Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
übrigen Anlage abgeschirmt, allein dem religiösen Leben der Mönche vorbehalten ist: Kirche, Kreuzgang, Schlafraum, Esssaal und Versammlungsraum. Um diesen zentralen Bereich herum gruppieren sich die Wirtschaftsund Verwaltungsgebäude mit Werkstätten, Ställen, Gasträumen, dazu Mühle, Brauerei, Obsthaine und Gemüsegärten. Klöster dieser Größenordnung konnten Hunderten von Menschen Unterkunft und Arbeitsmöglichkeit bieten, sie waren weitgehend autark. Durch Grundbesitz, der ihnen geschenkt wurde, waren sie zugleich Zentrum einer größeren Wirtschaftseinheit.
Karl der Große förderte die Klöster, wie es seine Vorgänger auch schon getan hatten. Für seine Bildungsreform waren sie unerlässlich. Darüber hinaus aber machte er sie zu Instrumenten seiner Expansionspolitik. An den Zuwendungen, die er austeilte, und den Gründungen, die er anregte, ist das deutlich abzulesen. Die meisten Mittel flossen in die „unsicheren“ Gebiete, etwa nach Hessen und Thüringen, ins Sachsenland, nach Aquitanien, in die spanische Mark und in die Lombardei. Von den Klöstern dort erwartete er verstärkte Missionstätigkeit und Hilfe bei der Sicherung von Nachschubwegen, der Unterbringung und Beköstigung seines Heeres.
Der um 820 auf Pergament gezeichnete Bauplan des Klosters von St. Gallen. Die schematisierte Darstellung lässt Haupt- und Nebengebäude erkennen, die dem Leben einer großen Benediktinergemeinschaft dienten
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(c) dpa/Picture Alliance, Frankfurt am Main
Justinian und Theodora
Das oströmische Kaisertum (5./6. Jh.)
Während das Weströmische Reich im 5. Jahrhundert den Kriegszügen der Völkerwanderung zum Opfer fiel und Rom geplündert wurde, blieb der Ostteil, Byzanz, vom Ansturm der „Barbaren“ verschont. Das römische Kaisertum in seiner spätantiken Form des bürokratischen Zwangsstaates konnte sich behaupten und unter Justinian (527–565) sogar weit in den Westen ausgreifen.
Justinian war von seinem Onkel und Vorgänger Justin geschickt als Nachfolger aufgebaut worden. Und so gab es keinen Widerstand, als er 527 den Thron bestieg. Schwerer hatte es dagegen seine Gattin Theodora, die von der „guten Gesellschaft“ lange geschnitten worden war, weil sie eine Vergangenheit als Zirkusprinzessin und Schönheitstänzerin hatte. Theodora zeigte jedoch ungeahnte Energie und Tatkraft, als Justinians Kaisertum 532 im sogenannten Nika-Aufstand in eine schwere Krise geriet (es ging um Steuererhöhungen, die das Volk erbitterten). Ihr Gatte war schon drauf und dran, mitsamt dem Hofstaat die Hauptstadt Konstantinopel zu verlassen. Theodora jedoch bewog ihn und den Kronrat in einer flammenden Rede, dazubleiben und sich dem Aufruhr zu stellen. Rasch herbeigeholte germanische Söldnertruppen schlugen dann auch den Aufstand nieder.
Hochfliegende Pläne
Von da an regierte Theodora mit, Beamte legten ihren Amtseid auf Kaiser und Kaiserin ab, und als Justinian 543 als Opfer einer Pestepidemie monatelang krank lag, führte Theodora die Geschäfte allein, als hätte sie ihr Lebtag nichts anderes getan. 548 starb sie, ihr Gatte überlebte sie noch 17 Jahre.
Justinian war ein Büchermensch und kannte sich im Aktenwesen aus. Gleichzeitig verfolgte er aber auch hochfliegende Pläne: Er wollte das römische Weltreich in seiner alten Größe und Ausdehnung wieder aufrichten. 534 vernichtete sein Feldherr Belisar das Wandalenreich in Nordafrika. 552 erlag das Reich der Ostgoten in Italien dem Angriff eines oströmischen Heeres unter Narses. 568 ging jedoch Italien an die Langobarden verloren.
Corpus iuris
Die Sammlung des römischen Rechts, die Kaiser Justinian veranlasste, das „Corpus iuris civilis“, besteht aus vier Teilen: den „Institutionen“, einem Lehrbuch auf der Grundlage des klassischen Juristen Gajus; den „Digesten“ oder „Pandekten“, kurzgefassten Auszügen aus den Werken von ca. 40 juristischen Schriftstellern; dem „Codex Justinianus“, einer Sammlung kaiserlicher Gesetze; den „Novellen“, Gesetzen aus der Regierungszeit Justinians. In der Kodifikation Justinians blieb das präzise römische Recht in seinen wesentlichen Teilen erhalten. Seine grundsätzlichen Normen haben die abendländische Rechtsentwicklung maßgeblich beeinflusst
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Wunderkirche Hagia Sophia
Mit zwei kulturellen Hauptleistungen ging Justinian in die Geschichte ein. Die eine war die Aufzeichnung des römischen Rechts (533–542), die andere der Bau der Hagia Sophia in Konstantinopel (537 vollendet), einer Kuppelkirche
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