Mitten in Amerika
Bromo sah hingerissen zu, den tropfenden Holzlöffel in der Hand. Als die Karussellmusik erklang und der Abspann lief, setzte er sich neben Tam auf das Sofa und sagte: »Wir müssen uns unterhalten.« Er legte den Löffel auf den Couchtisch, ohne sich daran zu stören, daß der Teig den Tisch verschmierte. Dann blickte er auf und sah Bob, der hersah.
»He, Bob, kümmerst du dich um die Plätzchen? Ich muß mit Tam reden.«
Bob blickte schnell zu seinem Onkel, der nickte, und ging in die Küche, wobei er die Schwingtür ostentativ zuschlug. Er hörte Bromos Stimme leise einen langatmigen Vortrag brummen. Er war neugierig, konnte aber nicht hören, was sie sagten, auch nicht mit dem Ohr an der Tür. Hin und wieder stellte Onkel Tam eine Frage, und dann legte Bromo wieder los,lange, rollende Redewogen; er redete mehr, als Bob ihn in acht Jahren hatte sagen hören. Als die Plätzchen fertig waren, legte er welche auf einen Teller und brachte sie ihnen, doch als er die Tür aufstieß, verstummten beide, sahen zu, wie er den Teller abstellte, sagten danke schön und warteten, bis er gegangen war, bevor sie wieder zu reden begannen. Er nahm sich eine Handvoll warme Plätzchen und ging nach oben. Um zehn putzte er sich gähnend die Zähne und hörte sie unten noch immer reden.
In den frühen Morgenstunden erwachte er schlaftrunken, stieg aus dem Bett und öffnete seine Zimmertür. Das Stimmengemurmel von unten hielt an. Jetzt redete Onkel Tam; die einzigen Wörter, die er verstehen konnte, waren »… fairer Marktpreis«. Er nahm an, daß sie über Plastik sprachen.
Um acht Uhr sprang Bob die Treppe hinunter; er war als erster auf, was ihn nicht verwunderte, wenn die beiden die halbe Nacht über Kämme und Armbänder debattiert hatten. Im Abfall war eine leere Scotchflasche. Er schaltete die Kaffeemaschine ein und ging nach draußen, lief zum ContinuumZeitungsstand, um die Zeitung zu holen, und kaufte auf dem Rückweg in der Sweet-Mountain-Bäckerei das Erdbeer-Pistazien-Blätterteiggebäck, das sie alle drei so gern aßen. In der Küche deckte er den Tisch, stellte Milch und Zucker bereit, holte drei Eier aus dem Kühlschrank, suchte nach dem nitratfreien Speck, den Onkel Tam grundsätzlich kaufte, hörte schlurfende Schritte hinter sich. Es war Onkel Tam in seinem abgetragenen karierten Bademantel, triefäugig und verkatert.
»O Mann, den Kaffee kann ich gut vertragen.«
»Wie lange seid ihr noch aufgeblieben?«
»Bis es hell wurde. Ich bin erst vor zwei Stunden ins Bett gegangen.« Er sah zum Tisch, zu den drei Gedecken. Er nahm einen der Teller und eine Besteckgarnitur und räumte beides weg.
»He, warum tust du das? Bromo frühstückt auch gern.«
»Heute nicht. Er ist fort. Ging um fünf. Er hat mich dazu gebracht, seinen Anteil zu übernehmen. Von jetzt an sind wir nur noch zu zweit, mein Junge.«
»Aber wohin wollte er? Und warum? Wie kannst du seinen Anteil übernehmen, wenn wir gar kein Geld haben?«
»Er ist nach Iowa City gegangen; dort wohnt seine Schwester, und von dort will er nach New York. Er sagt, er will Fachmann für antike Möbel werden, so wie die Keno-Brüder. Künstlerisches Plastik interessiert ihn nicht mehr. Und du hast recht, ich habe kein Geld, und deshalb mußte ich ihm versprechen, daß ich ihm einen bestimmten Betrag auszahle, falls es mir je gelingen sollte, den ganzen Ramsch loszuwerden. Und wenn du nichts dagegen hast, würde ich das Thema gern ein für allemal abschließen. Sonst kriege ich noch Hirnhautentzündung davon.«
Bob war klug genug, den Mund zu halten. Und wenige Wochen später trat er seine erste Stelle an – Packer bei Sandman’s, dem Lebensmittelgeschäft, wo er als Dreingabe zum Lohn übriggebliebenes Obst und Gemüse, Eier und Fleisch bekam. Von da an ernährten sie sich von halbvergammelten Nahrungsmitteln mit abgelaufener Haltbarkeitsdauer und hatten häufig Durchfall.
3. Mist, schon wieder unterwegs
A m Morgen nach dem Steakessen zur Feier seines neuen Jobs war Bob in einem neuen blauen Saturn, einem Firmenwagen von Global Pork Rind, auf der Interstate 25 nach Süden unterwegs und hielt Ausschau nach entflohenen Sträflingen in weißen Lieferwagen. Er tankte in Trinidad, kaufte sich einen triefenden Chili-Hot-dog, den er beim Fahren aß, hielt an einer Quelle neben der Straße unterhalb des Raton-Passes, um sich die Hände zu waschen und das Lenkrad sauberzumachen.
Auf dem Beifahrersitz lagen die Päckchen, die sein Onkel ihm vor dem Restaurant
Weitere Kostenlose Bücher