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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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verlegt.«
    »Wahrscheinlich gäbe es auch bei Elk-Brüdern und Kriegsveteranen einen Markt für solche CDs«, sagte Bob. »Feuerwehrleute und Arbeiter auf Ölplattformen und National Guards? Hast du schon an das Militär gedacht?«
    »Mann! Was für eine Superidee! An diese Typen hatte ich noch gar nicht gedacht. Bob, ich will dir was sagen, steig doch bei mir ein, werde unser Verkaufsmanager. Ich habe diesen Partner in Austin, meinen alten Zellengenossen Smoko, aber es springt für uns alle genug raus. Du hast gute Einfälle. Wir wollen Dolby-Fünfkommaeins-Aufnahmen von dem Gefurze herstellen, die auf DVD-Heimanlagen abgespielt werden können, mit Videobildern. Wir könnten absahnen wie noch nie. Aber es ist höllisch schwer, die Knete für die Konsole zusammenzukratzen.« Er warf einen kritischen Blick auf den schlammverkrusteten und staubigen Saturn. »Du könntest dir einen Lexus kaufen, alles, was du willst. Was sagst du dazu?«
    Bob wollte seinem alten Freund nicht zehn Minuten nach dem ersten Wiedersehen einen Korb geben, aber die Vorstellung, alten Veteranen und Elk-Mitgliedern Furzaufnahmen zu verkaufen, war abstoßend. Orlandos Schwierigkeiten, das Geld für seine Konsole zusammenzukratzen, hielt er für weit weniger gravierend als das Problem, wie man ein zumutbares Video zur Begleitung von Furzmusik herstellen sollte.
    »Ich muß darüber nachdenken«, sagte er. »Ich habe eine ganz gute Stelle.«
    »Wie? Was soll das für eine ›ganz gute Stelle‹ sein, Bob, wenn du in diesem Dreckloch im texanischen Panhandle haust? Komm schon, Bob, hier sieht es doch aus wie im Texas Kettensägenmassaker . Weißt du noch, das Mädchen in den Hotpants? Und der Fleischerhaken?« Sein abschätziger Blick erfaßte die Baracke, den Saturn, die Landschaft, die Pferde der Ranch, das Unkraut im Graben, die Truthühner, die in den Blätternscharrten, den bewölkten Himmel. »Schau mal, Bob: Ich war im Knast und bin erfolgreich. Du warst draußen in der Welt, und was hast du aus dir gemacht?«
    Bob schwieg. Er bezweifelte, daß er Orlando die Sache mit Global Pork Rind erklären konnte oder seinen Vorsatz, das, was er begonnen hatte, durchzustehen, auch wenn er es noch so ungern tat.
    »Ach, Scheiße, komm, wir machen eine Sause, hauen uns ein Barbecue rein und lassen uns vollaufen.«
    »Dafür müssen wir nach Guymon in Oklahoma oder nach Woodward oder nach Amarillo fahren. Woolybucket County ist trocken, und Barbecueläden gibt es auch keine.«
    Orlando starrte ihn ungläubig an.

24. Violets Nachtbummel
    N ach einer langen und erfolglosen Fahrt nach Woodward landeten sie zuletzt in Amarillo. In der Umgebung von Fort Supply beleuchteten Bobs Scheinwerfer ein Schild mit der Mitteilung A NHALTER KÖNNEN ENTFLOHENE S TRÄFLINGE SEIN . Sie bogen nach Westen ab, donnerten über den Oklahoma-Panhandle nach Boise City und weiter durch Stratford und Cactus, wo sie in eine unvorstellbar langsame Kette von LowRiders gerieten. Orlando spielte immer wieder A Perfect Day to Chase Tornadoes von Jim White. Als sie in Amarillo ankamen, war es nach elf Uhr, und in Bobs Gehirn hatte sich die Zeile »… sometimes I feel so goddamned trapped by everything that I know« eingegraben.
    Die ganze Fahrt über hatte Orlando Geschichten erzählt, unter anderem von der Comicheftsammlung seines Zellengenossen Smoko.
    »Er hatte fünfzig, sechzig Stück. Er war auch als Hacker hochgegangen. Aber er hatte eine nette Kollektion von Comics – 2600 nicht, das war nicht erlaubt, aber Dishwasher, Whackamole, Mouthnut, Tripwire und Bill of Kansas . Das war das beste, Bill of Kansas . Wie ein altmodischer Comic über die Geschichte dieses religiösen Bauernburschen, der in den Kampf gegen die Naturwissenschaften zieht. Smoko las jede neue Folge als erster und machte die Spannung kaputt, weil er verriet, wie es weiterging, wenn er zum Beispiel sagte: ›Diesmal sitzt der arme Bill voll in der Scheiße. Eine Bande Geologen hat ihn in einer Höhle eingesperrt und versucht seinem Dad die Farm wegzunehmen. Der Daddy ist auch ganz schön im Eimer. Er geht nicht mal mehr mittwochs zum Betabend. Laß dich nichthängen, Bill<, sagte er dann. Und ich mußte ihm Zigaretten geben, damit ich es lesen durfte. Die Bilder waren auch gut. Bill war dieser Freak mit beginnender Glatze. Latzhosenträger. Ja, der alte Smoko. Ist einen Monat vor mir rausgekommen. Er hatte seine Macken, du weißt schon. Jeder von uns hat eine physische Begabung, so wie diese Furzsache, meistens

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