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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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anrufen, wenn Sie mich brauchen.«
    Er drückte ihr die Hand und richtete sich dann auf. »Das gilt auch für dich.«
    »Ich bleibe nicht. Ich fahre dich zurück.« Sie musste tief Luft holen, um sich gegen den Schmerz zu wappnen, den ihre Worte hervorrufen würden. »Ich liebe dich von ganzem Herzen, Großmama. Aber solange sie hier im Haus ist, werde ich nicht hier sein. Entschuldige, wenn ich dir damit Schmerzen bereite, aber ich stehe das nicht noch einmal durch. Lass es mich wissen, wenn sie weg ist. Und was dich angeht«, dabei wandte sie sich an Lilibeth, »wenn du ihr wieder wehtust, ihr nur einen Dollar klaust oder nur einen von den Dreckskerlen, mit denen du dich rumzutreiben pflegst, hier ins Haus bringst, vernichte ich dich. Darauf kannst du Gift nehmen. Ich finde dich, wohin du auch gehst. Und dann hole ich mir, was du dir genommen hast, und wenn ich dir die Haut abreißen muss.«
    »Lena Baby!« Lilibeth eilte ihr durch den schmalen Flur nach, als Lena zur Tür ging. »Ich habe mich geändert, Schatz. Ich möchte alles wieder gutmachen. Gib mir doch eine Chance –«
    Draußen drehte Lena sich zu ihr um. »Du hast deine letzte Chance bei mir verspielt. Komm mir bloß nicht zu nahe. Komm bloß nicht bei mir vorbei. Du bist für mich tot, hast du verstanden?«
    Sie schlug die Wagentür zu, ließ den Motor anspringen und fuhr mit Vollgas davon. In der dünnen Rauchwolke, die der Auspuff ausspuckte, verschwanden ihre Mutter und das Haus, in dem sie groß geworden war.
    »Das war lustig, nicht wahr?« Lena drückte aufs Gas. »Möchte wetten, dass deine Familie von einer Ladung Lilibeth Simone ganz begeistert wäre. Hure, Junkie, Diebin und Lügnerin.«
    »Aber daraus kannst du doch deiner Großmutter keinen Vorwurf machen, Lena.«
    »Ich mache ihr auch keinen Vorwurf. Tu ich nicht.« Die Tränen, die sich in ihrer Kehle gestaut hatten, brachen sich Bahn. Sie spürte das Brennen. »Aber ich will nicht dazugehören. Ich will es nicht.« Vor dem Herrenhaus trat sie mit aller Gewalt in die Bremsen. »Ich muss jetzt los.« Aber sie ließ ihre Stirn aufs Lenkrad sinken. »Mach schon. Steig aus. Va t'en.«
    »Nein. Das tue ich nicht.« Andere waren gegangen, wie ihm jetzt klar wurde. Und daher rührte auch ihr Schmerz. »Möchtest du mit mir lieber draußen oder hier drinnen darüber reden?«
    »Ich werde nirgendwo mit dir darüber reden.«
    »Doch, das wirst du. Such dir aus, wo.«
    »Ich habe dir schon alles gesagt, was du wissen musst. Meine Mutter ist eine Hure und ein Junkie. Wenn sie auf dem Rücken nicht genug Geld verdienen kann, um ihren Lebensstil zu finanzieren, stiehlt sie. Sie lügt schon, wenn sie dich nur ansieht.«
    »Sie lebt aber nicht in dieser Gegend.«
    »Ich weiß nicht, wo sie lebt. Sie bleibt nirgendwo lang. Sie ist gestern zu mir in die Wohnung gekommen. Zugedröhnt und voller Lügen und ihrem üblichen Dahergerede von einem Neuanfang und dass wir Freundinnen wären. Dachte, ich würde sie bei mir einziehen lassen. Aber das kommt nie wieder in Frage«, sagte Lena und legte ihren Kopf zurück auf die Nackenstütze. »Ich habe ihr fünfzig Dollar für die Busfahrt gegeben. Ich hätte es besser wissen müssen. Wahrscheinlich hat sie es sich schon durch die Nase gezogen.«
    »Komm, lass uns einen Spaziergang machen.«
    »Das lässt sich nicht weglaufen oder wegküssen, Declan. Ich muss zurück.«
    »Du fährst nicht in die Stadt, solange du so aufgewühlt bist. Lass uns laufen.«
    Um sicherzugehen, dass sie nicht einfach davonfuhr, während er ausstieg, zog er den Zündschlüssel ab und steckte ihn ein. Dann kletterte er hinaus und umrundete das Auto. Er öffnete die Tür und streckte ihr die Hand entgegen.
    Sie brachte nicht die nötige Energie auf, um sich zur Wehr zu setzen. Aber anstatt seine Hand anzunehmen, stieg sie mit gesenktem Kopf aus und steckte ihre Hände in die Hosentaschen.
    Dann würden sie eben laufen. Und reden. Und dann wäre es vorbei.
    Vermutlich ging er davon aus, dass sein Garten – die frischen Blüten, die zarten Düfte – sie besänftigen würde. Er würde sie trösten wollen. Er war ganz der Typ dazu. Darüber hinaus würde er mehr in Erfahrung bringen wollen, um Lösungen zu finden.
    Wenn es um Lilibeth ging, gab es keine Lösungen.
    »Die Familie kann einen ganz schön runterziehen, nicht?«
    Ihr Blick traf ihn – dunkel und wild, feucht glänzend. »Sie gehört nicht zu meiner Familie.«
    »Das habe ich kapiert. Aber es ist ein Familienproblem. Wir haben es in

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