Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)
schon wieder.
Das Herunterklettern erwies sich als schwieriger als das Hinaufklettern. Daisy fühlte sich unschön und alles andere als reizend in ihrem exkrementbraunen Overall. Sie wünschte, alle würden sich verziehen und sie allein lassen, anstatt wie ein Zirkuspublikum mit anzusehen, wie ihr Hintern immer größer und größer wurde, je näher sie ihnen kam.
Als sie schließlich die oberste Leitersprosse erreichte, sah sie nach unten und entdeckte, dass Dev die Leiter festhielt.
»Lassen Sie los«, erklärte sie mürrisch, »ich komme allein zurecht.«
»Sie haben es weit gebracht, Wonderwoman«, rief er zurück. »Unnötig, sich auf den letzten Metern noch ein Bein zu brechen.«
Daisys Füße waren inzwischen taub vor Kälte. Sollte Dev Tyzack ihr die Hände auf die Hüften legen, um ihr die letzten Sprossen herunterzuhelfen, dann wüsste sie, dass er zu diesen allzu vertraulichen Männern gehörte, die immer gleich alles anfassen müssen, und sie wäre gezwungen, ihm in sein Geläut zu treten.
Aber er tat es nicht. Als sie merkte, dass sie die Luft anhielt und auf den körperlichen Kontakt wartete, musste Daisy widerwillig einen Punkt an ihn abgeben.
Er lachte sie an. »Gut gemacht, Wonderwoman.«
Otto kam auf sie zugelaufen und warf seine Ärmchen um ihre Beine. »Danke, Daisy! Ich wusste, Sie würden es schaffen. Sie sind toll. Ich zeige es gleich meinem Dad!«
»Sie hätten sich umbringen können«, meinte Dev Tyzack ausdruckslos, als Otto quer über den Rasen davonrannte. »Und das alles wegen einem Spielzeugflugzeug.«
»Ein Spielzeugflugzeug von Harrods.«
Er nickte ernst. Das war natürlich etwas anderes. »Ich hätte sie gar nicht für den Klettertyp gehalten.«
»Das ist nur eines meiner vielen Talente. Was machen Sie hier eigentlich?« Daisy ratschte den Overall auf und trat heraus. Nur falls er dachte, diese umwerfende Bekleidung trage sie normalerweise während ihrer Dienstzeit.
»Wie bei Wonderwoman, nur andersherum«, staunte Dev. »Eigentlich wollte ich Sie besuchen.« Er legte eine bedeutungsschwangere Pause ein, bevor er hinzufügte: »Ich benötige einen Konferenzraum.«
»Ach wirklich? Und jetzt soll ich Ihnen ein Hotel empfehlen? Nun, es gibt mehrere gute Hotels in Bristol und Bath … «
»Ich dachte eigentlich an Ihr Hotel.« Er sah amüsiert zu, wie Bert seinen Overall entgegennahm und Daisy dafür ihre Stiefel reichte. »Soll ich Ihnen beim Anziehen helfen?«
Als sie in ihr Büro kamen, setzte sich Daisy und ging den Terminkalender auf ihrem Schreibtisch durch. »Ja, der Konferenzraum ist an dem fraglichen Tag frei. Wir stehen zu Ihrer Verfügung. Wenn Sie uns wirklich haben wollen.«
»Mir gefällt dieses Hotel.« Dev grinste sie jetzt unverhohlen an. »Es liegt in der Nähe der Autobahn. Allerdings wäre es mir sehr recht, wenn Ihr Zimmermädchen meine Gäste nicht verführt.«
»Ich werde mir das extra notieren. Keine Ver … führ … ungen«, wiederholte Daisy langsam, während sie es aufschrieb. »Wie geht es übrigens Ihrem Freund Dominic?« Sie täuschte Interesse vor. »Ist er immer noch verheiratet?«
Es klopfte an die Tür. Pam, die Empfangsdame, streckte den Kopf herein.
»Daisy, der Elektriker ist am Telefon. Wäre morgen Nachmittag okay für die Sicherheitsüberprüfung?«
»Morgen habe ich frei. Kannst du das mit Vince abstimmen?« Vince war der stellvertretende Geschäftsführer. Daisy sah zu, wie Pam Dev Tyzack musterte und hinter seinem Rücken bewundernd mit den Brauen wackelte. Pam war 43 und bereits Großmutter, aber im Geiste war sie immer noch 22.
»Soll ich Kaffee organisieren?«
»Danke, nein.«
Pam wurde zum Empfang zurückbeordert. Daisy stellte Fragen zu der Konferenz, die Dev Tyzack für seine Management Consulting-Firma mit dem bescheidenen Namen TYZACK plante, und machte sich Notizen. Ihm gehörte auch eine Videoproduktionsfirma, die Trainingsvideos produzierte, wie Daisy erfuhr.
»Gut. Das hätten wir also.« Daisy lehnte sich am Ende auf ihrem Stuhl zurück und fuhr sich mit den Fingern durch ihr Haar, das immer noch klatschnass war.
»Bei unserer letzten Begegnung sahen Sie auch schon so aus«, sagte Dev Tyzack lächelnd. »Dieses Mal fehlt der Schlamm. Was machen Sie morgen?«
Daisy konnte nicht ganz folgen. Sie fragte sich, was er meinte. »Wie bitte?«
»Morgen. An Ihrem freien Tag.«
Daisy spürte, wie ein Wassertropfen nicht sehr verführerisch über ihre Schläfe kullerte. »Ich weiß noch nicht. Vielleicht probiere
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