Mitten in Amerika
auf Freda Beautyrooms ebenfalls – das Deckmäntelchen mit der Doktorarbeit konnte Bob nicht täuschen. War das überhaupt ihr Revier? Hatte sie ihre tollen Abschlüsse nicht in Oklahoma oben gemacht, in der Nähe von Guymon? Was tat sie auf Bobs Terrain? Wildern? Ja, entschied Bob, sie wilderte. Sie hatte in Bob das Greenhorn erkannt und nahm die Chance wahr, ihn zu übertrumpfen und ihn um seine Abschlüsse zu betrügen. Er mußte Tater Crouch morgen früh festnageln. Er mußte Tater dazu bringen, mitzumachen. Es sei denn, Evelyn Chine, die Frau, die gestern in dem grünen SUV durch Taters Einfahrt gekommen war, hatte den alten Mann bereits dazu beschwatzt, auf der getüpfelten Linie bei ihr zu unterzeichnen. Für Bob stand es außer Frage, daß sie bei den alten Knaben auch ihre weiblichen Reize ins Spiel brachte, flirtete und schäkerte. Wie Freda Beautyrooms gesagt hätte, diese Frau war eine Schlange. Und was war mit Ace Crouch und Jim Skin? Jim würde verkaufen, das war klar, aber Ace?
Er merkte, daß er sich auf der Coppedge Road kurz vor Woolybucket befand. Ein einzelnes beleuchtetes Schild und einkleiner Verschlag mit Fenstern hinter dem Tor unterbrachen die Panhandle-Finsternis. King Karolina Farms inc. Er war vorbeigefahren, bevor er begriff. Er trat auf die Bremse, fuhr zurück und starrte hinüber. Kein Zweifel, es war eine Schweinefarm, und das Tor stand offen, das Wächterhäuschen war leer. Seine Chance! Er fuhr hinein und parkte neben einem silberfarbenen Pickup mit einem Aufkleber, auf dem stand: Texas-Farmer ernähren die Welt.
Bob ging so langsam und leise wie möglich über den knirschenden Kies zur Tür des fensterlosen Gebäudes. Plötzlich sprangen die großen Ventilatoren am Gebäudeende mit einem Dynamogeräusch an und übertönten seine Schritte. Er war nur noch wenige Meter von der Tür entfernt, als zwei leuchtende Bewegungsmelder ihn erfaßten. Er hörte, wie im Haus Alarm ausgelöst wurde. Er drehte sich um und lief zum Saturn zurück, ließ ihn an, stieß zurück und sah gerade noch, wie die Verriegelung sich automatisch einklinkte. Rote Lichter begannen oben auf dem Tor zu blinken. Er saß in der Falle; einen zweiten Ausgang gab es nicht.
Aus dem Gebäude kam niemand, und nach fünf Minuten hupte Bob. Wieder niemand. Er stieg aus und ging zur Tür des Gebäudes, an deren Griff er zerrte. Die Tür war verschlossen. Er blickte auf und sah eine Überwachungskamera. Man wußte also von seiner Anwesenheit. Er klopfte an die Tür und rief. Keine Reaktion. Er hämmerte gegen die Tür. Keine Reaktion. Zuletzt setzte er sich in den Saturn und wartete. Wenn die Tagesschicht begann, würde man ihn hinauslassen müssen.
Doch nach etwa einer Viertelstunde sah er weit entfernt blinkende kirschrote Lichter. Bevor das Fahrzeug näher kam, wußte er, wem es gehörte.
Als der Wagen des Sheriffs vorfuhr, lockerte die elektronische Sicherung ihren Griff, und das Tor öffnete sich. Innerhalb von Sekunden war der Sheriff aus seinem Streifenwagen gesprungen und stand vor Bob.
»So, so, so, wen haben wir denn da bei dem Versuch erwischt, in die Schweinefarm einzubrechen? Was soll das, Dollar? Wollten Sie sich ein paar Ferkel als Sonntagsbraten unter den Nagel reißen?«
»Hören Sie, das klingt jetzt sicher dämlich, aber ich wollte mich nur informieren, wie es da drinnen aussieht.«
»Das sagen auch die Tierschützer, wenn sie sich illegal Zugang verschaffen wollen, das sagen auch die Umweltaktivisten. Für wen arbeiten Sie, Bob Dollar? Und verschonen Sie mich mit dem Quatsch über Global Pork Rind. Ich weiß, was für einer Sie sind. Sie sind Frontmann bei einer militanten Tierschutzorganisation. Und getrunken haben Sie außerdem. Alkohol am Steuer zu allem Überfluß. «
»Das bin ich nicht !« schrie Bob mit überschnappender Stimme.
Der Sheriff sprach in ein Handy. »Ja, den Vogel kenne ich. Ich nehme ihn mit.«
Er holte Bob aus dem Saturn, legte ihm Handschellen an und forderte ihn auf, sich auf den Rücksitz des Streifenwagens zu setzen, während er den Saturn am Straßenrand parkte. Dann fuhr er Bob zum Gefängnis.
»Was haben Sie eigentlich mit diesen Schweinefarmen zu schaffen?«
»Das ist ein Job. Mein Job. Ich dachte, ich wäre in dem Job vielleicht besser, wenn ich wüßte, wie es in so einer Schweinefarm aussieht, aber mein Chef, der, mit dem Sie gesprochen haben, hat gesagt, die Firma würde grundsätzlich keine Scouts in die Mastbetriebe reinlassen. Und da dachte ich mir, ich
Weitere Kostenlose Bücher