Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
wurde das bestehende Reichskirchensystem mit seiner Ämtervergabe gegen Dienst für Adel und Krone in Frage gestellt. Und die Forderungen der Mönche gingen noch weiter: Die Kirche sollte das Recht haben, der weltlichen Obrigkeit Anweisungen zu geben, wie sie ihren Ordnungsauftrag gemäß den Gesetzen Gottes auszuführen habe. Als mit Gregor VII. (Hildebrand) 1073 ein entschiedener Repräsentant der Reformbewegung auf den päpstlichen Stuhl gelangte, war der Zusammenstoß unvermeidbar.
Die Benediktiner-Abtei Cluny in Burgund, gegründet 909/910. Von hier ging im 11. Jahrhundert die Reformbewegung aus, die kirchliche Zucht und Frömmigkeit wiederherstellen wollte
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(c) akg, Berlin
Trennung von Ost- und Westkirche
Das Morgenländische Schisma (1054)
Wie sich die Teile des ehemaligen Römischen Reiches auseinander entwickelten, hier Byzanz mit der Hauptstadt Konstantinopel, dort das „Abendland“ mit dem Deutschen Reich als Führungsmacht und den sich allmählich herausbildenden Nationalstaaten wie England oder Frankreich, so gingen zwangsläufig auch die Kirchen ihren jeweils eigenen Weg. Zwar traf man sich immer wieder zu ökumenischen Konzilen – insgesamt sechs fanden in den Jahren zwischen 337 und 843 statt, aber die Entfremdung zwischen dem Papst in Rom, der lateinisch sprach und schrieb und dem Patriarchen in Konstantinopel, dessen Kirche das Griechische bevorzugte, schritt unaufhaltsam fort. Streitigkeiten über das Priesterzölibat, das Trinitätsdogma und den Zusatz „Filioque“ (und vom Sohn) im Glaubensbekenntnis ließen sich nicht beilegen. Dazu kamen Rivalitäten zwischen den beiden Kirchen, wenn es um die Abgrenzung der Missionsgebiete ging. Mit Sorge sah man in Rom, wie auf dem Balkan, etwa unter den Serben, oder in Russland, sich das griechisch-orthodoxe Bekenntnis statt des römisch-katholischen ausbreitete.
Gegenseitige Verfluchung
Der endgültige Bruch geschah im Pontifikat des deutschen Papstes Leo IX. (1049–1054), der aus einem elsässischen Grafengeschlecht stammte und eigentlich Bruno hieß. Er hatte zusammen mit Heinrich III. der Invasion der Normannen in Unteritalien entgegentreten wollen. Zwar versagte sich der Kaiser dem Unternehmen, und das unzulänglich ausgerüstete und schlecht geführte päpstliche Heer ging 1053 gegen die Normannen unter. Doch hatte Leos Politik die Byzantiner auf den Plan gerufen, die ihre kirchlichen Rechte in Süditalien in Gefahr sahen (noch gehörte dieses zum Oströmischen Reich). Der Patriarch Michael Kerullarios ließ daraufhin die lateinischen Kirchen in Konstantinopel schließen und attackierte in scharfer Form die westlichen liturgischen Bräuche. Leo, dem sehr daran gelegen war, die Byzantiner als Bundesgenossen gegen die Normannen zu gewinnen, hatte im Januar 1054 eine Gesandtschaft nach Konstantinopel geschickt, die über das Vorgehen in Süditalien und die dogmatischen Fragen verhandeln sollte. Als Delegationsleiter hatte er aber mit Kardinal Humbert von Silva Candida einen Scharfmacher gewählt, der seinen Gegnern an Fanatismus nicht nachstand und ihre Beleidigungen in gleicher Münze zurückgab. Das Scheitern der Mission war besiegelt, als Humbert am 16. Juli 1054 eine Bannbulle gegen den Patriarchen und seinen Anhang auf dem Altar der Hagia Sophia niederlegte und Kerullarios acht Tage später seinerseits das Anathema, den feierlichen Bannfluch über die Römer aussprach. Die Spaltung, griechisch „schisma“, war vollzogen.
Cäsaropapismus
Im Byzantinischen Reich waren höchste geistliche und weltliche Gewalt in einer Hand, nämlich der des Kaisers vereint. Der Herrscher auf dem Thron in Konstantinopel besaß unbeschränkte Macht auch im Bereich der Kirche und verstand sich als Hüter des wahren Glaubens, der Orthodoxie. Diese Form der Staatsund Kirchenführung wird als Cäsaropismus bezeichnet. In Russland, das nach dem Untergang des Byzantinischen Reiches die Führung der orthodoxen Kirche übernahm, spielte der Zar noch bis zur Revolution von 1917 die Rolle eines obersten Herrn der Kirche. Auch gegenüber dem Papsttum im Westen versuchten die oströmischen Kaiser noch längere Zeit ihren Anspruch auf Leitung und Kontrolle durchzusetzen. So musste noch bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts jede neue Papstwahl in Rom dem Kaiser in Konstantinopel oder seinem Stellvertreter in Ravenna angezeigt und zur Gutheißung vorgelegt werden
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Konstantin IX. Monomachos war Kaiser in Byzanz von 1042 bis 1055, der Zeit, da sich Ost- und Westkirche
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