Mitten in Amerika
zwischen ihnen. Francis Scott Keister war ein Rancher der wissenschaftlichen Art, methodisch, pingelig, fortschrittlich. Er war in Woolybucket geboren, ein streitbar und aggressiv auftretender »Panhandle-Mann von Kopf bis Fuß«, der jeden Fremdling mißtrauisch beäugte.
Keister lebte mit seiner Frau Tazzy und ihrem einzigen Kind zusammen, dem vierzehnjährigen Frank, einem schlaksigen Jungen mit abstehenden Ohren und langem dünnem Hals. Keister schickte den Sohn regelmäßig in die Küche, wo er seiner Mutter helfen sollte, weil er mit Maschinen oder Kühen nichts anfangen konnte. Sie hatten ein großes Haus im sogenannten Rancho-Deluxe-Stil; es war das einzige Gebäude der Ranch, das nicht komplett aus Metall bestand. Seine Gehege und Pferche waren aus Stahl gebaut und in fröhlichen Farben lackiert. Der Maschinenraum und der Stall, in dem gekalbt wurde, waren heizbar und gut beleuchtet und wurden jedes Jahr neu gestrichen. Sein schönes Santa-Gertrudis-Vieh war von sattem Mahagonibraun, mit so geraden Rücken, wie der Boden, auf dem es graste, eben war. Vierundneunzig Prozent seiner Kühe kalbten jedes Frühjahr. Mit komplizierten Computerstatistikenführte er lückenlos Buch über seine Zuchtergebnisse. Die Färsen wurden mit dem Samen von Zuchtstieren künstlich befruchtet, im Frühjahr auf frischgekeimten Winterweizen losgelassen, den Sommer über sorgsam von Weide zu Weide gelotst. Das Gras ergänzte Keister mit Sojamehl, Rübenrückständen, Melasse, Hirse- und Zuckermaishäckselfutter, Futtermais, Baumwollsamenhüllen, Rübenstielen, Konservenfabrikabfällen, anhydrischem Ammoniak, Geflügelverarbeitungsabfällen (inklusive Federn), Erdnußmehl, Fleisch- und Knochenmehl, Baumwollfusseln aus dem hauseigenen Wäschetrockner. Diesem Smörgåsbord fügte er eine saftige Dosis Wachstumsförderer hinzu, darunter Antibiotika und Pharmazeutika wie Bovatec und Rumensin und die Impfstoffe Compudose, Finaplex, Ralgro, Steer-oid und SynovexS. Mit achtzehn Monaten waren seine fetten Ochsen schlachtreif, und er konnte Höchstpreise für sie verlangen.
Ad Slauter dagegen wohnte in einer Behausung, die Ende des neunzehnten Jahrhunderts um eine alte Arbeiterbaracke herum entstanden war und zu einer großen Ranch gehört hatte, Besitz einer schottischen Eignergemeinschaft, die sich in ihren Erwartungen enttäuscht sah. Er fügte ein paar schlampig ausgeführte Ergänzungen und Flügel an, um Platz für seine große Familie von zehn Töchtern zu schaffen. Er war ein Befürworter esoterischer Hausmittelchen. Als die fünfjährige Mazie sich beim Versteckspielen in einem Brennesselgebüsch versteckte und schreiend und sich die Waden haltend wieder zum Vorschein kam, urinierte er auf die entzündeten Stellen und erklärte ihr, daß so das Brennen vergehen werde, bis seine Frau mit dem Besen auf ihn losging. Terpentin und kalter Kaffee waren seiner Meinung nach ein probates Fiebermittel, und Betrunkene wurden schlagartig nüchtern, wenn sie Süßkartoffeln aßen.
Die Slauter-Ranch war schäbig und heruntergekommen; die Zäune hingen durch, die Wege waren voller Schlaglöcher.
Er war Rancher, wie sein Vater es gewesen war, und überließ es seinen gemischtrassigen Rindern, größtenteils bei Viehauktionen in Benver, Oklahoma, zusammengekauft, ihr Sexualleben zu gestalten. Kühe säugten ihre Kälber gerne für sechs oder sieben Monate, statt so schnell wie möglich wieder trächtig zu werden, und Slauter war der Ansicht, daß sie das selbst am besten wissen mußten. Sie gingen, wohin sie wollten, und waren halb verwildert, wenn sie im Herbst zusammengetrieben wurden. Alle fünf, sechs Jahre kaufte er kleine, junge Bullen für ein paar hundert Dollar. Nur fünfundfünfzig Prozent seiner Kühe kalbten jedes Jahr. Weil sie nur Weidegras fraßen, das im Winter mit Heu ergänzt wurde, dauerte es lange, bis sie Schlachtgewicht erreichten, achtundzwanzig bis dreißig Monate. Aber seltsamerweise ergab die Bilanz in beiden Fällen fast das gleiche Resultat, denn Keisters Vorgehen war kostspielig, und die Mortalitätsrate seiner Färsen war hoch, weil der Zuchtbullensamen unnatürlich große Kälber erzeugte.
Jedesmal, wenn einer der beiden Kontrahenten vor dem Gerichtsgebäude vorfuhr, ärgerte sich Hugh Dough, doch Frances Scott Keister verabscheute er ganz besonders, denn ihn hielt er für einen sturen Spießer, der am liebsten alles aufbauschte, was ihn nichts anging.
Zum Büro des Sheriffs zählten fünf Meldestellen, bei
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