Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
Jahrhunderts stand die Wiederherstellung des alten Rechts auf freien Zugang zu den Vorräten der Natur ganz oben auf dem Forderungskatalog der Rebellen.
Der Koch Wilhelm. Eine Illustration aus dem Hausbuch der Mendel-Landauerschen Zwölfbrüderstiftung in Nürnberg, 1475. Das offene Feuer war die Regel in der mittelalterlichen Küche
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(c) akg, Berlin
Natürliches Rechtsbewusstsein und „toter Buchstabe“
Germanisches gegen römisches Recht (seit dem 13. Jh.)
Für den Menschen des Mittelalters war das Recht etwas, das es immer schon gab. Gott hatte das Recht im Gewissen und im gesunden Menschenverstand und in den hergebrachten Gewohnheiten wachsen lassen, so die allgemeine Überzeugung. Bei allem Verlangen nach Ordnung, das einen Herrscher beseelen mochte, verstand er sich dennoch nicht eigentlich als Gesetzgeber, sondern höchstens als Richter und Schiedsrichter. Denn Gesetze wurden nicht gegeben, sondern gefunden. Und ging einer daran, die Gesetzgebung zu reformieren, wie es etwa Karl der Große mit seinen zahlreichen Verordnungen, den „Kapitularien“ tat, dann schuf er keine neue Ordnung, sondern stellte nur die alte wieder her, die verdeckt und verdunkelt gewesen war. „Legem emendare“, das Recht reinigen, war die Bezeichnung dafür.
Mündliche Überlieferungen
Wenn Gesetze aufgeschrieben wurden, handelte es sich dabei nur um Gedächtnisstützen. So gibt sich das Volksrecht der Franken, die „Lex Salica“, entstanden vermutlich zu Anfang des 6. Jahrhunderts, als Werk einer Handvoll kluger Männer aus, die auf mehreren Ratsversammlungen zusammengekommen seien, um die mündlichen Rechtsüberlieferungen ihres Volkes aufzuzeichnen.
Seit dem 13. Jahrhundert hielt jedoch das römische Recht Einzug in die gesetzgeberische Praxis. Es wurde sozusagen wiederentdeckt, nachdem es Jahrhunderte lang mehr oder weniger vergessen gewesen war. An der Universität von Bologna, später auch an französischen Hochschulen widmete man sich dem Studium der römischen Rechtsquellen, und im Laufe der Zeit drang dann die Lehre in die Praxis der Gerichte ein. Aus der natürlichen Ganzheit des Rechtsbewusstseins wurde die künstliche Welt des Rechtssystems, der „toten Buchstaben“. Konnte früher eigentlich jeder Recht sprechen, der ein Gefühl für das Richtige und Rechte hatte, nahm sich nun der wissenschaftlich gebildete Berufsrichter der Sache an.
Der Sachsenspiegel
„Ich kann die Leute nicht grundsätzlich vernünftig machen, aber sie immerhin ihre Rechtspflichten lehren; möge mir Gott dabei helfen.“ Dieses schlichte Bekenntnis steht in der Vorrede zum Sachsenspiegel, dem bekanntesten deutschen Rechtsbuch des Mittelalters. Ein ostsächsischer Ritter namens Eike von Repgow, Berater und Lehensmann des Grafen Hoyer von Falkenstein, hat es zwischen 1220 und 1235 verfasst. Das Werk ist in einen landrechtlichen und einen lehnrechtlichen Teil gegliedert. Der – wichtigere – landrechtliche Teil behandelt in assoziativer Folge Themen des Verfassungs-, Prozess-, Straf-, Familien- und Vermögensrechts; sogar Ansätze zu einer Art Straßenverkehrsordnung sind zu finden. Der Sachsenspiegel diente als Vorlage für andere Rechtsbücher, z.B. den Schwabenspiegel (2. Hälfte des 13. Jh.), und besaß auch außerhalb des deutschen Sprachgebiets Geltung. In Thüringen und Anhalt blieb er bis zur Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 in Kraft
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Rechtsbücher und Stadtrechte
Es dauerte aber, bis sich das römische Recht durchgesetzt hatte. Nach Norddeutschland und den Niederlanden etwa gelangte es erst Ende des 15. Jahrhunderts, und Skandinavien blieb fast unberührt. Die Rechtsbücher und Stadtrechte, die seit dem 13. Jahrhundert in West- und Mitteleuropa geschaffen wurden, in Deutschland z.B. der Sachsenspiegel oder das bis nach Osteuropa ausstrahlende Magdeburger Stadtrecht, zeigen den Einfluss des römischen Rechts. Andererseits stehen sie durchaus noch in der alten Tradition, indem sie Gewohnheitsrechte aufzeichnen; nur dass diese jetzt nach den Prinzipien des gelehrten Rechts auslegbar wurden.
Die Illustrationen aus der Heidelberger Handschrift des Sachsenspiegels vom Anfang des 14. Jahrhunderts zeigen Szenen aus dem Rechtsleben: Burgherr als Ankläger; Burgherr bezahlt Fronboten; Landrechtsbruch durch Ritter; Verwüstung des Hauses; Geistlicher und Jude; Geißelung einer Frau
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Ein Kolonisationswerk, von vielen getragen
Die Ostsiedlung (12./13. Jh.)
Die Besiedlung und
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