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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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versuche es einfach auf eigene Faust.«
    »Falls er wirklich Ihr Chef ist und Sie kein Reporter oder
 blutrünstiger Aktivist sind, falls das so ist, dann muß er doch
 einen guten Grund haben, warum er Sie nicht reinläßt, oder?«
 Am Morgen fühlte Bob sich völlig zerschlagen und hatte
 Kopfschmerzen. Es dauerte fast bis mittags, bis er entlassen wurde,nachdem der Sheriff ein langes Telefongespräch mit Ribeye Cluke geführt hatte. Der Sheriff fuhr ihn zu seinem Wagen zurück und händigte ihm die Schlüssel aus.
    »Ihr Chef ist ganz schön wütend auf Sie.«
    »Ja«, sagte Bob.
    »Ich habe Ihnen schon mal gesagt, daß Sie sich besser einen anderen Job suchen. Für den hier sind Sie nicht geschaffen. Und jetzt sorgen Sie dafür, daß Sie nicht wieder in Schwierigkeiten kommen.«
     
    Nachts hatte es geregnet; alles war naß, die niedrigen Wolken saßen wie ein grauer Deckel darüber, und die silbrigen Tropfen verliehen der Landschaft einen entsühnenden Glanz. Bob ging geradewegs in die Baracke und machte sich Kaffee. Er dachte über den Sheriff nach. Er dachte über den Greisennachtclub in Amarillo nach. Er dachte über seine unmittelbar bevorstehende Unterhaltung mit Tater Crouch nach und darüber, was er sagen wollte.
    Der Kaffee war heiß und gut, und allmählich wurde sein Kopf klar, und er fühlte sich besser, so daß er in Leutnant Aberts Bericht die Schilderung einer Verfolgungsjagd weiterzulesen begann, die einem »treulosen Reittier« galt, dem Maultier von Aberts Freund William Guy Peck. Leutnant Peck war abgestiegen, um die Früchte eines Wildpflaumenstrauchs zu kosten, und als er sein Muli wieder besteigen wollte, raste dieses in plötzlicher Kopflosigkeit davon. Peck rannte in einer Art Slalom um die Kakteen herum hinterher. John Hatcher, ein erfahrener Scout, ritt in halsbrecherischem Tempo dem durchgegangenen Maultier nach, wurde jedoch abgehängt. Andere Expeditionsteilnehmer schlossen sich der Verfolgung an, auch Abert, dessen kostbares Skizzenbuch sich auf dem Rücken des Deserteurs befand. Abert schrieb: »Nach sechs Meilen wurde das treulose Reittier von kundiger Hand mit dem Lasso eingefangen, und wir kehrten zufrieden und mit gerettetem Skizzenbuchund nicht wenig erbaut von unserer eines Gilpin würdigen Verfolgungsjagd zu unserem Lager zurück.«
    Über die Erwähnung Gilpins mußte Bob unwillkürlich lächeln, denn er erinnerte sich gut an Cowpers komisches Gedicht, das er als Schüler mit größtem Vergnügen gelesen hatte:
     
    Sein Pferd, dem Gilpins Reitkünste
    Geheuer waren nicht,
    Fragte sich aufs neugierigste,
    Wer sein mocht’ dieser Wicht.
     
    Die Hunde bellten, Kinder schrien,
    Die Fenster riß man auf,
    Und jedermann rief: Wohlgetan!
    So laut es die Stimme erlaubt.
     
    Bob saß auf der Veranda und lachte in seine leere Kaffeetasse bei der Vorstellung, wie ein halbes Dutzend Expeditionsteilnehmer hinter dem flüchtigen Maultier herjagten. Wie gebannt las er weiter. Der Leutnant hatte beim Verfassen dieser Eintragung wohl kaum weniger Vergnügen empfunden als Bob bei der Lektüre; eingehend beschrieb er den Unglückshäher, »… dessen Gefieder von der Färbung des dunkelsten Blaus eines wolkenlosen Himmels ist. Dieser Vogel liebt es über alles, andere Vögel zu foppen und zu verspotten. Ich habe mir selbst hin und wieder die Zeit damit vertrieben, ihre Töne nachzuahmen, woraufhin sie in größter Erbitterung davonstürmten, so erbost, wie es jeder Mensch wäre, der sich der Lächerlichkeit preisgegeben fühlt.«
    Doch das Gespräch mit Tater konnte er nicht länger hinausschieben, und deshalb zog Bob ein sauberes Hemd an, kämmte sein Haar und machte sich auf den Weg; Leutnant Abert nahm er mit, denn er beabsichtigte, nach dem Gespräch unter einem schattigen Baum am Ufer des Canadian, wo eineinhalb Jahrhundertezuvor Abert persönlich gerastet haben mochte, ein Sandwich zu essen. Unterwegs fielen ihm die wächsernen gelben Kaktusblüten auf und die Yuccastengel, die ihre cremefarbenen Blütenstände entfalteten.
     
    »Was, Sie schon wieder?« Der alte Mann war nicht erfreut, ihn zu sehen.
    »Nun ja, ich muß etwas mit Ihnen besprechen«, sagte Bob. Er fackelte nicht lange und sagte: »Es geht um einen Geschäftsvorschlag. Ich möchte Ihr Grundstück kaufen. Für eine Schweinefarm. Ich vertrete Global Pork Rind.«
    »Das ist ganz schön offen«, sagte Tater Crouch. »Wie kommen Sie auf die Idee, daß ich es für so einen abscheulichen Zweck verkaufen würde?«
    »Weil

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