Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
seit 1160 zum Aufstieg verhalf. Um 1300 betrug Lübecks Einwohnerzahl ca. 15 000. 1226 erhielt Lübeck von Kaiser Friedrich II. die Reichsfreiheit verliehen (sie galt bis 1937). Über seinen Hafen verliefen bedeutende Handelsströme, sowohl in Nord-Süd-, als auch in Ost-West-Richtung. Salz, Heringe, Tuche waren die hauptsächlich umgeschlagenen Waren, dazu kamen Aktivitäten in Zusammenhang mit der Missionstätigkeit des Deutschen Ordens. Was Venedig für die Pilgertransporte ins Heilige Land bedeutete, das stellte Lübeck als Ein- und Ausschiffungshafen für den Verkehr mit Preußen dar. Ein weiterer, hochbedeutender „Exportartikel“ war das Lübische Recht. Lübecks Verfassung, ganz auf die Interessen der tonangebenden Fernhändlerschicht zugeschnitten, wurde von mehr als 100 Städten im Ostseeraum übernommen
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Wichtigstes Handelsgut, geradezu ein Symbol der Hanse, war der Hering. Die Dänen fingen ihn in den Gewässern vor der Südwestküste Schonens, deutsche Händler kauften ihn, mit Lüneburger Salz wurde er haltbar gemacht und in Rostocker Tonnen zu den Verbrauchern befördert. Auch mit Norwegen gab es Handelsbeziehungen, Bremer Kaufleute unterhielten schon früh eine Niederlassung in Bergen, im 13. Jahrhundert wurde der Ort auch in das System des Ostseehandels einbezogen. Norwegen lieferte den Stockfisch, das heißt an der Luft getrockneter Kabeljau, der vor allem in Fastenzeiten in der christlichen Welt nachgefragt wurde. Im Austausch brachten die Deutschen Getreide, das in dem kargen Nordland oftmals dringend gebraucht wurde.
Flandern mit seiner reichen Tuchproduktion war ein weiteres Handelsziel, das Kontor in Brügge sollte zu einem der wichtigsten ausländischen Stützpunkte der Hanse werden. Von dort führten Handelswege weiter nach Frankreich und zur Iberischen Halbinsel. Um 1280 war die Bildung der Gesamthanse unter Lübecker Führung abgeschlossen, mit Handelssperren gegen Brügge (1280/1282) und gegen Norwegen (1284/1284) zeigte die Organisation, welche Macht sie inzwischen gewonnen hatte.
Das Siegel der Stadt Lübeck, hier in der Ausführung von 1466, zeigt den Gründungsakt der Hanse: An Bord einer Kogge bilden landfahrender (links) und seefahrender Kaufmann durch den Schwur eine Fahrgenossenschaft
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(c) Interfoto, München
Schlanke Renner und geräumige Transporter
Schiffbau
Im mediterranen Raum führte der Schiffbau im Mittelalter mehr oder weniger die antiken Traditionen fort. Man baute zwar nicht mehr die riesigen Transporter, mit denen das Getreide aus Nordafrika nach Rom verschifft worden war, oder die Kriegsschiffe, mit denen die großen Seeschlachten ausgefochten worden waren. Aber es war immer noch der Schiffstyp der Römer und Griechen, die Galeere, die im Mittelmeer verkehrte. Die immer unsicheren Windverhältnisse in diesen Breiten ließen nicht ratsam erscheinen, sich auf Segel allein zu verlassen. Deshalb hatte die Galeere auch einen Antrieb durch Ruder, die paarweise und in Reihen, teilweise sogar mehreren Reihen übereinander, angeordnet waren.
Einbaum als Grundlage
Im Norden Europas verlief die schiffbautechnische Entwicklung anders. Man fing sozusagen ganz von vorne an, mit dem Einbaum, dem auf der ganzen Welt verbreiteten Ur-Boot aus einem der Länge nach halbierten und ausgekehlten Baumstamm. Der Einbaum wurde aufgespreizt, den Seitenwänden wurden Planken angesetzt, die einander wie Dachziegelreihen überlappten (daher die Bezeichnung „Klinkerbauweise“). Die Spreizung nach außen bewirkte eine Verbreiterung des Schiffsquerschnitts, je höher die Seitenwände wurden. Für den Halt der Seitenwände sorgten in den Schiffsboden eingesenkte Rippen, die mit Tauwerk an den Innenseiten der Planken festgebunden waren. Ergebnis war eine Art Groß-Kanu, das mit Paddeln fortbewegt wurde.
Das Nydam-Boot vom Ende des 4. Jahrhunderts weist erstmals eiserne Nieten auf, mit denen die Planken untereinander verbunden wurden; das hochseegängige Schiff wurde nicht mehr gepaddelt, sondern gerudert. Der Schritt hin zum Segelschiff wurde zwischen dem 6. und dem 8. Jahrhundert gemacht. Die Skandinavier schufen sich, als sie ihre schlanken Ruderboote endlich mit Segeln ausrüsteten, einen neuen Typ von Schiff, den Renner, der in einem bis dahin ungeahnten Tempo große Distanzen zurücklegen konnte.
Der Lastesel der Hansezeit
Klassischer Schiffstyp der Hanse war die Kogge. Der Fund eines Schiffswracks vom Ende des 14. Jahrhunderts in der Weser bei Bremen im Jahr 1962 gab Aufschluss
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