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Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)

Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)

Titel: Mitten im Gefühl: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jill Mansell
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als würde er sie vom Scheitel bis zur Sohle eingehend mustern. »Ernsthaft?«
    »Ernsthaft!«
    »Also gut. Make-up, Vorbau und Jacke.« Er hielt kurz inne. »Aber vor allem die Jacke.«
    »Die ist ganz neu!«, rief Tara und zupfte besorgt an der engen, ausgewaschenen Jeansjacke mit dem bestickten Kragen und den Satinaufschlägen.
    »Sie ist scheiße«, erklärte der junge Mann freundlich.
    »O nein, die Jacke kann nicht scheiße sein. Nigella Lawson trägt bestickte Jeansjacken und sie ist eine Göttin. Darum habe ich diese Jacke ja gekauft«, erklärte Tara. »Damit ich wie Nigella aussehe.«
    »Tust du aber nicht.« Der Junge mühte sich redlich, ehrlich zu sein. Er beäugte ihr kurzes, weißblondes Haar, die Kurven, die hautengen Jeans und die spitzen Stiefel. »Du siehst wie Dolly Parton ohne Perücke aus.«
    Tara tat Daisy Leid. Na gut, ihr Outfit war an diesem Abend nicht gerade hilfreich, aber ungeachtet dessen, was Tara auch trug, sie sah immer irgendwie … willig aus. Sogar in ihrer Zimmermädchenuniform strömte sie eine Aura des Leicht-zu-haben-seins aus. Wahrscheinlich war ihr Liebesleben deshalb eine einzige Katastrophe; jeder Mann, der ihr zum ersten Mal begegnete, nahm automatisch an, sie sei ein kesses Mädchen, mit dem man für kurze Zeit viel Spaß haben konnte.
    »Ach, Kopf hoch.« Der Junge stieß Tara ermutigend an. »Wenigstens bist du nicht hässlich. Ich sag dir was«, fügte er großzügig hinzu, »ich muss jetzt los, aber warum gehen wir nicht irgendwann was trinken?«
    Das war noch so etwas, das Tara im Laufe der Jahre aufgefallen war. Wenn ein Mann ernsthaft an einer Frau interessiert war, dann lud er sie zum Essen ein. In ihrem Fall war es fast immer nur ein Drink.
    Ach zur Hölle, er war ja auch gar nicht ihr Typ. Weder er noch seine schmutzig grinsenden Kumpel.
    »Klingt gut, ruf mich an.« Zufrieden schrieb sie ihren Namen und ihre Telefonnummer auf einen Bierdeckel.
    »Ich rufe dich morgen an«, versprach der Junge. »Ich heiße übrigens Jerry.«
    Dank intensiven Flirtens hatte Tara es bis 23 Uhr 30 geschafft, ihre echte Telefonnummer an vier Männer zu verteilen und eine erfundene Telefonnummer an einen völligen Trottel.
    »Das nenne ich eine ordentliche Leistung. Fünf Männer werden mich morgen anrufen und ich werde jedem Einzelnen sagen, dass er mir mal im Mondschein begegnen kann! Mein Gott, ich kann es kaum erwarten.«
    »Vielleicht rufen ja nicht alle an«, gab Daisy zu bedenken.
    »Ach, hör auf, du bist ja nur neidisch. Ich hatte heute Abend echt Spaß!«
    Daisy wünschte, in ihrem Innern würden ebenfalls sechs Glas Wein plätschern wie bei Tara und nicht drei Liter Cola.
    »Ist es nicht langsam an der Zeit, dass du den Führerschein machst? Ich dachte, Maggie wollte dir Fahrunterricht geben?«
    »Entschuldige mal, hast du je gesehen, wie die Frau fährt? Nein danke.« Tara hickste und schüttelte ruckartig den Kopf. »Sie würde mich ständig anbrüllen, aufs Gas zu treten. Und wechsle jetzt nicht das Thema. Ich habe mich heute toll amüsiert. Morgen habe ich frei und ich werde haufenweise Männer abservieren. Na ja, mindestens drei.«

    Am nächsten Morgen wachte Tara um zehn Uhr auf. Sie fühlte sich allmächtig und außerordentlich wohl in ihrer Haut. Als sie in den Badezimmerspiegel blickte, sah ihr eine attraktive, begehrenswerte Frau entgegen. In ihrem Horoskop in der Daily Mail stand, dies sei der Tag, um eine Veränderung einzuläuten und der Welt zu beweisen, dass sie kein leicht zu besiegender Gegner war.
    Eine hervorragende Nachricht. Tara konnte es kaum erwarten, endlich damit anzufangen.
    Das Problem war nur, dass das Telefon nicht klingelte. Kein einziges Mal.

12. Kapitel
    Er hieß Otto, aber das war nicht seine Schuld. Er war sechs Jahre alt, und er weinte so heftig, dass er kaum sprechen konnte.
    Traurigerweise traf das nicht auf seine Mutter zu, die nicht erkennen ließ, dass ihr jemals der Atem ausgehen würde.
    New Yorker. Warum durfte man sie nicht einfach knebeln? Ihre schrille, nasale Stimme, die wie ein Zahnarztbohrer klang, hallte in Daisys Schädel wider.
    »MrsWilder, ich sehe ja, dass Otto verstört ist, aber ich kann die Feuerwehr nicht alarmieren. Sie rettet nur Menschen oder Tiere und sie mag es gar nicht, wenn man sie ruft, um ein Plastikflugzeug von einem Baum zu holen.«
    »Aber er weint doch! Sehen Sie sich sein kleines Gesichtchen an!«, schrillte MrsWilder, während Ottos Schluchzer noch lauter wurden. »Es ist auch kein billiges

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