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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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lernen, Brot zu backen.«
    Odette lächelte, wie er gehofft hatte, aber die Anspannung auf ihrem Gesicht ließ nicht nach. »Ich könnte Ihnen tatsächlich ein paar Dinge beibringen. Teig kneten ist eine gute Therapie. Nimmt einem die Sorgen aus dem Kopf und gibt einem Zeit zum Nachdenken.«
    Sie holte die kleine, in Geschenkpapier eingewickelte Schachtel aus der Tüte, drehte sie in ihrer Hand hin und her und zog dann die Schleife auf. »Wenn du diesen Jungen nicht festnagelst, Lena, dann schnapp ich ihn mir selbst.« Als sie die Schachtel öffnete, wurde ihr Gesicht weich.
    Das Schmuckkästchen passte genau in ihre Hand. Es war herzförmig und handbemalt mit einem Paar, das in altmodischer Ausgeh-Kleidung auf einer Gartenbank saß. Als sie den Deckel öffnete, ertönte eine Melodie.
    »Ich habe dieses Lied schon seit Wochen im Ohr«, erklärte Declan ihr. »Deshalb musste ich die Spieluhr einfach kaufen, als ich sie sah.«
    »›Nach dem Ball‹«, erklärte Odette ihm. »Es ist ein alter Walzer. Traurig und süß.« Sie sah ihn an. »Vielleicht haben Sie ja einen netten verwitweten Onkel, den Sie mal bei mir vorbeischicken könnten.«
    »Ja, da wäre Onkel Dennis, aber der ist so häuslich wie ein Ziegenbock.«
    »Wenn er nur ein halb so gutes Herz hat wie Sie, nehme ich ihn.«
    »Ist das nicht ein reizendes Bild?«
    Bei dieser Stimme wurde Lena steif, als hätte ihr jemand eine Waffe an die Schläfe gedrückt und entsichert. Declan sah den Blick, den sie mit ihrer Großmutter tauschte. Entschuldigend von Seiten Odettes, schockiert von Lenas.
    Dann drehten sie sich um.
    Lilibeth lehnte im Türrahmen. Sie trug einen kurzen roten, locker gegürteten Morgenmantel. Das Haar fiel ihr lose auf die Schultern, und ihr Gesicht war bereits mit dunkel umrandeten Augen und Lippen, glänzend und rot wie ihr Morgenmantel, für den Tag zurechtgemacht.
    »Wen haben wir denn da?« Sie hob eine Hand und schob lässig ihr Haar zurück, als sie Declan mit einem trägen Katzenlächeln bedachte.
    »Was macht sie hier?«, wollte Lena wissen. »Was zum Teufel hat sie hier in diesem Haus zu suchen?«
    »Es ist mein Haus genauso wie deins«, konterte Lilibeth. »Es gibt eben Menschen, die Blutsbande zu respektieren wissen.«
    »Ich habe dir gesagt, du sollst den Bus nehmen und abhauen.«
    »Ich lasse mir von meiner eigenen Tochter keine Befehle erteilen.« Lilibeth stieß sich vom Türrahmen ab und schlenderte zum Herd. »Ist das hier frischer Kaffee, Mama?«
    »Wie konntest du nur?«, herrschte Lena Odette an. »Wie konntest du sie nur wieder bei dir aufnehmen?«
    »Lena.« Odette wusste nicht, was sie hätte sagen sollen, also nahm sie Lena bei der Hand. »Sie ist mein Kind.«
    »Ich bin dein Kind.« Bittere Wut stieg in ihr hoch und hinterließ ihren ekelhaften Geschmack auf ihrer Zunge. »Heißt das, du lässt sie wieder bei dir wohnen, bis sie dich aufs Blut ausgesaugt hat, bis sie und irgend so ein Junkie, den sie sich dieses Mal aufgabelt, alles geklaut haben, was nicht niet- und nagelfest ist? Diesmal ist es Kokain. Siehst du ihr das denn nicht an? Das gibt es nicht umsonst.«
    »Ich habe dir gesagt, dass ich clean bin.« Lilibeth knallte eine Tasse auf die Arbeitsplatte.
    »Du lügst. Du hast immer gelogen.«
    Lilibeth preschte vor. Doch als Lena ihr Kinn vorreckte, um den Schlag einzustecken, trat Declan dazwischen. »Überlegen Sie sich das noch mal.« Er sagte es ruhig, aber das Feuer in seiner Stimme breitete sich im Raum aus.
    »Legst du Hand an sie, Lilibeth, fasst du sie nur ein einziges Mal an, dann schmeiße ich dich raus.« Odette stellte sich vor den Herd und schenkte mit nicht ganz ruhigen Händen den Kaffee ein. »Das ist mein Ernst.«
    »Sie hat kein Recht, so mit mir zu reden.« Lilibeth ließ ihre Lippen zittern. »Und schon gar nicht vor Fremden.«
    »Declan Fitzgerald. Ich bin ein Freund von Lena und Miss Odette. Ich kümmere mich um den Kaffee, Miss Odette. Setzen Sie sich.«
    »Das sind Familienangelegenheiten, Declan.« Lena ließ ihre wütenden Augen nicht von ihrer Mutter ab. Über die Peinlichkeit der Situation würde sie später nachdenken. Jetzt war diese nur ein dumpfer Stich durch ein Kissen aus Wut. »Du solltest besser gehen.«
    »Sofort.« Er schenkte Kaffee aus und brachte Odette eine Tasse. Ging in die Hocke, bis er mit ihr auf Augenhöhe war. »Ich bin Ire«, erklärte er ihr. »Väterlicher- und mütterlicherseits. Keiner inszeniert eine Familienfehde so perfekt wie die Iren. Sie müssen mich nur

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