Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
adligen Machtstrebens“, sagt der Historiker Heinrich Mitteis.
Persönliches Verhältnis
Die bereits in spätrömischer Zeit geübte Landleihe wurde ergänzt durch das germanische Prinzip der beiderseitigen Gefolgschaftstreue, das heißt der Treue des Vasallen gegen den Herrn und des Herrn gegen den Vasallen. Erst das persönliche Verhältnis zwischen Lehensherr und Gefolgsmann verwandelte die dingliche Rechtsbeziehung der Landleihe in das persönliche Lehensverhältnis.
Die großen Lehensherren (Kronvasallen) schufen sich ihrerseits durch Lehensvergabe eine Lehensgefolgschaft. Das hätte zur Auflösung aller staatlichen Gewalt in eine Summe von Vertragsverhältnissen führen können, aber die Karolinger begegneten dem mit dem Einbau des Lehenswesens in die fränkische Reichsverfassung. Der König trat an die Spitze der Lehenspyramide und förderte die Untervasallen. Das Königsgericht entschied über Streitfälle zwischen Herrn und Vasallen, auf diese Weise machte sich der König sowohl zum Wächter der Mannentreue, als auch zum Garanten der Gegentreue des Herrn.
Es bedurfte allerdings starker und durchsetzungsfähiger Persönlichkeiten auf den Herrscherthronen, um das Geflecht der persönlichen Abhängigkeiten zu überschauen und in der Hand zu behalten.
Heinrich der Löwe verliert sein Lehen
Seit 1156 konnte sich der Sachsenherzog Heinrich der Löwe auch Herzog von Bayern nennen. Sein Lehensherr Friedrich Barbarossa nahm ihn in Schutz, wann immer Klagen über ihn kamen. Und die kamen reichlich. Der Welfe raffte mit harter Hand zusammen, was er kriegen konnte, und geriet dabei immer wieder mit seinen Nachbarn aneinander. Als Heinrich aber 1176 die Heerfolge bei einem Italienfeldzug verweigerte, zog der Kaiser die Hand von ihm ab und ließ seine Gegner gewähren, die im Januar 1179 auf dem Reichstag in Worms abermals Klage gegen den Löwen erhoben. Der war der Ladung nicht gefolgt, und er erschien auch nicht, als sie ein zweites und drittes Mal wiederholt wurde. Daraufhin wurde die Reichsacht über den Friedensbrecher verhängt, der Vollzug vorerst aber ausgesetzt. Die Mühle der Justiz drehte sich weiter: Gerichtsverhandlungen in Magdeburg, in Kayna, in Würzburg, immer ohne den Angeklagten. Schließlich auf einem Reichstag in Gelnhausen im April 1180 das endgültige Urteil: Der Besitz des Löwen wurde beschlagnahmt, er selbst für vogelfrei erklärt. Seine Herzogtümer wurden anderen Fürsten zu Lehen gegeben; nach der Begnadigung im folgenden Jahr erhielt er nur die Stammgüter um Braunschweig zurück
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Tendenz zur Eigenherrschaft
Verständlich, dass bald die Neigung der Lehensleute zunahm, ihren Besitz nicht mehr als geliehen zu betrachten, sondern als Eigentum, das man nicht nur auf alle Zeit besaß, sondern das man an seine Nachkommen vererben konnte. Dadurch entwickelte sich eine Tendenz zur Eigenherrschaft und damit wiederum langfristig der Zersplitterung der Macht in der politischen Führungsschicht.
Ein Ritter huldigt seinem Lehensherren. Französische Buchmalerei des 15. Jahrhunderts. Bei der Belehnung spielten symbolische Gesten eine bedeutende Rolle
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(c) akg, Berlin
Skandinavier auf den großen Flüssen
Anfänge der Territorialherrschaft in Russland
Wikinger, die an den baltischen Küsten landeten oder ihre Boote über die großen Ströme Russlands lenkten, hießen dort Waräger, was möglicherweise vom altnordischen „var“ = Eid, Gelübde abgeleitet ist: Die Mitglieder einer wikingischen Fahrgemeinschaft pflegten sich per Eid zu gegenseitiger Hilfeleistung zu verpflichten. Waräger bedeutet dann soviel wie Kaufleute-Bruderschaft.
Die Rus
Das heutige Russland führt seine Geschichte zurück auf das Reich der Kiewer Rus, das sich im 9. und 10. Jahrhundert herausbildete. Herkunft und Bedeutung des Namens Rus sind nicht endgültig geklärt, doch der historische Befund weist nach Norden. Eine skandinavische Oberschicht, zumeist aus Schweden stammend, dominierte zeitweilig im Dreieck zwischen Finnischem Meerbusen, Schwarzem und Kaspischem Meer. Ihre Domäne war der Handel auf den großen Wasserstraßen Newa, Dnjepr, Don und Wolga. Sie war an der Reichsbildung in Kiew beteiligt, wenn auch wohl nicht alleiniger Gründer des Staates. Die Skandinavier verschmolzen bald mit der einheimischen slawischen Bevölkerung. Als Gebietsname blieb Rus jedoch erhalten und wurde später auf das Reich übertragen
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Stammland dieser Händler war Schweden. Von dort hatte es bereits zur Bronzezeit
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