Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

SOLLEN NICHT SCHREIEN!
    –  Schreit nicht, Laura kann die Maria nicht lernen.
    So ging das auch noch die zweite und dritte Werbung. Dann war die Porno-Queen Dolly Buster hinausgewählt, derentwegen sich halb Österreich auch noch die 4. Staffel der Tanzshow angesehen hatte, und Sabine und ich konnten uns, während Laura für das Krippenspiel lernte und Lukas mit seinem Smart-Trottel beschäftigt war, wieder voll auf unsere Beziehungspflege konzentrieren. Ton-aus-Taste.
    –  Stell dir vor, der Direktor will mich sprechen.
    –  Oh Gott, Herr Hofrat Doktordoktor. Der?
    –  Genau der.
    –  Und was will er?
    –  Keine Ahnung, ich hab den Termin erst nächsten Donnerstag, ich kann früher nicht. Ich hab bis Mittwoch zwei Szenen umzuschreiben. Seine Sekretärin wollte mir am Telefon nicht sagen, worum es geht. Aber es scheint dringend.
    –  Dringend? Und dann hast du den Termin erst am Donnerstag? Weil du früher nicht kannst?
Walter, es ist normalerweise Gefahr im Verzug, wenn man vom Direktor seines 13-jährigen Sohnes vorgeladen wird. Da verschiebt man nichts wegen nich… wegen zwei Szenen.
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    –  Ich meine, du wirst doch wissen, ob etwas vorgefallen ist?
    –  Genau genommen hat er mich nicht vorgeladen, er hat mich eingeladen.
    –  Um mit dir seinen dritten Doktortitel zu feiern?
    Natürlich kann ich mir denken, warum mich der Hofrat Weiser sprechen will. Es wird um die Geschichte in Schönbrunn neulich gehen. Aber kann ich Sabine von dem Vorfall erzählen? „Ich glaub, ich weiß jetzt eigentlich schon, worum es gehen wird, liebe Sabine. Lukas’ Lehrerin hat Lukas’ bescheuertem Freund Niko eine geflakt. Und weil ich daneben gestanden bin, wird er mich jetzt dazu befragen wollen. Vermutlich, liebe Sabine, hängt es also von meinen Aussagen ab, ob Frau Professor Reingard Söllner ein Disziplinarverfahren bekommt oder nicht. Folge: Entweder haben wir ab nächster Woche das Alpha-Tier der Klasse samt seiner herzlosen Mutter zur Feindin oder Lukas’ Klassenvorstand. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird sich der Fall demnach für Lukas ungünstig auswirken. Und was meinst du jetzt, liebe Sabine?“ Brauch ich gar nicht zu fragen, Antwort klar: „Was ich meine? Meinst du das ernst? Was ich meine? Ich meine, eine Lehrerin, die ein Kind schlägt, hat nicht das Recht, Lehrerin zu sein, das meine ich.“ – „Nicht geschlagen, geohrfeigt.“ – „Aha, jetzt ergreifst du also schon wieder Partei für diese Person.“ – „Ich ergreife nicht Partei, aber dieser Niko …“ – „Das ist es also. Niko. Weil du ein Kind nicht magst, das du im Übrigen nicht einmal kennst, nimmst du eine Prügellehrerin in Schutz“, usw. usf.
    Hätte ich also die Wahrheit sagen können? No way!
    –  Wawa! Bist du noch da?
    –  Klar bin ich noch da. Aber warum bist du schon wieder zynisch?
Und sag bitte nicht Wawa.
    –  Weil du herumeierst. Walter.
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    –  Okay, es geht mich nichts an. Lukas’ Schule ist dein Revier.
    –  So ist es. Ich werde früh genug erfahren, worum es geht. Wahrscheinlich handelt es sich um eine harmlose Elternvereinsangelegenheit, dringend, aber harmlos. Vielleicht geht es ja auch nur um den Schikurs in den Semesterferien. Vielleicht wollen sie von den Eltern der Kinder, die mitfahren dürfen, eine ausdrückliche Erlaub…
    –  In den Semesterferien?
    –  In den Semesterferien. Im Mitteilungsheft steht, dass der Schikurs zumindest ein paar Tage in die Semesterferien fallen wird.
    –  Aber in den Semesterferien sind … Semesterferien.
    –  Eben.
    –  Eben? Da haben die Familien vielleicht schon etwas vor. Privat. Mit ihren Kindern. Oder auch endlich einmal nicht mit ihren Kindern. Urlaub für Erwachsene machen, zum Beispiel.
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    –  Haben wir etwas vor?
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    –  Bine! Haben wir etwas vor?
    –  Warum sollten wir etwas vorhaben? Wir haben nichts vor.
Warum fragst du eigentlich immer mich, ob wir etwas vorhaben?
Und jetzt haben wir bitte Mitte November. Weiß ich Mitte November, ob wir am 6. Februar etwas vorhaben?
    –  Warum am 6. Februar?
    –  Warum am 6. Februar? Weil da die Semesterferien beginnen.
    –  Du weißt auswendig, wann die Semesterferien beginnen?
    –  Als Mutter eines Schulkindes weiß man, wann die Semesterferien beginnen. Man weiß überhaupt, wann alle Ferien beginnen, und noch besser weiß man nur, wann sie wieder aufhören. Die großen, die kleinen, die halbgroßen, die Oster-, die