Mitten in Amerika
denen es sich um fünf stattliche, friedfertige Frauen mittleren Alters handelte, von denen keine einzige in der Lage war, Unwichtiges von Wichtigem zu unterscheiden. Myrna Greiner hatte keine Skrupel, den Sheriff um drei Uhr morgens anzurufen.
»Sheriff, ich dachte, Sie sollten wissen, daß wir erfahren haben, daß ein schwarzer Panther in die Küche von Minnie Dubbs einzubrechen versucht. Sie kann hören, wie er faucht und an der Tür kratzt.«
»Woher weiß sie, daß es ein schwarzer Panther ist? Hat sie ihn gesehen?«
»Sie sagt, sie hört es an den Geräuschen, die er macht. Und sie hat aus dem kleinen Fenster in ihrer Speisekammer geschaut und hat ihn im Mondlicht gesehen, wie er auf den Hinterbeinen stand und an der Tür kratzte.«
»Rufen Sie sie zurück und sagen Sie ihr, daß ich rauskomme und ihn festnehme, wenn er sich bei Tageslicht immer noch rumtreibt. Sagen Sie ihr, sie soll sich Watte in die Ohren stecken und sich schlafen legen. Sagen Sie ihr, sie soll vorher ein Bad nehmen. Meine Oma hat immer gesagt, daß einen nachts die Panther holen, wenn man nicht gebadet hat. «
Doch für die Damen der Meldestellen waren alle Anrufe gleich wichtig, denn nach dem, was in den Zeitungen stand, war die Vorstellung, daß ein Panther sich aus New Mexico davonschlich und den Weg zu Minnie Dubbs’ Haus in Woolybucket fand, ebenso naheliegend wie die Befürchtung, daß ein Knarren im Erdgeschoß von einem entflohenen Sträfling herrührte, dem der Sinn nach Raub, Autodiebstahl und Mord stand. Ein solch entsetzliches Schicksal war dem tauben alten Mr. Gridiron widerfahren, der 1973 aus seinem Bett geholt, in seinem eigenen Lieferwagen entführt und hinter der Grenze nach Oklahoma am Straßenrand ermordet worden war.
Der große Sieg des Sheriffs über Tully Nelson, seinen einstigen politischen Widersacher, hatte sich vor einigen Jahren um halb neun Uhr abends in einer mondlosen Nacht ereignet, als er abgelegene Straßen kontrollierte. Von den texanischen Wildwächtern hatte ihn ein Hilferuf um Verstärkung erreicht.
»Sheriff Hugh, man hat uns einen Tip gegeben, daß eine Bande von Wilderern heute nacht in der Stink-Creek-Gegend ihr Unwesen treibt. Können Sie sich dort um zehn Uhr mit uns treffen?«
Als er den Anruf erhielt, befand er sich in einer Meile Entfernung von der Brücke; er fuhr an den Straßenrand, schaltete die Scheinwerfer aus, suchte die Wiesen mit seinem restlicht- verstärkenden Fernglas ab und entdeckte sofort die Standleuchtenam Straßenrand in Brückennähe. Er zählte vier Lichter – zwei Fahrzeuge. Er wendete, beschrieb eine große Schleife von vier Meilen in südlicher, östlicher, nördlicher und westlicher Richtung, um sich ihnen von hinten zu nähern, fuhr die letzte halbe Meile langsam und ohne Licht (er konnte im Dunkeln gut sehen und kannte die Straße in- und auswendig), hielt eine Viertelmeile vor der Brücke an und ging leise zu Fuß zu den geparkten Autos. Kurz vor der Brücke waren am Straßenrand zwei leere Sheriffgeländewagen mit Standlicht geparkt. Auf den Wagentüren sah er einen Stern und die Worte SlickFoRD County SheRiFF. Der Kofferraum eines der Fahrzeuge stand weit offen.
»Da soll mich doch«, murmelte er. Das war die Chance, auf die er gewartet hatte. Die jährliche Volleyball-Meisterschaft mit anschließendem Barbecue, die der Sheriff von Slickford ausrichtete, stand vor der Tür, und hier, dachte er, wollten sie sich auf krummen Wegen den Hauptgang besorgen. Draußen auf der Wiese hörte er Grunzen und Keuchen und Fluchen und Beschwörungen, leise zu sein, und er sah das tanzende Licht einer kleinen Taschenlampe. Mit seinem Mobiltelefon rief er eine Meldestelle an (Janice Mango) und flüsterte, sie solle sofort die Wildwächter zur Stink-Creek-Brücke schicken, die Zeitungen in Amarillo benachrichtigen und drei bewaffnete Deputies herschicken – die Übeltäter, die er verhaften wollte, seien schwer bewaffnet. Eine aufsehenerregende Festnahme stehe bevor.
Als die Jäger sich der Lücke im Stacheldraht näherten (ihre Seitenschneider hatten gute Arbeit geleistet), schaltete er seine eigene Beleuchtung an, einen Marinescheinwerfer, der mit 200 000 Lux das ganze Panhandle-Gebiet in gleißend helles Licht zu tauchen schien, und Tully Nelson und seine vier Deputies, die zwei Stück Rotwild und einen Zuchtochsen schleppten, hielten sich die Hände vor die schmerzenden Augen.
»Okay, ihr seid verhaftet. Dreht euch um und legt die Hände auf den Rücken. Ich weiß,
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