Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)
Feinkostladen für Nummer 38 anlieferte, gab es keine Firmenfahrzeuge.
Scheiße.
Daisys Mund wurde trocken. Sie hatte natürlich vermutet, dass Dev sie attraktiv fand – er hatte sich nie bemüht, das zu verheimlichen. Aber dass ein scheinbar normaler Mann so eine dicke Lüge fabrizierte und in ein Hotel zog, das, offen gesagt, alles andere als billig war, nur um der Frau nahe zu sein, die er mochte – tja, war das nicht ein klitzekleines bisschen unheimlich? Dev machte nicht den Eindruck eines zwanghaften Stalkers, aber vielleicht wusste er das einfach nur brillant zu verbergen?
Beunruhigt durch diesen gruseligen Gedanken hielt Daisy an. Es war erst 16 Uhr, die Maler sollten also immer noch hier sein.
Na gut, jetzt mal ganz vernünftig. Vielleicht hatte Dev einen Maler angeheuert, der aus irgendeinem Grund keinen Lieferwagen besaß. Sie war so weit gefahren, da konnte sie ruhig auch noch einen Blick von Nahem riskieren. Wenn sie lässig am Haus vorbeischlenderte, konnte sie möglicherweise durch eines der Fenster einen Blick auf einen fremden Mann in farbverkleckstem Overall erhaschen. Da sie Dev im Hotel zurückgelassen hatte, wäre es sogar sicher, an seiner Tür zu klingeln und zu sehen, ob ein Malertyp öffnete.
Und dann? Na, das lag doch auf der Hand: so tun, als gehöre sie zu den Zeugen Jehovas, und beten, dass er ihr die Tür vor der Nase zuschlug.
Aber als sie klingelte, öffnete niemand. Weder ein Maler noch sonstwer. Daisy versuchte es erneut.
Immer noch nichts.
Sie ging zu einem der vorderen Fenster. Die Sonne spiegelte sich in der Scheibe, darum konnte man nicht richtig hineinsehen, aber es waren keine Trittleitern oder Farbtöpfe in dem Zimmer zu erkennen. Sie schützte die Augen mit ihren Händen und presste die Nase gegen die Fensterscheibe. Auf diese Weise gelang es ihr, einen georgianischen Esstisch und dazugehörige Stühle in der Mitte des Raumes auszumachen, einen ziemlich großen Kamin, mehrere hübsch gerahmte Gemälde an den Wänden, und die Tapete war …
»Daisy?«
Sie war derart mit Spionieren beschäftigt, dass sie nicht einmal gehört hatte, wie der Wagen vorgefahren war. Daisy schlug mit der Nase schmerzhaft gegen die Scheibe und wirbelte herum.
Flaschengrün, das war die Farbe von Devs Tapeten.
Daisy fühlte sich selbst ziemlich weiß, mit einem Hauch von Grün. Sie winkte schwach in Richtung des Fahrersitzes von Devs Auto. Das war ganz offiziell ›Der Peinliche Moment‹.
»Äh … hallo.«
Er hob die Augenbrauen. »Was machen Sie hier?«
Daisy hatte so gehofft, er würde diese Frage nicht stellen. Hamstergleich wühlte ihr Gehirn nach irgendeiner Antwort, aber das misslang gründlich. Außer sie könnte Dev davon überzeugen, dass sie in ihrer Freizeit tatsächlich für Jehovas Zeugen von Tür zu Tür ging.
Während sie noch zögerte, parkte Dev rückwärts ein. Ärgerlicherweise gelang ihm das in zwei Sekunden, ohne auch nur gegen den Rinnstein oder eines der angrenzenden Autos zu stoßen.
»Nun?«, sagte er, als er auf Daisy zukam.
Na gut, MrProfi-Rückwärts-Einparker, wollen doch mal sehen, wie du dich da herauswindest.
»Ich habe mich gefragt, wie weit Ihre Renovierungsarbeiten gediehen sind.«
»Das haben Sie mich schon neulich gefragt.« Dev wartete. »Und ich antwortete Ihnen, so gut wie fertig.«
Trotz der Tatsache, dass er ihr offenbar nicht glaubte, blieb Daisy hartnäckig. »Kann ich mir das Haus einmal ansehen?«
»Warum?«
Verdammt, sie konnte auch gleich mit der ganzen Geschichte herausrücken. »Vor kurzem sagte mir jemand, Sie würden Ihr Haus gar nicht neu streichen lassen. Dieser Jemand meinte sogar, es hätte nie geplatzte Rohre und einen Wasserschaden bei Ihnen gegeben.«
»Ach nein?« Seine Mundwinkel zuckten kurz. »Darf ich fragen, wie dieser Jemand zu einer solchen Schlussfolgerung gelangte?«
Daisy wollte Pam und Brenda da nicht mit hineinziehen. Sie zeigte auf die geparkten Autos in der Straße. »Wo sind Ihre Maler?«
»Sie haben heute früher Schluss gemacht«, sagte Dev. »Sie wollten zu irgendeinem Junggesellenabschied in Cheltenham.«
War das eine Lüge?
»Kann ich mir ihre Arbeit einmal anschauen?«
Er zögerte.
Er log also doch!
»Na gut«, meinte Dev schließlich. »Wenn es Sie glücklich macht.«
Daisy sah zu, wie er den Schlüssel ins Schloss steckte. Ihr Herz pochte etwas schneller. Und als die Haustür aufglitt, traf er sie unvermittelt …
60. Kapitel
… dieser Geruch nach frischer Farbe!
Langsam, sehr
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