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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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Mann zündete sich eineZigarette an und blies eine Rauchwolke aus, die jeder Zigarre zur Ehre gereicht hätte.
    »Verzeihung?«
    »SAUEN! Schweine. Ferkel. Oink, oink.«
    »Sind Sie Züchter, handeln Sie damit, sind Sie Metzger oder was?« Bob wußte, daß es in Cactus eine Fleischfabrik gab, aber er hatte gedacht, daß dort Rindfleisch verarbeitet wurde, weil sie in der Nähe einer Standweide lag.
    »Manager. Im Mastbetrieb. Tagesschicht.« Das letzte Wort sagte er mit merklichem Stolz.
    »Wirklich?« sagte Bob. »Wie heißt Ihre Niederlassung? Ich meine, bei welcher Firma arbeiten Sie? Ich meine, sind Sie selbständig? Gehören Sie zu Texas Farms?« Der andere Bob wandte den Blick nicht von Orlando und der Blondine. Orlando sagte gerade etwas zu ihr, und sie schaute zu dem Tisch mit den zwei Bobs hinüber und runzelte die Stirn. Irgend etwas an ihrem Gesichtsausdruck kam Bob bekannt vor. Er versuchte ihn mit Violets Nachtbummel in Verbindung zu bringen, doch statt des Films fiel ihm ein, wie er Tater Crouchs Grundstück verlassen hatte und ein staubiger SUV mit stirnrunzelnder blonder Fahrerin in einer Kieselwolke aufgetaucht war, gefolgt von der blitzartigen Erinnerung an die letzte Seite der Hauszeitschrift von Global Pork Rind und an die Frau mit dem Kassettenrecorder, die Freda Beautyrooms interviewt hatte.
    »Großer Gott«, sagte Bob Dollar, als sich das Bild zusammensetzte, »Evelyn Chine! «
    »Nee. Global Pork Rind. Große Firma in Tokio. Inhaber sind Japsen. Ich leite einen der Mastbetriebe. War früher Materialprüfer bei Texola, aber das hier ist besser bezahlt. Und weniger Streß. Als Materialprüfer hat man eine Menge Verantwortung. Vor allem bei den Gasleitungen. Erinnern Sie sich nur an Garland, wo der Boden vor Trockenheit auseinander- brach und die Gasleitung leck wurde. Durch die Risse ist das Gas in Häuser eingedrungen, und die sind in die Luft gegangen.Drei Tote. Mastschweine bringen einen wenigstens nicht so schnell um. Und einen Zweitjob habe ich in der Karbonfabrik in Pampa.«
    Das, dachte Bob, erklärte die dunklen Furchen in der Haut des Mannes. Er hätte ihm am liebsten Hunderte von Fragen über Mastschweine gestellt, dachte, endlich einen Zugang zu dem verbotenen Ort gefunden zu haben, doch Orlando steuerte zum Tisch zurück. Die Blondine mit dem Bierbauch suchte die Tür mit der Aufschrift M ÄDCHEN auf.
    »He«, sagte Bodfish zu Bob, »haben Sie sich schon mal diesen Alley-Bates-Steinbruch angesehen? Drüben bei Lake Meredith? «
    »Nein«, sagte Bob. »Ich hatte immer vor, mal hinzufahren. Was gibt es in Alibates zu sehen?« Den Namen sprach er als ein Wort aus.
    »Feuersteine. Ein Steinbruch für Feuersteine. Die Indianer haben dort Steine gebrochen und sich daraus Pfeilspitzen und Messer und so weiter gemacht. Richtig hübsch, alle möglichen Farben. Die Indianer, die am Canadian gelebt haben, waren reich, verglichen mit anderen Stämmen. Sie hatten diese Feuersteine, die alle haben wollten. Vor ein paar Jahren habe ich angefangen, Steine zurechtzuschlagen. Als Hobby. Ist schwerer, als man denkt. Aber inzwischen bin ich ganz gut. An das AlleyBates-Zeug kommt man natürlich nicht ran, das ist für das Publikum gesperrt. Man darf nur mit Führer rein, und der paßt auf wie ein Luchs. Aber am Canadian gibt es Stellen, wo man es finden kann, und ich weiß welche. Ich mache Pfeilspitzen, wissen Sie, vergrabe sie für ein paar Jahre, damit sie alt aussehen, und dann nehme ich sie im Handschuhfach mit, wenn ich nach Michigan oder Kentucky fahre, irgendwohin, wo es Indianerruinen oder so gibt, und da verliere ich ein paar von meinen Pfeilspitzen. Und die Archäologen sind dann ganz aus dem Häuschen, weil sie denken, sie hätten eine wichtige Handelsroute entdeckt.«
    Bevor Bob auf dieses häßliche Bekenntnis etwas erwidern konnte, ließ Orlando sich auf seinen Stuhl krachen.
    »Mann, die kann vielleicht tanzen«, sagte er. »Aber die Musik ödet an. Im Gefängnis habe ich oft allein in meiner Zelle gepfiffen und getanzt. Um die Muskeln in Schuß zu halten. Die neuen Tänze kann man so natürlich nicht lernen. Da habe ich Nachholbedarf. Aber zu diesen ollen Kamellen kann ja jeder Idiot tanzen.«
    »Früher gab es gute Musik. Gute Tanzmusik, die gab es in den alten Zeiten. Bob Wills, der hat den Texas-Swing gespielt, bevor er nach Tulsa ging. Das war vor meiner Zeit, aber ich hab eine Sammlung von CDs mit Musik aus den Fünfzigern, als der Swing ein Comeback hatte. Merle Haggard Got Asleep

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