Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
oder 986 brach von Island aus eine Flotte nach der arktischen Insel auf. Doch obwohl damals noch günstigeres Klima herrschte als heute, so waren die Lebensbedingungen auf der Insel nicht die besten. Es gelang nicht, Getreide heimisch zu machen, auch Obst und Früchte gediehen nicht, die Menschen lebten von der Viehhaltung, von der Jagd und vom Fischfang. Mit Pelzen und Walrosszähnen, dem hochbegehrten Material für Elfenbeinarbeiten, bezahlten die Grönländer die dringend notwendigen Importe wie Getreide, Malz, Holz oder Eisenwaren. Der bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts noch regelmäßig betriebene Schiffsverkehr kam später ins Stocken und hörte um 1400 ganz auf. Seefahrer, die Ende des 16. Jahrhunderts die Insel „wiederentdeckten“, trafen keinen Nachfahren der frühen Kolonisten mehr an
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Der Sprung hinüber
Nach der Entdeckung Grönlands (982) gründeten wagemutige Seefahrer auch am Rande des Gletschereises Niederlassungen. Von dort gelang einigen von ihnen, bekannt wurde vor allem der in Island geborene Leif Eriksson (um 975– um 1020), der Sprung hinüber zur nordamerikanischen Küste. Der Wiking fand, vermutlich an der Baffininsel und an Labrador vorbei nach Süden segelnd, schließlich ein Land mit mildem Klima, in dem er zu überwintern beschloss. Lachse gab es dort in Mengen, es war so warm, dass das Vieh draußen bleiben konnte, und sogar Weintrauben konnte man finden, weswegen Leif den Landstrich Vinland (Weinland) taufte. Mit einer Fracht von Bauholz, einem auf Grönland besonders raren Artikel, um dessen willen die Fahrt wohl überhaupt unternommen worden war, kehrte Leif Eriksson im folgenden Frühjahr in die Heimat zurück. Andere folgten seinem Beispiel und segelten ebenfalls hinüber. Richtig Fuß fassen konnten die Nordmänner allerdings nicht; nach Auseinandersetzungen mit eingeborenen Indianern gaben sie ihre Ansiedlungen auf.
Wo Leif Erikssons Vinland genau gelegen hat, konnte bisher nicht ermittelt werden, noch hat die Archäologie außer den Funden von L’Anse aux Meadows nichts beibringen können. Der Runenstein von Kensington (Minnesota), mit dem eine Wikingerexpedition tief nach Nordamerika hinein „bewiesen“ sein soll, muss als Fälschung des 19. Jahrhunderts angesehen werden.
Leif Eriksson entdeckt Amerika. Gemälde von Christian Krogh, 1893. Seit dem Fund einer Wikingersiedlung auf Neufundland in den 1960er Jahren ist nicht mehr zweifelhaft, dass die Nordmänner tatsächlich die nordamerikanische Küste erreichten
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(c) dpa/Picture Alliance, Frankfurt am Main
Weiterleben des Imperiums
Kaisertum und Reichsidee
Das mittelalterliche Kaisertum nahm die Tradition des spätantiken Imperium Romanum, des Römischen Reiches auf, das bei den Völkern Europas einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen hatte. Nun war es 395 in ein Ostund ein Westreich geteilt worden und als es im Westen 476 zusammenbrach, gab es dort vorerst auf lange Zeit keinen Nachfolger, der oströmische Herrscher verstand sich so lange als Repräsentant des gesamten Imperiums.
Heilsgeschichtliche Begründung
Das Bündnis zwischen dem Papsttum und den fränkischen Karolingern führte zur Wiedererrichtung des westlichen Kaisertums, die in der Kaiserkrönung Karls des Großen (800) sichtbare Gestalt gewann. Neu war die Hegemonialstellung des Frankenkönigs, die heilsgeschichtliche Begründung des Reiches als eines „regnum christianum“ und die Bindung an den Papst. Mit Byzanz, dessen Alleinvertretungsanspruch gleichwohl massiv angegriffen war, wurde 812 eine diplomatische Lösung gefunden. Die Kaiser erkannten einander an, der Titel „imperator Romanorum“ blieb dem Herrscher in Konstantinopel vorbehalten.
Warum nach Italien?
Es lag nicht an einer romantischen Italiensehnsucht, und selbst das hergebrachte Selbstverständnis des Kaisers als Schirmherr der Kirche und des Papsttums gab noch nicht den Ausschlag dabei, wenn die deutschen Herrscher immer wieder in den Süden zogen, sondern es wirkten ganz handfeste politische und ökonomische Interessen. Nord- und Mittelitalien gehörten als Kronländer zum Reich. Die deutschen Könige verfügten im eigenen Land nicht über genug Hausmacht, um erfolgreich Politik zu betreiben, etwa den Landfrieden durchzusetzen. Sie brauchten dazu die Steuern und Erträge aus dem reichen Italien. Und das Land südlich der Alpen war wichtig als Drehscheibe und Durchgangsland für den Handel. Deutschland befand sich in einer Randlage zu der wirtschaftlich und technisch weiter
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