Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
Fürsten heraus, die bei einer Wahl unbedingt dabei sein sollten. Es waren die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen. Da die übrigen Fürsten immer weniger Interesse an der Königswahl zeigten, verengte sich der Kreis der Wähler letztlich auf die sieben, die man „Kurfürsten“ (von „küren“ = wählen) nannte. Dies Verfahren wurde bei den Königswahlen von 1257 erstmals praktiziert. Aus dem alleinigen Wahlrecht der Kurfürsten leiteten diese dann bald das Recht zur Absetzung des Königs ab. Beim Kurverein von Rhense (1338) traten sie zum ersten Mal als organisierte Körperschaft auf.
Mit der „Goldenen Bulle“ von 1356, die das alleinige Wahlrecht der Kurfürsten bestätigte, wurde der Schlusspunkt unter die Entwicklung gesetzt. Bei der Wahl galt fortan das Mehrheitsprinzip. Außerdem erhielt der König automatisch den Kaisertitel, der Zug nach Rom war nicht mehr nötig. Für den gegenwärtig regierenden deutschen Monarchen, Karl IV., kam diese Regelung zu spät, er hatte sich gerade im Jahr zuvor zum Kaiser krönen lassen. Die Goldene Bulle (sie hieß so wegen des goldenen Siegels), verkündet auf den Reichstagen von Nürnberg und Metz, blieb bis zum Zerfall des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (1806) in Kraft und war damit das in seiner Wirkung bedeutendste Gesetz, sozusagen das „Grundgesetz“ des ersten Kaiserreiches.
Kulturzentrum Prag
Kaiser Karl IV. gehörte zum Geschlecht der Luxemburger, doch ihren Hauptbesitz hatten diese in Böhmen. Dementsprechend wählte Karl die böhmische Hauptstadt zur Residenz. In seiner langen Regierungszeit als deutscher König (1346–1378) blühte Prag mächtig auf und wurde zur „Goldenen Stadt“. Das bisherige Bistum wurde Erzbistum, man begann mit dem Bau des monumentalen Veitsdomes, der Steinernen Brücke über die Moldau und der Prager Neustadt. Karl gründete die erste deutsche Universität (1348) sowie das Collegium Carolinum (1366). Von besonderer Bedeutung war die Ernennung des Theologen Johann von Neumarkt (um 1310–1380) zum Kanzler. Neumarkt stand im Briefwechsel mit Humanisten in Italien und übersetzte deren Werke ins Deutsche. Er prägte als glänzender Stilist nachhaltig den deutschen Kanzleistil und hatte beträchtlichen Anteil an der Entstehung der neuhochdeutschen Schriftsprache. Amts- und Wissenschaftssprache war im Reich bisher hauptsächlich das Lateinische gewesen, Mittelhochdeutsch blieb Dichtersprache. Zwar gab es das Mittelniederdeutsche als brauchbares Medium für die schriftliche Mitteilung, doch war seine Kenntnis und Verbreitung auf den Norden beschränkt
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Zur 650-Jahrfeier der Goldenen Bulle zeigt ein Mitarbeiter des Frankfurter Instituts für Stadtgeschichte im September 2006 ein Exemplar des Verfassungsdokumentes. Frankfurt wird darin als Wahlort der deutschen Könige benannt
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(c) dpa/Picture Alliance, Frankfurt am Main
Von Brügge bis Nowgorod
Die Anfänge der Hanse (12./13. Jh.)
Hanse bedeutet „Schar“, es meinte ursprünglich den Zusammenschluss von Personen. Kaufleute schlossen sich zusammen, um gemeinsam die Gefahren einer Reise in die Fremde zu bestehen; aus der Verfolgung gleicher Ziele erwuchs eine Genossenschaft mit festen Regeln, schließlich ein Bund von Handelsstädten, der den Staaten West-, Nord- und Osteuropas gegenüber als gleichberechtigter Partner auftreten konnte.
Privilegien von Richard Löwenherz
In der Stauferzeit gewann der Bund Kontur. Um 1157 besaßen die Kölner Kaufleute ein eigenes Haus in London, die Guildhall. 1194 gestattete Richard Löwenherz ihnen den freien Verkehr und Marktbesuch im ganzen Land, auch Hamburger und Lübecker Kaufleute gründeten Niederlassungen in England. Im Zusammenhang mit der deutschen Ostsiedlung entstanden, beginnend mit Lübeck, zahlreiche Handelsstädte entlang der Ostsee. Über die Insel Gotland lief der Handel mit dem russischen Nowgorod, das seinerseits zentraler Markt für die Waren aus dem russischen Hinterland (vor allem Pelze) war. Die Genossenschaft der deutschen Gotlandfahrer trug dann auch wesentlich dazu bei, dass sich die Hanse zu einer überregionalen Organisation entwickelte. Aus Schweden bezogen die deutschen Kaufleute vornehmlich die Produkte des eben erschlossenen Bergbaus.
Lübeck
Metropole des Nordens und Führungsmacht der Hanse war Lübeck, eine Gründung des Holsteiner Grafen Adolfs II. (1143), der Heinrich der Löwe
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