, wurde Ruth ganz verlegen. »Oh, liebe Susan, es tut mir schrecklich leid, wenn ich dich erschreckt haben sollte. Es handelt sich gar nicht um Paul. Nur um mich.«
    »Um dich?« stieß

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