Mitten in Amerika
Mit drei Nymphomaninnen im Tresorraum eingesperrt ? Oder an Reanimator ? Wo das künstliche Blut hektoliterweise fließt? Seit ich draußen bin, habe ich erst einen Film gesehen – Cyberspace-Königin . Eine Japanerin, die dieses enganliegende Polyesterzeug trägt, das mit lebenden Ameisen beklebt ist, gewinnt den Titel Cyberspace-Königin, weil sie im Websurfen so wahnsinnig schnell ist. Aber weil sie so schnell ist, macht sie einen Fehler beim Internetshoppen, und statt ihrem Freund eine Geburtstagskarte zu schicken, kriegt sie es mit ein paar richtig üblen Kriminellen zu tun.«
»Das ist eine tolle Idee. Sich die Filme zu erzählen.« Bob lachte, schüttelte den Kopf und sah sich um. In der Bar waren fünfzehn, zwanzig Gäste, hauptsächlich alte Frauen mit sonderbarenFiguren: eine knochige Mittfünfzigerin ohne Büstenhalter mit schwarzgefärbten Haaren, die mit schmachtenden Blicken den Sänger bedachte, eine dickliche Frau mit weißer Igelfrisur, die allein tanzte. Alle Frauen schienen mehr oder minder sehnsüchtig den Sänger anzustarren, einen Achtzigjährigen mit rotem Toupet, der in sein Mikrofon brüllte. Ein Schild mit Sternenglitter am Bühnenrand besagte Ruby Loving. Eine stämmige Blondine mit Bierbauch, an die in schmierigen Pseudotweed gekleidete Schulter ihres Begleiters geschmiegt (möglicherweise ein ehemaliger Heizer von wasserscheuem Naturell, nach den schwarzen Schmutzspuren in seinen Falten zu schließen), jammerte ununterbrochen: »O Ruby, o Ruby, du wundervoller Mann!«
»Kommt mir eher vor wie aus Nacht der lebenden Toten «, sagte Bob.
Ruby Lovings große Hängeohren waren so faltig und knorpelig, daß sie wie aufgefädelte Trockenpilze aussahen. Er war zahnlos, aber das Hemd hatte er bis zum Bauchnabel aufgeknöpft, und Schweißperlen glitzerten auf einer Matte weißen Brusthaars, während er brüllte: »Don’t let the stars get in your eyes …«
»Orlando«, sagte Bob, »wir sind in einem Seniorenclub gelandet. Keiner der Anwesenden ist unter fünfundsechzig. Der Barkeeper ist mindestens achtzig. Mindestens.«
»Stimmt«, sagte Orlando. »Aber ich hab den Laden wenigstens gefunden. Und Schnaps gibt es auch. Willst du etwa noch länger in der Gegend rumfahren?« Und er rief der Blondine mit dem Bierbauch zu, ob sie zufällig Violet heiße.
»Nee. Della«, antwortete sie und betrachtete Orlando interessiert. »Waren Sie schon mal hier?«
»Ausgeschlossen. Ich war im Bau. Ich und mein Kumpel« – er deutete auf Bob – »sind gerade rausgekommen.«
»Orlando!« flüsterte Bob. Aber der Muskelprotz war nicht zu bremsen. Er forderte die Frau, die er hartnäckig Violet nannte,auf, sich zu ihnen zu setzen. Ihr schwarzgeränderter Begleiter kam mit und wirkte recht aufgekratzt, wahrscheinlich, wie Bob vermutete, weil er auf freie Drinks spekulierte. Sollte Orlando doch für sie zahlen. Schließlich gab er mit seinem Reichtum an.
»Ich bin Della, und das ist Bob«, sagte die Frau und tätschelte ihrem Gefährten mit den dunklen Falten die Schulter.
»Moment mal«, sagte Orlando, »das geht nicht. Bob haben wir schon einen. Sie sind Violet, und Ihr Freund ist – Bram. « Bob vermutete, daß Orlando Bram Stoker in den Sinn gekommen war. »Violet und Bram.« Er winkte nach Getränken und gab dem alten Barkeeper, der mit schräggeneigtem Tablett herbeischlurfte, ein fettes Trinkgeld.
Der ältere Bob war von dem Namen Bram jedoch nicht angetan.
»Ich heiße Robert Bodfish«, sagte er laut und aggressiv mit einem kriegerischen Blick in Orlandos Richtung. »Und Sie sagen Robert oder Bob oder Mr. Bodfish zu mir. Kapiert?« Er steckte eine Hand in die Jackettasche.
Orlandos Gesicht verzog sich höhnisch, und er wollte den Mund öffnen, doch im gleichen Augenblick wie Bob sah er das Blinken des Metalls, das aus der Tasche auftauchte.
»Klar, Bob«, sagte er verbindlich. »Ganz wie Sie wollen. Tja«, sagte er zu Bob Dollar, »dann nenne ich eben dich Bram. Wollen wir tanzen?« sagte er zu Violet, die nickte und aufsprang. Als sie zur Tanzfläche gingen, hörte Bob Orlando sagen: »Süße, dich würde ich gerne ein bißchen näher kennenlernen«, und ein paar Minuten später bewegten sie sich zu Itsy Bitsy Teenie Weenie Yellow Polka Dot Bikini . Die zwei Bobs saßen stumm nebeneinander und blickten auf den Tisch. Zuletzt, als der Sänger die Überleitung zu Moon River intonierte, sagte Bob Dollar: »Äh, Mr. Bodfish, in welchem Gewerbe sind Sie tätig?«
»Sauen.« Der dunkelgeränderte
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