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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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paar fuhren mit dem Traktor. Sie wissen, wie das mit den Überraschungspicknickswar – die Mädchen machten was Besonderes zu essen und packten es hübsch ein, und die Männer boten auf die Päckchen, und wer am meisten bot, durfte mit der Dame essen, die das Päckchen gepackt hatte. Irgendwie wußte jeder Cowboy immer, wie sein Mädchen die Sachen verpackt hatte – geblümtes Papier mit einer Blume in der Schleife oder eine Holzkiste voller Töpfe, mit Stroh ausgelegt, um das Essen warm zu halten, rosa Papier mit Glöckchen, die verrücktesten Einfälle. Aus irgendeinem Grund kam Fanny zu spät, als alle anderen schon da waren und die Versteigerung schon angefangen hatte. Er stieg gerade die Treppe hoch, als dieses klitzekleine Mädchen mit einer Schüssel daherkam; es reichte Fanny kaum bis zum Gürtel, und die Tränen liefen ihm wie Regenwasser über die Sommersprossen runter.
    >Was ist los, kleines Mädchen?< sagt Fanny, soweit ich weiß.
    >Ich wußte nicht, daß ich es einpacken muß<, sagt sie und fängt wieder zu heulen an. Sie war das jüngste Kind von Jake Ahrns, der nördlich von der White Deer Ranch in der Nähe von Franklyns Land die Double Circle Ranch hatte. >Ich hab nix, um es einzupacken.<
    >Und was ist es?< sagt Fan.
    >Erdbeeren mit Sahne<, sagt das Mädchen. Ihr macht euch heute keine Vorstellung, wie schwer es damals war, an Sahne zu kommen, aber die Ahrns hatten eine Milchkuh, und die Beeren hatte das Mädchen im Frühsommer gesammelt. Eingelegt, vermute ich, denn der Tanzabend war im Spätherbst. Damals hatte niemand einen Gefrierschrank.
    >Na ja<, sagt unser Fan, >da kann ich dir zufällig aushelfen<, und er nimmt sein neues rotes Tuch ab, das er auf dem Foto anhat, und bindet es um die Schüssel des Mädchens. >Vermute, ich muß darauf bieten, damit ich meinen Lappen wiederbekomme<, sagt er und lächelt sie an. Wenn dieser Junge einen anlächelte, dann war es, als käme die Sonne raus.
    Sie gehen also rein, und das Mädchen gibt seine Schüssel indem roten Halstuch zu den verpackten Sachen, und die Versteigerung geht weiter. Der Versteigerer war Mr. Kresskatty, und er machte seine Sache gut, mit dem gleichen Jargon, mit dem er Kühe versteigerte, und es war lustig zu hören, wie er die Vorzüge der Verpackungen anpries und den würzigen Duft, der zu riechen war. Und nach etwa fünf Minuten hielt er die Schüssel des kleinen Mädchens hoch, die in Fannys Tuch eingepackt war, und sagte: >Was bieten wir für dieses schöne Herrenhalstuch samt Inhalt, nicht zu schwer, nicht zu leicht, mitsamt zwei Löffeln, ein Gericht, das nach Streuzucker duftet.‹ Er hatte kaum zu Ende gesprochen, als Fan aufsprang und zwei Dollar bot. Üblich war ein Dollar oder ein bißchen drüber bei so einer Versteigerung. Niemand sagte was bis auf Mr. Kresskatty, der sofort sagte: >Zwei Dollar zum ersten, zwei Dollar zum zweiten, zwei Dollar zum dritten! Versteigert an den Viehhüter, dessen verdächtigen Hals kein Tuch ziert‹, und alle lachten, und Fanny setzte sich mit dem kleinen Mädchen hin, und sie aßen Erdbeeren mit Sahne. Später hat Fanny gesagt, daß sie ihn an seine kleine Schwester zu Hause in Missouri oder Minnesota erinnert hat. Aber am nächsten Sonntag ist er den ganzen Weg zur Double Circle Ranch geritten, um das kleine Mädchen zu besuchen. Sie war höchstens sieben Jahre alt. Sally oder Susy. Er redete mit ihr, nahm sie zum Reiten mit, hat Domino mit ihr und ihren Brüdern und Schwestern gespielt, denn er war selber noch ein halber Junge, und ich glaube, die Umstände haben ihn ein bißchen früh gezwungen, ein Mann zu sein. In der Familie wurde er wie eines ihrer Kinder behandelt. Und dann hörten wir eines Tages, daß bei den Ahrn-Kindern das Fieber ausgebrochen war und daß das kleine Mädchen krank war und nach Fanny fragte. Wir hätten ihn einsperren sollen. Nichts konnte ihn zurückhalten. Er ging ohne Erlaubnis, und wir haben eine Woche lang nichts von ihm gehört. Ded sagte, er wäre gefeuert. Dann haben wir gehört, daß das kleine Mädchen gestorben war und Fanny bis zuletzt seineHand gehalten hatte, bis das Kind in seiner letzten Stunde die unheilvollen Worte sagte: ›Fanny, kommst du mich nächste Woche besuchen?‹«
    Der alte Mann sprach schneller und spulte den Rest seiner Geschichte herunter wie am Schnürchen. »Und das tat er. Auf den Tag eine Woche später haben wir Muddy Fan beerdigt, an der gleichen Krankheit gestorben, die das Mädchen hinweggerafft hatte. Ein Lied wurde

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